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Aidan

Alle Vorkehrungen, die wir in den letzten Wochen zu treffen versucht hatten waren mit einem Mal zerschlagen.

Alle Ängste und Sorgen, die jeder von uns gehabt hatte, waren plötzlich präsenter als je zuvor.

Die Gedanken daran, Cillian oder Odilia irgendwann im Laufe dieser ganzen Sache zu begegnen, war nun realer denn je. Sie waren wie eine unsichtbare Bedrohung, die näher und näher kam.

Seit einer guten halben Stunde tigerte Beverly in unserem Zimmer auf und ab. Ihr Gesicht war so steinern wie eine Maske und ich hatte absolut keine Ahnung, was in ihr vorging.

„Bev?", fragte Trish irgendwann und warf mir einen besorgten Blick zu, aber Beverly trabte nur weiterhin auf und ab, als hätte sie Trish gar nicht gehört. Vielleicht hatte sie das wirklich nicht.

„Bevy. Hör auf, auf und ab zu gehen. Du läufst noch Mulden in den Boden. Wie wäre es, wenn du-"

„Ihr müsst gehen", unterbrach sie Chase. Sie blieb stehen, kaute an ihrem Daumennagel herum und starrte wie hypnotisiert auf einen Punkt auf dem Boden.

Trish sah irritiert in die Runde.

„Okay, wir... wir lassen dich einen Moment alleine und kommen später wieder", schlug ich vor.

„Nein, ich meine: Ihr müsst gehen." Sie löste ihren festgefahrenen Blick und sah Trish, Chase und schließlich mich an. „Geht zurück nach Kalifornien. Das war's. Ich will nicht..." Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann euch nicht mehr hier haben. Es geht einfach nicht."

Auf diese Worte folgte Stille. Keiner von uns wusste, wie er reagieren sollte.

Ich am aller wenigsten.

Beverly ging zum Fenster und kehrte uns den Rücken zu, als erwarte sie, dass wir einfach so den Raum verließen oder uns in Luft auflösten.

„Wir... lassen euch mal lieber allein", flüsterte Brikeena, half Acacia auf die Beine und beide verdrückten sich diskret aus dem Zimmer. Sobald sie die Türe hinter sich geschlossen hatten, war Trish die Erste, die etwas sagte.

„Okay, schon klar, du durchlebst gerade wieder eine alle-werden-wegen-mir-sterben-Phase. Das geht vorbei. Aber wir gehen nirgendwo hin."

„Ich will das nicht verantworten", antwortete Beverly ruhig und gleichzeitig unendlich traurig. „Zuerst hätte Corona dich beinahe umgebracht, um mich zu erpressen. Dann werde ich in einem Labyrinth abgestochen und gehe um ein Haar drauf, weshalb Acacia vermutlich bald sterben wird. Und jetzt hat irgendjemand einen Hexenbeutel zusammengebaut und hier versteckt. Ein Hexenbeutel, der so konzipiert war, dass er sogar einen Halbdämon umgebracht hätte. Und Addie's Vision steht noch immer an." Beverly schüttelte den Kopf. „Was kommt als nächstes?"

„Gut, du hast recht, momentan läuft gerade alles ein bisschen aus dem Ruder, aber gerade deshalb brauchst du uns!" Trish verschränkte bestimmt die Arme vor der Brust. „Wir können niemandem hier trauen und genau aus dem Grund ist es so wichtig, dass wir zusammen bleiben, verstehst du das nicht?"

„Ich bin umgeben von Hexen und Zauberern, die sich besser in solchen Situationen zu helfen wissen als ihr!"

„Beverly!", warnte Chase, der natürlich sofort begriffen hatte, wie nahe Trish diese Worte gingen.

„Was?!" Wütend fuhr sie zu uns herum. Ihre Augen waren glasig. „Es stimmt doch! Was könnt ihr hier schon ausrichten? Ein alkoholabhängiger Jäger, ein emotional labiles Mädchen mit einem Schoßhündchen-Dämon und ein Halbdämon, der es nicht schafft, auf seine Kräfte zuzugreifen!" Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass diese Worte nicht wehgetan hatten, aber das taten sie. Aufgebracht fuchtelte sie mit den Händen herum. „Seht ihr das denn nicht? Jeder hier kann sich verteidigen, jeder hier weiß, was in Gefahrensituationen zu tun ist. Jeder hier hat magische Fähigkeiten." Sie schüttelte den Kopf. „Ihr gehört nicht in diese Welt, ihr passt hier nicht rein!" Als sie Trish's enttäuschten und Chase' fassungslosen Blick sah, ließ sie die Schultern hängen und murmelte: „Ihr passt nicht in meine Welt."

Wicked Game (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt