| 26. Kapitel |

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„Hallo Kate. Wie geht es dir?", fragte Harry mich, als ich den Raum der Wünsche betrat. Es waren lediglich Harry und Neville Longbottom anwesend, weshalb ich mich mit einem schüchternen Grinsen neben die beiden jüngeren Schüler stellte. Die meisten zogen ihr Mittagessen wohl etwas in die Länge, wobei sie sicherlich auch sichergehen wollten, dass es nicht besonders auffiel, dass so viele in einem Raum verschwanden. Seit den jüngsten Erlassungen der Verteidigungsprofessorin waren Schüleransammlungen von mehr als drei Personen verboten worden, sehr zu leiden von Rodger Davies, der lange für das Recht kämpfen musste, endlich wieder Quidditch trainieren zu dürfen. Unsicher verschränkten sich meine Finger ineinander, als ich neben den Gryffindors stehen blieb. Ich zuckte kurz zusammen, als ich den weißen Verband um mein rechtes Handgelenk streifte. Der Wundheilzauber und der Trank, den ich mir immer wieder selbst gebraut und verabreicht hatte, hatten ihre Wirkung verloren, was dazu geführt hatte, dass sich die Wunde entzündet hatte. Madam Pomfrey suchte fieberhaft nach einer Lösung, doch mein Körper wollte einfach nicht mehr zusammenheilen.

„Ganz gut eigentlich. Dank Madam Pomfrey darf ich nicht mehr Nachsitzen", murmelte ich und beantwortete die von Harry gestellte Frage. Susan Bones und Luna Lovegood betraten gemeinsam den Raum und unterhielten sich kichernd. Ich hingegen hatte panisch meinen Zauberstab aus meinem Ärmel gleiten lassen und mich alarmiert umgedreht. Seitdem ich meine Spionagearbeit für den Orden und gleichzeitig auch für die Todesser verrichtete, war ich wachsamer geworden. Fast schon genauso paranoid wie Mad-Eye. Hin und wieder vergaß ich, dass ich in Hogwarts war und mir theoretisch nichts passieren konnte, dennoch war ich vorsichtig gegenüber neuen Personen geworden. „Aus was besteht dein Zauberstab?", fragte Neville mich interessiert und insgeheim war ich dankbar, dass er mich für den Moment ablenkte. Ich lächelte leicht und blickte für einen Moment verdrossen auf den Zauberstab hinunter. Er war schlicht gehalten, lediglich eine dünne und kaum sichtbare Efeuranke zog sich über die Länge des Stabes. Es hatte geschlagene drei Stunden gedauert, bis ich den richtigen Zauberstab bei Ollivanders gefunden hatte. Ich hatte wohl den kompletten Laden auseinandergenommen, und dennoch hatte Ollivander mir immer wieder einen Zauberstab in die Hand gedrückt. Als ich endlich meinen gefunden hatte, hatte er nur beeindruckt die Augenbrauen hochgezogen und gesagt, dass es nur wenige Zauberer gab, die diese Kombination hatten. „Bergahorn und Einhornhaarkern", antwortete ich dem Braunhaarigen und dessen Augen wurden groß. „Bergahorn? Das soll doch eines der teuersten Zauberstabhölzer der Welt sein!", rief er aus und blickte ehrfürchtig auf meinen dunkelbraunen Zauberstab. Grinsend nickte ich: „Ja, Bergahorn kann nur von bestimmten Zauberern in den höchsten Bergregionen der Nordhalbkugel abgebaut werden. Er ist für abenteuerliche und besonders fröhliche Zauberer geeignet, und gepaart mit Einhornhaar ist er so gut wie nur der hellen Seite der Magie zugewandt." „Du kennst dich ziemlich gut aus mit Zauberstäben", sagte Neville und ich zuckte nur mit den Schultern. „War das Thema meiner ZAG Prüfungen in Kräuterkunde. Ist mir wohl irgendwie hängen geblieben", erwiderte ich nur und schob den Zauberstab wieder zurück in meinen Ärmel.

Neville hingegen schmunzelte nur und steckte seinen Zauberstab in seine hintere Hosentasche. „Wenn du ihn immer dahinten lässt, musst du aufpassen, dass du dir irgendwann mal nicht aus Versehen deine Arschbacke weg hext", sagte ich und riet ihm stattdessen, ihn besser in seinem Ärmel aufzubewahren. „Danke. Mich wundert es, dass wir noch nicht so viel miteinander zutun hatten. Du bist so nett", sagte Neville und ich zuckte mit den Schultern. „Ich helfe dort wo ich kann", erwidere ich nur und zuckte unschuldig grinsend mit meinen Schultern.

Immer mehr Menschen betraten den Raum der Wünsche, weshalb sich Harry langsam in die Mitte begab und alle Aufmerksamkeit auf sich zog. „Hallo zusammen. Viele von euch beherrschen ja schon die meisten Zauber, die wir geübt haben, ziemlich gut. Deswegen dachte ich mir, dass wir mit dem Patronuszauber beginnen könnten. Das Einzige, das ihr machen müsst, ist an eure fröhlichste Erinnerung zu denken und Expecto Patronum sagen. Probiert es ein paar Mal aus und wechselt eure Erinnerungen durch. Wenn ein weißer Nebel entsteht, seid ihr schon ganz nah dran", sagte Harry, und wir verteilten uns im ganzen Raum. Ich begab mich zu Fred und begrüßte ihn mit einem Kuss. „Du warst heute schon wieder nicht beim Essen", tadelte er mich und musterte mich besorgt. Ich blickte kurz auf den Boden, ehe ich sagte: „Ich hatte keinen großen Hunger. Remus hat mir einen ganzen Vorrat an Süßigkeiten geschickt, im Moment ernähre ich mich praktisch nur davon." Ein breites Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich an meinen Vorrat unter meinem Bett dachte. Fred hingegen musterte mich kritisch und sagte: „Denkst du, mir ist nicht aufgefallen, dass du immer dünner und dünner wirst. Du hast doch kaum noch Energie, um dich im Unterricht wach zu halten. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich!" Ich schluckte kurz, ehe ich ihn wieder anlächelte und murmelte: „Ich mache mir nur einen Kopf wegen den Prüfungen. Und ja, ich weiß, dass es noch Monate bis dahin sind." Für einen Moment sah Fred mich einfach nur abwartend an, so als würde er denken, ich hätte meinen Worten noch etwas hinzuzusetzen, doch dann drückte er mich in eine feste Umarmung und murmelte: „Wenn wir dieses Jahr endlich hinter uns haben, werden wir einen Scherzartikelladen aufmachen und es uns gut gehen lassen, ja?" Ich nickte zustimmend und sagte: „Das hört sich sehr verlockend an. Aber fürs Erste sollten wir wohl unseren Patronuszauber üben, oder willst du nicht auf Professor Potter hören?"

Fred lachte, küsste mich ein weiteres Mal und begann anschließend immer und immer wieder den Zauberspruch aufzusagen. Ich stellte mich zwei Meter von ihm entfernt auf und schloss meine Augen. In den Sommerferien zwischen dem vierten und fünften Schuljahr hatte mir mein Vater einige Zaubersprüche beigebracht, die mir für meine ZAG Prüfung vielleicht nützlich sein könnte, und so eben auch den Patronuszauber. Durch seine Verbindungen zu bestimmten Personen hatten wir keinen Ärger bekommen, weil ich gezaubert hatte. Ich hatte mich wie eine junge Eule gefreut, als ich zum ersten Mal meinen Patronus heraufbeschwört hatte, und dabei doch tatsächlich die Gestalt eines Hasen angenommen hatte. Seitdem hatte ich ihn jedoch nie wieder gezaubert.

Ich dachte daran, wie ich zusammen mit meinem Vater das erste Weihnachten allein verbracht hatte. Er hatte mir Clarke geschenkt. Damals war sie erst kürzlich geschlüpft, und von ihrer Mutter verstoßen worden. Eigentlich wurden Eulen im Frühjahr und Sommer geboren, doch der Herbst war eher ungewöhnlich. Lange hatte man versucht sie zu vermitteln, doch erst als mein Vater sie gekauft hate, hatte sie eine richtige Familie gehabt. Jetzt wich sie mir so gut wie keinen Tag mehr von der Seite. Wir hatten uns damals eine heiße Tasse Kakao gemacht und waren den ganzen Tag im warmen Wohnzimmer geblieben und hatten die verschiedensten Gebäcke gegessen. Abends hatte er mir eine Geschichte vorgelesen und mich anschließend hoch in mein Zimmer getragen. Ich lächelte traurig, als ich an diese Erinnerung dachte. Doch dann richtete ich mich auf und sprach selbstbewusst den Zauberspruch auf. Doch nicht einmal ein weißer Nebel sprang aus der Spitze des Zauberstabes heraus. Ich probierte es immer und immer wieder aus, doch es geschah nichts.

Es konnte nicht sein, dass sich meine Erinnerung verändert hatte, deswegen probierte ich es immer und immer wieder. Immer mehr Schüler schafften es, ihren Patronus herbeizurufen, selbst bei Neville bildete sich ein weißer Nebel jedoch nicht bei mir. Ich atmete erschöpft aus und lehnte mich gegen eine Steinsäule. „Was ist los? Hast du es noch nicht geschafft?", fragte Fred mich und stellte sich neben mich, als er bemerkt hatte, dass ich nicht mehr trainierte. Ergeben schüttelte ich meinen Kopf und merkte, wie viele andere Schüler auf mich sahen. Einige hielten ihre Hände vor ihre Münder und sahen erschrocken weg, als ich ihren Blick traf. „Worüber reden die?", fragte ich und sah zu Fred auf. Doch dieser blickte betreten zur Seite. „Fred, sag es mir", forderte ich ihn auf, doch er zuckte nur mit den Schultern und deutete auf seinen Zwilling. Dieser sprach gerade mit Hermine, Ron und Luna Lovegood. Ich riss mich von meinem Freund los und stiefelte zielgerichtet auf die kleine Gruppe zu, als ich vernahm, wie Susan Bones zu Cho Chang und einer Hufflepuff-Schülerin sagte: „Hast du schon gesehen? Die bekommt ja nicht einmal den Patronuszauber auf die Reihe. Und die soll angeblich die beste Hexe ihres Jahrgangs sein? Selbst Neville ist besser als sie!" - „Ja, ich habe es gesehen. Richtig erbärmlich" - „Vielleicht geht es ihr heute nicht sonderlich gut. Immerhin ist letztens erst ihr Vater gestorben." Stocksteif blieb ich stehen und merkte, wie meine Hände sich zu Fäusten ballten. Selbstverständlich redeten die drei über mich und meinen Vater.

„Was hast du da gerade gesagt?", fragte ich die Drei beunruhigend ruhig und drehte mich zu den Mädchen um. Dank meiner Größe war ich ein Stück größer als sie und blickte vernichtend auf sie hinunter. Bones schluckte erschrocken und sank ein wenig in sich zusammen. „Nichts besonderes", wich sie aus und blickte ertappt auf den Boden. „Nein keine Sorge, wiederhole doch noch mal deine Worte Cho", forderte ich meine Ravenclaw Mitschülerin auf, doch diese senkte betreten ihren Kopf. Meine Stimme war hoch, als ich die darauffolgenden Worte sagte, und somit fast die gesamte Aufmerksamkeit auf mich zog: „Ja, mein Vater ist Tod, ermordet von den Anhängern von Ihr-wisst-schon-wem. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich vor euch rechtfertigen muss, warum ich keinen Patronuszauber hinbekomme! Das geht euch doch wohl so was von gar nichts an!"

Schlagartig sammelten sich Tränen in meine Augen. Bilder von dem verwüsteten Haus und meinem stark blutenden Vater tauchten vor mir auf und ich zuckte erschrocken zurück. Ich biss meine Oberkiefer auf meine Unterlippe und wischte mir mit dem Ärmel meines Pullovers die Tränen aus den Augen, die nun unaufhörlich hinaus flossen.

Ich stürmte aus dem Raum und ignorierte die Rufe von Fred.

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt