| 64. Kapitel |

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Die Kleine hatte Freds Augen geerbt. Im Allgemeinen sah sie aus wie Fred. Ich lächelte, als ich ihr über ihre zarte Haut strich und sie mich mit ihren wachen Augen ansah. Ich hatte mich in der ersten Sekunde in sie verliebt, und die Gefühle, die ich nun in mir spürte, beschrieben wohl sehr gut die Handlungen von Molly. Jetzt konnte ich verstehen, warum ihr Irrwicht, der Tod ihrer Familie war, und warum sie immer Pullover strickte und sich auch in diesen schwierigen Zeiten mehr um ihre Kinder und ihren Mann sorgte als um sich selbst. Ich wollte, dass es der Erbse gut ging und dass es ihr an nichts fehlte. Sie sollte in einer sorgenfreien Umgebung aufwachsen und nicht in den kalten Gemäuern des Schlosses. Vielleicht, wenn all das vorüber wäre, Fred und ich wieder zu uns finden würden, könnte man das alte Cottage in Irland wieder auf Vordermann bringen und darin einziehen. Das Flohnetzwerk würde sicherlich nicht mehr überwacht werden, und Fred könnte jeden Tag nach London reisen und dort wieder im Laden arbeiten. Ich würde mich um die kleine Erbse kümmern, die dann hoffentlich einen schönen Namen hätte und nicht bis zu ihrem Lebensende, mit dem Namen Erbse herumlaufen müsste. Ich bereute es, mit Fred nie über solche ernsten Themen gesprochen zu haben. Doch vermutlich hatten wir nur geglaubt, dass wir noch Zeit hätten und diese langen Monate zusammen durchstanden und uns einfach liebten. Es hätte wohl gereicht, wenn da nicht die zweite Schreckensherrschaft des dunklen Lords gekommen wäre und ich in den Sommerferien zwischen dem sechsten und siebten Schuljahr nicht einfach so meine Zukunft hätte weggeschmissen.

Die Erbse gähnte, streckte sich ein wenig und ich beschloss, sie wieder in ihr Kinderbettchen zu legen. Als ich sie zugedeckt hatte und sichergestellt hatte, dass sie friedlich eingeschlafen war, warf ich mir meinen Umhang über und trat aus dem Zimmer. Ich wollte nur schnell in die Küche gehen und mir selbst etwas zu Essen holen, als mich auf dem Flur die Stimme von Draco Malfoy zum Stehenbleiben zwang. „Professor! Professor O'Callaghan!", rief er durch den Gang und eilte im Schnellschritt zu mir. Ich drehte mich verunsichert zu ihm um und wartete, bis er bei mir angekommen war. „Ich habe eine Frage", sagte er und sah sich verunsichert um. Über seine Schulter hinweg konnte ich Amycus Carrow erkennen, der gespannt die ihm gebotene Szene beobachtete. „Welche Frage?", fragte ich. Draco erfasste Amycus ebenso und sagte deswegen etwas lauter als nötig: „Ich habe eine Frage zu meinem letzten Aufsatz. Im Unterricht habe ich da wohl etwas nicht verstanden." Ich nickte und deutete ihm mir zu folgen. „Komm mit. Das haben wir gleich", sagte ich, drückte mich an Carrow vorbei, der immer nähergekommen war, und führte ihn in mein Zimmer, das gleichzeitig auch als mein Büro diente.

Ich schloss die Tür hinter mich und murmelte leise: „Muffliato." Erwartungsvoll sah ich zu Draco auf und stellte mich vor das Babybettchen in der Hoffnung, dass er es noch nicht gesehen hatte. „Warum bist du krank? Hast du wieder einen Auftrag bekommen?", fragte er mich sofort und ich erkannte in seinem Blick, dass er Panik schob. Er hatte solche Angst vor dem dunklen Lord, aber auch, dass er seiner Familie etwas antun könnte, dass er sich schon fast freiwillig zu jeder Aufgabe meldete. Ich schüttelte nur meinen Kopf. „Nein, alles gut. Ich fühle mich im Moment nur nicht besonders gut", antwortete ich, verzog mein Gesicht jedoch zu einer Grimasse, als die Kleine hinter mir zu schreien begann. „Ist das ein Baby?", fragte Draco verwirrt und ich nickte. Langsam drehte ich mich zu dem Bettchen um und hob sie heraus.

„Ich bin Mutter geworden. Deswegen habe ich diese Woche nicht unterrichtet", antwortete ich wahrheitsgemäß und wog meine Tochter langsam hin und her. „Ganz ruhig. Mama ist ja da", sagte ich, strich ihr die bitteren Tränen von den dicken Wangen und sah dabei zu, wie sie langsam wieder einschlief. „Hattest du einen bösen Traum. Ja, das ist ganz normal. Siehst du, jetzt schläfst du wieder tief und fest", wisperte ich ihr, behielt sie dennoch in meinem Arm. Ich drehte mich zu Draco um. Dieser hatte ganz große Augen bekommen, blickte dennoch neugierig zu dem Wollknäuel in meinem Arm.

„Sie hat noch keinen Namen", gestand ich ihn und stellte mich neben ihn. „Weasley ist also der Vater?", stellte er fest und ich erkannte, wie sich ein kleines Grinsen auf seine Lippen setzte. Ich nickte: „Ja, ein Kind des Herren, hätte ich wohl kaum behalten." Draco schluckte schwer und sah zu mir auf. „Ich ... ich weiß, was damals passiert ist. Ich habe das Zimmer neben ihm gehabt, und .... habe alles mitbekommen. Es war schrecklich mitanzuhören", gestand Draco, „Ich könnte mich heute noch dafür in den Hintern beißen, dass ich dir nicht zur Hilfe gekommen bin. Es tut mir schrecklich leid." „Schon in Ordnung. Deine Mutter konnte ja auch nichts machen. Vermutlich hätte er euch umgebracht, hättet ihr euch eingemischt", wehrte ich ab, „Willst du sie mal halten?" Überrascht sah Draco auf. „Nein, lieber nicht. Ich bin nicht sonderlich gut mit Kindern", sagte er sofort. „Komm schon. Sie ist ein braves Kind. Normalerweise nur wach, wenn sie Hunger hat. Sonst schläft sie den ganzen Tag", zögerlich nickte der Blondhaarige.

„Hier, du musst nur den Kopf etwas stützen", sagte ich und legte ihm vorsichtig das Bündel in die Hände. „Sie ist leichter als gedacht", murmelte er und strich die Wolldecke etwas aus ihrem Gesicht. „Du hättest mich sehen sollen. Ich dachte, ich bekomme Drillinge, und raus kam dieses federleichte Geschöpf", meinte ich lächelnd, „Aber es war all die Strapazen wert." „Weiß Fred es schon?", fragte er, und ich sah betreten zu Boden. Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, er weiß es nicht. Ich wollte ihn nicht beunruhigen. Er soll sich im Moment auf sich selbst konzentrieren. Ein Kind würde ihn wohl komplett aus dem Konzept bringen", wisperte ich doch zu meinem Erstaunen nickte Draco. „Verständlich. Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich es ihm auch nicht gesagt. Ich hätte es niemandem gesagt", sagte er und wog sie leicht hin und her. Überrascht sah ich auf. „Deine Mutter wusste es. Sie war die Erste, die es bemerkt hat. Ich bewundere sie dafür. Es war keinen Monat her, und sie hat es mir einfach schon angemerkt. Deine Mutter ist eine wunderbare Frau und auch Freundin", erzählte ich ihm. Draco gab mir die Kleine wieder zurück, und ich legte sie in ihr Bettchen.

„Meine Mutter hat sich nicht sonderlich gut um mich gekümmert. Sie war stolz, als ich den Todessern beigetreten bin. Erst, als Dad nach Askaban musste, hat sie sich verändert. Vielleicht ist sie Ihnen nie beigetreten, aber trotzdem hat sie Sie sympathisiert. Reines Blut stand an erster Stelle für sie. Deswegen hat sie wohl auch meinen Vater geheiratet", sprach er und klang dabei so traurig, wie ich ihn noch nie in meinem Leben gehört hatte. „Draco, sieh her. Das Blut hat gar nichts zu sagen. Ich bin ein Halbblut, Fred ein Reinblut. Die Kleine hier ist automatisch ein Halbblut. Falls sie jedoch jemanden mit reinem Blut heiraten sollte und Kinder bekommen sollte, wird dieses automatisch wieder ein Reinblut. Du kannst nur von Glück sprechen, dass Familie Malfoy und Black auf diese Art sehr viel Wert gelegt haben. Ansonsten hättest du wohl mehr Probleme", versuchte ich ihm zu erklären. Doch dieser schüttelte seinen Kopf. „Du verstehst nicht. Wenn Potter es nicht schafft, den Lord zum Fall zu bringen, so wird allein das Blut darüber entscheiden, ob du Hogwarts besuchen darfst, ob du eine Arbeit findest, selbst wen du heiratest, wird für dich entschieden. Ein selbstständiges Leben wird keiner mehr führen können. Potter muss es schaffen", er brach ab. Seine große Rivalität mit Harry hatte er für einen Moment zur Seite gelegt, jetzt sah man Tränen in seinen Augen.

„Draco, Potter wird es schaffen. Nicht umsonst ist er der Auserwählte."

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt