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Beverly

Thomas.

Iona's uneheliches Kind. Nicht Theodoric's Sohn. Automatisch fragte ich mich, ob Thomas das überhaupt wusste. Ob davon irgendjemand wusste. Abgesehen von Iona. Denn aus ihren Tagebüchern war lediglich herausgegangen, dass es niemand wissen sollte, da sie sonst drastisch an Ansehen und Respekt verloren hätte. Theodoric hatte sie davon erzählt. Aber ihn gab es auf dieser Welt nicht mehr.

Und sofort fühlte ich mich unwohl, weil ich das Gefühl hatte, etwas zu wissen, das ich vermutlich gar nicht wissen sollte. Dass ich etwas wusste, das Thomas vielleicht nicht wusste.

Mir war der Appetit vergangen.

Um ehrlich zu sein, hatte ich von Anfang an keinen Appetit gehabt. Iona's Anblick hatte ein brennendes Loch in meiner Magengegend hinterlassen. Doch so oft ich meinen Blick auch über die Tische gleiten ließ -ein weiteres Mal entdeckte ich sie nicht. Das wiederum bestärkte meine Vermutung, dass ich sie mir einfach nur eingebildet hatte.

Ich wollte aus diesem Kleid raus. Es war nicht unbedingt unbequem, aber ich fühlte mich darin nicht wie ich selbst. Außerdem saß mir das ungute Gefühl, dass heute noch irgendetwas passieren würde, tief in den Knochen. Obwohl Corona gemeint hatte, dass ich nicht drum herum kommen würde, mich mit einigen Leuten hier zu unterhalten, hatte ich es bis jetzt ganz gut geschafft, die graue Maus zu spielen, und jegliche Interaktion mit anderen Hexen und Zauberern zu umgehen. Das durfte ruhig so bleiben.

Die kurze Ansprache von Finley's Mann bekam ich nicht mit und auch ihre Worte zogen an mir vorüber. Ich kam erst wieder in der Gegenwart an, als mit einem Mal einige Leute aufstanden und sich auf den Weg aus dem Speisesaal machten.

Hilflos sah ich zu Aidan. „Ich war gerade abgelenkt, was passiert jetzt?"

Er wollte eben etwas erwidern, aber Canna kam ihm zuvor. „Der Lauf durch das Labyrinth. Alle die wollen, können daran teilnehmen." In ihren dunkelgrünen Augen lag ein undefinierbarer Ausdruck, als sie mich musterte. „Du solltest auch mitmachen."

„Wieso?", fragte ich, beinahe angeekelt von dieser Idee. Das Letzte, was ich jetzt tun wollte, war, in meinen Hacken und dem Kleid durch ein Labyrinth zu wandeln. Mein Orientierungssinn glich schließlich dem eines Meerschweinchens.

Sie zuckte mit ihren freiliegenden Schultern. Ihr roséfarbenes Kleid hätte ich an jeder Schaufensterpuppe als scheußlich betitelt. Aber Canna war nun einmal keine Schaufensterpuppe, sondern eine leibhaftige Hexe, die bei ihrer Schönheit bestimmt mit ein paar Zaubersprüchen nachgeholfen hatte. Alles andere wäre unfair gewesen. „Es ist ganz unterhaltsam. Und wann hat man schon die Chance, ein magisches Labyrinth zu betreten?"

„Naja, anscheinend an jeder Hochzeit", entgegnete ich.

„Ob du es glaubst oder nicht, davon gibt es nicht so viele." Es war tatsächlich das erste Mal, dass sie mit mir sprach, ohne die Augen zu verdrehen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich beinahe glauben können, sie wollte nett sein.

Das war unheimlich.

Nette Menschen hatte ich noch nie einschätzen können. Arschlöcher waren leichter zu durchschauen. Arschlöcher hatten oftmals auch kein Motiv. Wie Chase zum Beispiel. Er war einfach nur boshaft.

„Warum machst du es dann nicht, wenn es so viel Spaß macht?", fragte ich provokant. Jetzt lag ein herausfordernder Blick in Canna's Augen, bevor sie sich zu dem Mann drehte, der neben ihr saß. Sie warf ihm einen zuckersüßen Blick zu. Er sah wenig begeistert aus und seufzte tief, noch bevor Canna irgendetwas gesagt hatte.

„Komm schon, Kal. Ich will nur einmal in den Genuss kommen, vor Acacia und Arthur aus diesem Labyrinth zu finden." Sie stieß ihn mit dem Ellenbogen an, woraufhin Kal amüsiert den Atem ausstieß und sich geschlagen gab.

Wicked Game (Band 3)Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang