[Rumtreiber] Sirius Black

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[Rumtreiber] Sirius Black

Flucht

 Das einzige was Sirius Black davor bewahrte den Verstand zu verlieren, war die Tatsache, dass der eigentliche Verräter noch frei herumlief. Er war unschuldig, er hatte keins der schrecklichen Verbrechen für die er nach Askaban geschickt wurde.

Askaban war das berüchtigte Zauberergefängnis inmitten des eisigsten Teiles der Nordsee. In Askaban war es leicht den Verstand zu verlieren. Es wurde von den Dementoren bewacht. Wenn sie in der Nähe waren, war es nahezu unmöglich Glück zu spüren. Sie entzogen jedem die positiven Gefühle und die Gefangenen versanken langsam im Wahnsinn und Depressionen. Dementoren lassen einen die schlimmsten und dunkelsten Momente eines Lebens immer und immer wieder sehen.

Sirius sah immer wieder die leblosen Körper seines besten Freundes und dessen Frau vor seinen Augen. Er war mitschuldig an deren Tod, doch der wirkliche Verräter lief immer noch frei herum. Peter Pettigrew hatte Lily und James Potter an Lord Voldemort verraten. Er war auch schuld an dem Tod seines Patenkindes, Emily. Von den Potters lebte nur noch Harry.

Wenn er nur nicht Peter vorgeschlagen hätte.

Wenn er nur nicht ihm vertraut hätte.

Wenn er nicht Peter gejagt hätte.

Wenn er nur Emily nicht genommen hätte.

Wenn Peter nicht alle verraten hätte.

Wenn er selbst nicht in Askaban wäre.

Wenn. Wenn. Wenn.

Vier Buchstaben, die bedeuteten, dass alles nun anders wäre. Dann würden Lily und James noch leben. Emily wäre am Leben. Harry und Emily hätten Eltern. Alle wären glücklich. Er hätte seinen besten Freund immer noch. Vielleicht wären sie immer noch die vier Rumtreiber.

Immer wieder sah er die Bilder vom dem verhängnisvollem Halloween vor nicht ganz zwölf Jahren. Als Sirius an dem Haus in Godric's Hollow ankam, bestand es nur aus Ruinen. Lily und James waren tot. Und Voldemort war verschwunden. Der Todesfluch hatte zurück geschlagen.

Plötzlich hörte er Schritte auf dem Gang. Er horchte auf, Schritte hörte man selten in Askaban, den die Dementoren bewegten sich lautlos und die menschlichen Wärter hielten es hier nicht lange aus.

„Hallo Herr Minister“, sagte Sirius. Seine Stimme war rau, er hatte sie lange nicht benutzt.

Cornelius Fudge, der derzeitige Minister für Zauberei, sah sich irritiert um. Er war daran gewöhnt, dass Gefangene schrien, aber nicht, dass sie ihn begrüßten.

„Hallo Black“, erwiderte Fudge knapp. Sein Blick wanderte über den dünnen, ausgemergelten Körper des Gefangenen, die vielen Tätowierungen, das verfilzte, schwarze Haar, das Sirius bis zu den Schultern reichte. Fudges Nase rümpfte sich angewidert.

„Dürfte ich Ihre Zeitung haben?“, fragte Sirius höflich. „Ich vermisse die Kreuzworträtsel.“

„Ähm, ja natürlich“, antwortete Fudge und reichte Sirius die zusammengerollte Ausgabe des Tagespropheten durch die Zellentür. Fudge schüttelte den Kopf und machte sich dann wieder auf den Weg. Er hatte besseres zutun als sich mit einem Massenmörder zu unterhalten, der anscheinend ebenso verrückt war wie alle anderen, denn wer machte schon Kreuzworträtsel in Askaban?

Sirius breitete den Tagespropheten aus und sein Blick fiel auf ein Bild einer Familie vor den Pyramiden Ägyptens. Er sah genauer hin und erkannte eine Ratte auf der Schulter eines der Jungen. Er kannte die Familie, es waren die Weasleys. Aber er kannte die Ratte noch besser. Ihr fehlte eine Kralle. Und da wusste er todsicher wen er dort auf dem Foto sah. Den alten Verräter.

Er las weiter und ein paar Worte stachen ihm besonders ins Auge. Zurück kehren für den Start des neuen Schuljahres in Hogwarts. Der Verräter ist in Hogwarts. Und sein Patensohn war ebenfalls in Hogwarts.

Eine wahnsinnige Wut erfüllte ihn. Heiß, rot schoss sie durch seine Adern. So lebendig hatte er sich noch nie gefühlt seit er hier in Askaban war. Der Verräter lebte, während er hier unschuldig verrottete.

Er konnte Harry nicht schützen. Nicht wenn er hier in Askaban war. Und Harry vor dem Verräter schützen, war dass einzige war er noch für Lilys und James Sohn tun konnte. Er hatte schon so viele Fehler gemacht, doch er würde Harry nicht mehr im Stich lassen. Er würde den Verräter finden und ihn töten. Er würde seine Unschuld beweisen. Er würde fliehen, denn der Verräter war in Hogwarts.

Er verwandelte sich in seine Animagusform, ein großer, schwarzer Hund. Dementoren spürten die Gefühle eines Tieres nicht so sehr wie die eines Menschen. Ein weiterer Grund warum er mittlerweile nicht wahnsinnig geworden war. Der große Hund war so dünn geworden, dass er durch die schmale Türöffnung passte als man ihm etwas zu essen brachte. Die Pfoten verursachten kaum einen Laut auf dem dunklen Steinboden und die anderen Gefangenen beachteten ihn sowieso nicht.

Der Hund lief durch die Gänge von Askaban vorbei an den Verrückten und den Wächtern. Er bekam kurz seine Cousine zu sehen. Mehr als nur ein Hauch von Wahnsinn glomm in ihren Augen, aber so war sie schon immer gewesen. Er sah viele ehemalige Todesser, Rosier, Nott, Mulciber, die Gebrüder Lestrange.

Er war angeklagt einer von ihnen zu sein. Doch eher würde er sterben als sich ihnen anzuschließen.

Am Ende des Ganges war ein Fenster, man sah auf die stürmische Nordsee hinaus. Er sprang ohne Nachzudenken hinaus und traf mit einem Klatschen auf das eiskalte Wasser. Nach Luft schnappend tauchte er wieder auf und paddelte in Richtung Land. Er warf einen letzten Blick zurück und sah die Dementoren durch die Dunkelheit gleiten. Dann konzentrierte er sich wieder auf das was vor ihm vorlag.

Stunden später erreichte der große Hund endlich wieder Land. Er war komplett durchgefroren und erschöpft. Zwölf Jahre Askaban hatten doch ihren Tribut gefordert. Er verwandelte sich wieder zurück und Sirius ließ sich in den Sand fallen. Er lag einfach nur da. Seine Brust hebte und senkte sich rapide.

Plötzlich stieg ein Lachen in ihm auf. Er hatte es geschafft. Er war der erste der jemals aus Askaban ausgebrochen war. Er war frei. Er lachte bis es ihn schüttelte. Aber es war kein glückliches Lachen. Es war die pure Erleichterung die sich jetzt etwas hysterisch die Bahn brach.

Sirius rappelte sich schwankend wieder auf. Er würde sich etwas zu essen besorgen, dann würde er nach Harry suchen. Er wusste noch wo Lilys Schwester wohnte. Er musste wenigstens wissen ob es dem Jungen gut ging. Dann würde er nach Hogwarts gehen. Wenn es sein musste, würde er auch endlich das Verbrechen begehen, für dass er vor zwölf Jahren ohne Verhandlung nach Askaban geschickt wurde. Er würde sich rächen. Ein guter Plan.

Denn der Verräter war in Hogwarts.

Und so begann die Geschichte mit einer Flucht.

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Das ist das erste von vier Kapiteln aus der Sicht der Rumtreiber, die über die ganze Geschichte verteilt sind.

Wer aufgepasst hat, hat den ersten Hinweis darauf warum Emily im Waisenhaus war :)

Ich hoffe, es hat euch gefallen :)

Animagus - II - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt