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Aidan

Eigentlich hatte ich mich sofort nach der langen Reise duschen und hinlegen wollen. Ich hatte komplett das Gefühl für Zeit verloren, als wir endlich alle bei Beverly's Haus angekommen waren. Trish hatte noch ihren eigenen Schlüssel.

Aber ich hatte in dem Bett meiner Ex-Freundin kein Auge zu tun können. Vielleicht wegen der Tatsache, dass sie meine Ex-Freundin war. Vielleicht, weil ich sie trotzdem neben mir liegen haben wollte. Ständig hatte ich daran denken müssen, dass sie im Augenblick ganz alleine in Irland war und ich keine Ahnung hatte, ob es ihr gut ging.

Genau fünf Mal hatte ich mein Handy vom Nachttisch genommen und ihr schreiben wollen. Aber jedes Mal hatte ich die Nachricht gelöscht und mein Telefon wieder weggelegt.

Als ich gegen Mittag nach unten ins Wohnzimmer trabte, sah ich Chase und Trish deutlich an, dass auch sie nicht viel geschlafen haben konnten. Beide saßen auf der Couch mit ihren Tassen Kaffee. Ich hatte mir auch einen genehmigt, aber sonderlich wachrüttelnd war er nicht gewesen.

Seit keiner mehr in diesem Haus wohnte, kam es mir leblos und trist vor. Eine hauchdünne Staubschicht hatte sich an allen Oberflächen abgesetzt und vor den Fenstern lagen ein paar tote Mücken auf dem Boden.

Keiner von uns war so richtig in Stimmung, etwas zu unternehmen und uns abzulenken. Stattdessen beschlossen wir gegen fünf Uhr nachmittags Addie und Trev einen kleinen Überraschungsbesuch abzustatten.

James kratzte bereits an der Türe, sobald wir im Flur vor dem Apartment standen. Sie hatte das Geräusch meiner Schritte nicht vergessen.

„Was ist los mit ihr?", hörte ich Trev fragen.

„Das gibt's doch wohl nicht...", meinte Addie und ein Stuhl wurde zurück geschoben. „Sie sind wieder da..."

Wir tauschten amüsierte Blicke untereinander. Keiner von uns wollte anklopfen.

„Unmöglich. Sie sitzen doch alle in Irland", erwiderte Trev.

„Misstraust du etwa meinen Fähigkeiten und James Nase?" Addie öffnete die Türe und begann sofort freudig zu kreischen und versuchte in ihrer Aufregung, uns alle auf einmal in eine Umarmung zu zwingen.

„Auch schön, dich zu sehen", lachte Trish. Addie ließ uns strahlend los und drückte jeden noch einmal einzeln. Mich hielt sie besonders lange fest, was sich ziemlich seltsam anfühlte, denn mittlerweile war sie weit nicht mehr so schlank, wie an dem Tag, als wir Fresno verlassen hatten. Es kam mir ein bisschen so vor, wie die seltsamen Partyspiele, bei denen man einen Ballon auf Bauchhöhe zwischen sich und einer anderen Person klemmte und dabei Aufgaben zu bewältigen versuchte, ohne den Ballon mit den Händen zu berühren oder fallen zu lassen. Ich war mir nur nicht sicher, ob es fair war, Addie's Babybauch mit einem Luftballon zu vergleichen. Er konnte nicht runterfallen und würde hoffentlich auch nicht mit einem lauten Knall platzen, wenn ich sie ein bisschen fester umarmen würde.

„Ich hatte solche Angst um dich", murmelte sie erstickt und wiegte sich eine Weile in meinen Armen, bevor sie mich wieder losließ. Ihre Haare waren etwas länger, als ich sie in Erinnerung gehabt hatte, aber immer noch so lockig und verwuschelt.

„Ich hab mir um euch alle Sorgen gemacht." Sie warf Chase und Trish wehmütige Blicke zu. Dann sah sie sich um und wurde ganz blass. „Wo ist Beverly?"

„Die Mistratte ist in Irland geblieben. Können wir jetzt reinkommen?", fragte Chase, der in Wahrheit bereits auf dem Weg in die Küche war und die Schränke durchsuchte.

„Kein Alkohol", ließ Trev ihn beinahe schadenfroh wissen. Chase drehte sich zu ihm. Sein Gesichtsausdruck hätte einen Unbeteiligten vielleicht vermuten lassen, dass Trev eine Babykatze überfahren hatte.

Wicked Game (Band 3)Where stories live. Discover now