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Aidan

Mittlerweile hatten wir Beverly auf ihr Zimmer gebracht. Es ging ihr nicht gut, aber besser als mit dem Messerstich, den sie auf der rechten Seite gehabt hatte. Doch das Gift hatte schlimme Auswirkungen, die Arlen immer wieder einzeln unter Kontrolle bringen musste. Ihre Temperatur schoss in die Höhe und sie schwitzte alle Laken komplett durch. Ich musste sie zweimal umziehen, damit sie sich nicht auch noch verkühlte. Manchmal fiel ihr das Atmen schwer. Hin und wieder wachte sie auf, redete aber nur wirres Zeug, oder schrie wie am Spieß, bevor sie wieder wegtrat. Sie musste schreckliche Fieberträume erleiden.

Seit knappen fünf Stunden saß ich mittlerweile an ihrem Bett. Trish und Brikeena hatten natürlich ebenfalls von der Sache mitbekommen, und als Trish herausgefunden hatte, dass Addie eine Todesvision gehabt hatte, und Chase und ich davon gewusst hatten, war sie natürlicherer Weise ausgetastet. Trotzdem hatten wir einstimmig beschlossen, niemandem sonst von der Todesvision zu berichten.

Am Abend, als die Gäste wieder abgereist waren, versammelten sich alle im Thronsaal, wohl zu einer Art Krisenbesprechung. Ich hatte eigentlich nicht daran teilnehmen wollen, weil ich Beverly nicht alleine lassen wollte. Aber da ich derjenige gewesen war, der sie gefunden hatte, war ich wohl so etwas wie Verdächtiger Nummer eins. Also musste ich erzählen, was passiert war und was Beverly mir gesagt hatte, bevor sie nicht mehr ansprechbar war.

Als ich mit der ganzen Geschichte fertig war, atmete Iona tief durch. Sie sah Beverly wirklich ähnlich. Die Haare, die Augen und die Nase waren fast identisch, weshalb es mich wunderte, dass Beverly's Geschwister nicht alle sofort gewusst hatten, dass sie Iona's Tochter war. Aber vielleicht denkt man an eine so absurde Möglichkeit einfach nicht und erkennt das Offensichtliche erst, wenn einem mit der Nase darauf gestoßen wird.

Sie stand in der Mitte des Thronsaals und bewegte sich aufrecht und elegant hin und her, während sie nachzudenken schien.

„Wie geht es ihr?", fragte sie schließlich an Arlen gewandt.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich tu wirklich was ich kann. Wenn ich früher gegen das Gift etwas hätte tun können, wäre sie schon wieder auf den Beinen, aber das Zeug hatte bestimmt mindestens dreißig Minuten Zeit, um sich in ihrem Körper auszubreiten. Ich kann keine Zauber verwenden, sondern nur mit Tränken arbeiten, das macht es nicht unbedingt leichter."

„Weißt du, wann sie aufwacht?", fragte Finley, die neben ihrem Mann hervortrat. Jetzt erkannte ich ihn auch. Es war der dunkelhaarige Mann, der an unserem ersten Abend gegenüber von uns gesessen hatte. Derjenige, der darüber Bescheid wusste, dass Trish an einen Dämon gebunden war und Lügen von Wahrheiten unterscheiden konnte. Er erwiderte meinen bohrenden Blick und ich sah weg.

„Ob", erwiderte Arlen. „Und nein, ich hab keine Ahnung, ob sie aufwacht."

„Und Erin?", fragte Iona weiter.

„Ihm geht es gut." Arlen verdrehte die Augen. „Er spielt nur die kleine Prinzessin, die ein kleines Wehwehchen nicht ertragen kann." Canna schlug ihm auf den Hinterkopf.

„Er hat ihr das Leben gerettet."

„Nein, ich rette ihr Leben", entgegnete Arlen. „Er war nur Teil meines genialen Plans."

„Du wolltest sagen: Acacia's Plan, oder nicht?", zog Finley ihn auf, woraufhin Arlen ihr die Zunge rausstreckte. Es verwunderte mich einmal mehr, wie Jahrhunderte alte Menschen sich immer noch wie Kinder verhalten konnten. Manche Dinge änderten sich wohl nie. Zumindest konnte ich mir nicht vorstellen, dass Chase jemals vernünftig werden würde, was Frauen anging, selbst wenn er ewig leben würde. Addie würde immer ein bockiges Kind bleiben. Trish hatte vielleicht die Chance, weise auf ihre alten Tage zu werden, aber der Rest von uns würde genauso abtreten, wie wir geboren worden waren. Verschrumpelt, dumm und höchst wahrscheinlich schreiend.

Wicked Game (Band 3)Where stories live. Discover now