| 37. Kapitel |

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Ein spitzer Schrei entfuhr mir. Kerzengerade saß ich in meinem Bett und krallte meine Fingernägel in das Laken. Schweiß tropfte mir von der Stirn. Geistesabwesend hatte ich meinen Zauberstab vom Nachtkästchen gerissen, sodass ein Buch auf den Boden fiel und dort mit einem dumpfen Klang aufprallte. Licht erfüllte den Raum, und panisch scannte ich die Umrisse. Fred neben mir war ebenfalls alarmiert aufgesprungen, und als er mich in meinem panischen Zustand erblickte, legte er vorsichtig eine Hand auf meine Schulter. „Kate? Hast du schon wieder schlecht geträumt?", fragte er mich und nahm mir langsam den Zauberstab aus meiner Hand. Meine Atmung stockte für einen Moment, ehe ich meinen Zauberstab losließ und ihm ihn übergab. Die stummen Tränen, die mir über die Wangen rannten, hatte ich gar nicht bemerkt, erst als sie Fred mir mit seinem Daumen wegstrich, riss ich mich zusammen und sah auf die Bettdecke. Ich nickte wortlos und versuchte, meine Körperwärme wieder zurückzubekommen, indem ich mir mit meinen Händen über meine Oberarme strich. „Komm her", sagte Fred fürsorglich und nahm mich in den Arm. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen seine Brust und versuchte, einige Schluchzer zu unterdrücken. Ich krallte meine Fingernägel in den Pullover von Fred, doch selbst dieser konnte nicht verhindern, dass ich mich auch etwas in seine Haut bohrte. „Es ist alles gut. Ich bin ja hier", murmelte Fred und strich mir über mein Haar. Langsam wog er mich vor und zurück und strich mir dabei beruhigend über den Rücken. Ich hatte schon so viel abgenommen, dass er jede Rippe und jeden Wirbel spüren konnte, doch Fred hatte aufgehört, mit mir darüber zu sprechen. Ich aß einigermaßen normal, wenn ich auch hin und wieder gar nichts zu mir nahm.

Jedes Mal, wenn eine Sitzung der Todesser vorangegangen war, konnte ich nicht schlafen. Die Erinnerungen an Sirius' Tod waren für einen Moment zu real. Selten träumte ich auch von Arthurs Verletzungen oder auch von dem Tod meines Vaters. So war auch heute Abend eine Sitzung von den Anhängern des dunklen Lords gewesen. Er war stolz über die Fortschritte, die die dunkle Seite vorzuzeigen hatte. Es wurden immer mehr Anhänger gewonnen und schon bald würde der große Esstisch der Malfoys nicht mehr ausreichen, alle daran unterzubringen. In wenigen Wochen war eine Entführung geplant, jedoch wusste ich nicht von wem. Lestrange und Dolohow waren damit beauftragt worden. Beides Todesser, die vor wenigen Wochen mithilfe einiger anderer Anhänger aus Askaban geflohen waren. Von Tonks hatte ich erfahren, dass es wohl ein Insiderjob gewesen sein musste, dennoch erfuhr man von der Seite des Ordens nicht sonderlich viele Neuigkeiten. Dumbledore war den ganzen Sommer wohl auf Reisen, um nach etwas zu suchen. Die einzige Aufgabe, die der Orden nun besaß, war so viele Anhänger wie möglich zu finden und die Spionagearbeit im Ministerium weiter auszubauen. Es hatten sich drei weitere Auroren und einige Ministeriumsarbeiter angeschlossen, dennoch würde es nicht reichen um er, dessen Name nicht genannt werden durfte, aufzuhalten. Potter war die Ferien über wieder bei seinen Verwandten untergebracht worden, während die Weasleys wieder im Fuchsbau wohnen würden, und sich bedeckt halten mussten.

Draco Malfoy hatte jedoch eine Aufgabe erhalten, von der ich niemals gedacht hatte, sie würde ausgesprochen werden. Er war in die Reihen der Todesser aufgenommen worden und hatte sofort die Aufgabe erhalten, einen Mord zu begehen. Der dunkle Lord hatte ich ein ganzes Schuljahr Zeit gegeben, und dennoch wäre es schwer, diese Person zu töten. Denn die Person, die Draco umbringen sollte, war kein geringer als Dumbledore höchstpersönlich. Am Ende der Sitzung hatte ich ihm meine Hilfe angeboten, doch der blondhaarige Junge hatte nur seinen Kopf geschüttelt und gemeint, er müsse dies allein schaffen. Ich hatte genickt, wurde allerdings von seiner Mutter Narcissa aufgehalten, als ich gerade gehen wollte. Ich solle ein Auge auf ihren Sohn haben, er wäre dieser Sache nicht gewachsen. Ich hatte es ihr versprochen. Er war doch noch ein Kind. Dies war jedoch nicht die einzige Aufgabe, die Draco zu Teil wurde. Ich hatte die Aufgabe bekommen, einen sicheren Weg nach Hogwarts zu finden. Natürlich waren mir als erstes die vielen Geheimgänge eingefallen, doch der Inhaber von Borgin und Burkes hatte sich eingemischt und gesagt, dass ein Verschwindekabinett sich in seinen Händen befand. Das Gegenstück wäre in Hogwarts, so hieße es. Ich nahm mich zusammen mit Draco und Narcissa dem Fall an.

Ich entspannte mich ein wenig. In Freds Armen zu liegen war noch immer die beste Möglichkeit gewesen, meinen Sturm an Gedanken etwas zu stillen. Hin und wieder murmelte er mir ein paar beruhigende Worte ins Ohr, ehe er mich wieder in das Bett legte, den Zauberstab wieder auf mein Nachtkästchen legte und ich mich an ihn schmiegte. Ich hörte seinen Herzschlag und lauschte den beruhigenden und rhythmischen Klängen. Ich presste meine Lippen aufeinander und unterdrückte den Drang, ihm einfach von allem, wirklich allem, zu erzählen. Doch stattdessen atmete ich tief durch und schmiegte mich weiter an ihm. Mir war klar, wenn ich ihn jetzt davon erzählte, so würde er sich noch mehr Sorgen um mich machen. Doch es reichte, wenn er sich jetzt schon um mich kümmern musste. Er sollte ein Leben führen, bei dem er sich keine Sorgen um jemand machen musste.

***

Die Tasse Tee in meinen Händen fest umschlungen, blickte ich aus dem Fenster und beobachtete die leere Winkelgasse. Es war kurz nach sieben Uhr morgens, und der erste Tag der Sommerferien stand an. Ich wusste, dass viele Kinder jetzt schon in die kleine Einkaufsmeile kamen, und mir war klar, dass sie alle zu uns in den Laden kommen würden. Doch im Moment tummelten sich nur diejenigen auf der Gasse, die zur Arbeit kamen. Ein Blondschopf brachte mich aus meinem Konzept. Sie ging zusammen mit einem rothaarigen Mann mit langen Haaren den Weg entlang, händchenhaltend. Ich zog meine Stirn kraus und beobachtete das Paar. Die langen Haare und der glänzende Giftzahn als Ohrring waren mir bekannt, und es stand außer Frage, dass es sich dabei um Bill Weasley handelte. Doch dann fiel mir der Knut, und ich wusste, dass es sich dabei wohl um Fleur handeln musste. Erst Letztens hatte sie mir einen Brief geschrieben, indem sie davon berichtet hatte, dass sie eine Stelle als Fluchbrecher in England bekommen hatte.

Ich stellte die Tasse auf den Küchentisch, warf mir eine leichte Strickjacke über und sprintete die Treppen hinunter durch den Laden hindurch und sprang hinaus auf die Winkelgasse. „Fleur! Bill!", rief ich und sofort blieben die beiden stehen. Auf dem Gesicht der Französin bildete sich ein breites Grinsen als sie mich erkannte, und mich ein eine feste Umarmung drückte. „'ate, es ist so schön disch zu sehen", brachte sie auf gebrochenem Englisch heraus und ich lächelte sie breit an, ehe ich auch Bill in eine Umarmung drückte. „Wie kommt es, dass ihr uns nicht als Erstes in unserem Laden besuchen kommt?", fragte ich sie und stemmte meine Arme in meine Hüfte. Bill schüttelte nur lachend seinen Kopf, während Fleur meinte: „Isch 'abe die Stelle bei Gringotts bekommen. Isch werde mit Bill arbeiten." Ich grinste breit und drückte sie ein weiteres Mal in eine Umarmung. „Heute ist ihr erster Tag. Wenn wir den ganzen Papierkram gemacht haben, werden wir vorbeischauen", versprach Bill und sah glücklich auf Fleur hinunter. Ich nickte zustimmend und sagte: „Gut kommt einfach rein. Die Zwillinge werden sich freuen, dich mal wieder zu sehen." Bill nickte und wir verabschiedeten uns voneinander.

Als ich wieder im Laden war, sahen die Zwillinge mich fragend an. „Was war das denn bitte schön?", fragte Fred mich. „Ach, Fleur hat eine Stelle bei Gringotts bekommen. Sie arbeitet jetzt mit Bill zusammen", meinte ich schulterzuckend, „Ich habe sie später hier her eingeladen." „Tatsächlich? Hätte nie gedacht, dass die sich wirklich als Fluchbrecherin bewirbt. Aber irgendwie passt es schon zu ihr, findet ihr nicht?", erwiderte George und ich nickte zustimmend. Dass Fleur sich nur in England beworben hatte, um Bill näher zu sein, versuchte ich unter den Tisch fallen zu lassen. Immerhin kannten die Zwillinge sie nicht so gut wie ich. Und ich war mir sicher, dass Fleur sich dies auch nie eingestehen würde. Ich grinste. Fehlte nur noch Charlie, der eine Freundin brauchte, und die ältesten Weasleys wären unter der Haube. Nun ja, alle außer Percy. Der jedoch war mit Fudge verlobt, also was konnte man da schon dagegen sagen? 

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt