| 52. Kapitel |

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Ich landete im Wasser. Leise rauschend umgab mich das Schilfmeer und das Einzige, was ich in diesem Moment hören konnte, war mein angestrengtes Atmen. Als ich mir sicher war, dass sich niemand in meiner Umgebung befand, fing ich zu joggen an. Ich betete zu allen Göttern und Gottheiten, die mir in den Sinn kamen, dass niemand verletzt oder gestorben war, obwohl das Zeichen der Todesser unübersehbar gewesen war.

Atemlos kam ich auf der Lichtung an und steuerte direkt auf die geöffnete Hintertür zu. Kaum hatte ich jedoch das Haus betreten, wurden Zauberstäbe auf mich gerichtet. Perplex blieb ich stehen und ließ meinen Besen auf den Boden fallen, hatte jedoch keine Sekunde später ebenfalls meinen Zauberstab in der Hand. „Das Buch, das ich dir vor zwei Jahren an Weihnachten geschenkt habe", sagte Remus, und man konnte förmlich hören, wie er mit seinen Zähnen knirschte. „Verteidigung gegen schwarzmagische Flüche und Zauber", antwortete ich wie aus der Pistole geschossen, aber nur langsam senkten wir unsere Zauberstäbe. Niemand außer Remus und ich wussten von diesem Buch, weshalb meine Identität bestätigt war. Die Sicherheitsfrage hatte ich mit Bravour bestanden. „Wer hat uns verraten?", fragte Kingsley und trat vor Remus. Ich schluckte schwer und senkte meinen Blick, „Wir hatten doch ausgemacht, diese Information nicht weiterzugeben." „Severus", murmelte ich kleinlaut. Remus warf seinen Kopf in den Nacken und fuhr sich erschöpft über das Gesicht. „Warum wusste ich, dass er uns irgendwann verraten würde?" Ich schnaubte verächtlich auf, drückte mich anschließend durch alle anwesenden hindurch und umarmte Fred, der mit verschränkten Armen die ihm gebotene Szene beobachtet hatte.

„Merlin sei Dank, dir geht es gut", murmelte ich in seine Halsbeuge und drückte ihn fest an mich. „Verdammt George! Was ist passiert?", rief ich aus, als ich meine Augen öffnete und den blutenden George auf dem Sofa liegend erblickte. „Nur so ein komischer Fluch. Sectumsempra oder irgendwie so. Hat mir das Ohr sauber abgetrennt", sagte der Zwilling nur und lächelte dämlich. Ich ließ Fred los und kniete mich neben George. Wortlos schüttelte ich meinen Kopf und blickte zu Molly auf. Doch diese beobachtete stumm ihren Mann, Bill, Kingsley und Remus, die wiederum zu mir blickten.

„Was hat Snape dazu gebracht, uns zu verraten?", fragte Bill und verzog sein Gesicht schmerzvoll, „Wegen ihm ist Mad-Eye jetzt Tod." Alle Anwesenden im Raum zuckten zusammen. Tonks schluchzte in ihr Taschentuch. Sie war der Liebling von Mad-Eye gewesen. Immer hatte sie zu dem erfahrenen Auror aufgesehen. Sie war ihm nahegestanden. Hagrid im Eck hingegen schnäuzte sich in ein Tischdeckengroßes Taschentuch. Meine Augen weiteten sich. „Mad-Eye?", meine Stimme zitterte. Von allen versammelten hatte ich nicht erwartet, dass es ihn getroffen haben könnte. „Ja, Mundungus hat sich sofort aus dem Staub gemacht. Kein Wunder, dieser Feigling", sagte Bill weiter, während Fleur sich neben ihren Verlobten stellte und ihn beruhigend über den Rücken strich. Bill zitterte vor Wut. „Warum hat Snape uns verraten?", fragte Bill nachdrücklich und eine unangenehme Stille breitete sich im Fuchsbau aus. Harry, Ron, Hermine und Ginny hatten ihre Augen zu engen Schlitzen gezogen und sahen mich verächtlich an. Ich kniff nur meine Augen zusammen und ballte meine Hände zu Fäusten. Die Maske der Todesser baumelte um mein Handgelenk. Fred hinter mir legte seine Hand auf meine Schulter, doch ich riss mich von ihm los und trat Bill gegenüber. „Vielleicht hat er uns verraten, weil Yaxley ihn in diese Situation gebracht hat. Vielleicht aber auch, weil du-weißt-schon-wer ihn und mich umgebracht hätte, hätten wir ihm nicht bald wahre Informationen überbracht. Vielleicht hätte er mich wieder mit dem Cruciatus-Fluch gefoltert, weil er das ja noch nicht oft genug getan hat? Weil er wissen wollte, was die Weasleys planen? Weil ich ihm nicht sagen wollte, dass du und Fleur heiraten werdet? Severus hat es ihm gesagt, weil er ganz genau gewusst hat, dass nach Professor Burbage einer von uns ermordet werden würde. Ja, er hat sie getötet und das, ohne einmal mit der Wimper zu zucken! Hätte er mich ein weiteres Mal gefoltert, hätte ich ihm alles gesagt. Alles, wirklich alles."

Bill senkte betreten seinen Kopf. Mit dieser Antwort hatte er wohl nicht gerechnet. Ich hingegen sah herausfordernd die anderen an. Molly hatte ihre Augen erschrocken aufgerissen, während Arthur mir nur ein trauriges Lächeln schenkte. Remus hatte seine Arme ausgebreitet und forderte mich auf, ihn zu umarmen, doch Potters scharfe Stimme durchschnitt die Stille im Raum. „Du bist also eine Todesserin! Ich habe es doch gesagt! Sie ist eine Verräterin!", rief er und stürmte auf mich zu. Überrascht, dass er auf mich losgehen würde, stolperte ich zurück und wurde von ihm gegen die Wand gedrückt. Seinen Zauberstab hielt er mir unter die Kehle. Seine Augen hatte er zu engen Schlitzen gezogen, während seine Nasenflügel bebten. Ich ließ meinen Zauberstab aus meinem Ärmel gleiten und hatte ihn in Windeseile Potter unter die Kehle gehalten. Ich lächelte gewinnend. „Vergiss nicht, dass nur noch die Spur auf dir trägst, Potter", flüsterte ich gewinnend und drückte ihm meinen Zauberstab etwas in den Hals. „Das ist mir egal. Ich wusste von Anfang an, dass du nicht zu uns gehörst, aber niemand hat mir geglaubt", knurrte er, doch ich schüttelte nur meinen Kopf und schleuderte ihn mit einem stummen Zauber einige Meter zurück.

„Bevor du jemanden verurteilst, solltest du dir vielleicht die Umstände ansehen, Potter", ich ging auf ihn zu und beugte mich über ihm. Mit einem weiteren Stummen Fluch brachte ich ihn zum Erstarren. So lag er nun auf dem Boden, mit weit aufgerissenen Augen und verzogenem Mundwerk. „Hör auf die Menschen zu beschuldigen, die dich beschützen. Du weißt gar nichts über mich. Ja, ich bin eine Todesserin, sowie Severus einer ist. Aber wir arbeiten für den Orden, und das wusstest du sicherlich nicht oder hast es zumindest nicht geglaubt. Und ja, ich war dabei, als Dumbledore getötet wurde, und ja, ich habe Draco dazu motiviert, doch wie du ja weißt, war es Snape, der ihn getötet hat. Du hast doch keine Ahnung. Keine Ahnung, wie es ist, neben ihm zu sitzen, von ihm angefasst zu werden. ... Von ihm vergewaltigt zu werden. Harry, du kannst dir gar nicht vorstellen, was für ein Aufwand es ist, dich zu beschützen! Welches Risiko ich eingehe, wenn ich aus der Tür gehe, nur weil ich dich und die Weasleys beschütze. Du hast doch keine Ahnung vom wahren Leben. Was es für eine Person bedeutet ...", ich brach ab. Dann schüttelte ich meinen Kopf, nahm den Zauber von ihm und drehte mich zu. Alle sahen geschockt zu mir. „Was ist?", knurrte ich und ging wieder zu Fred, der bereitwillig seine Arme öffnete.

„Warum hast du das nicht gesagt?", fragte Remus erschüttert. „Nur Fred und Fleur wussten davon. Aber keine Sorge, ich bin nicht von ihm schwanger. Es war letztes Weihnachten, der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch", sagte ich und hob mein Kinn. Niemand sollte auf die Idee kommen, dass mir dieses Ereignis noch immer in den Knochen hing. Potter hatte sich langsam wiederaufgerichtet und klopfte sich den Staub von der Kleidung. Hermine und Ron halfen ihm auf. „Tut mir leid. Wir haben dich nur zusammen mit Mrs. Malfoy gesehen und dachten, dass du nur auf ihrer Seite stehst. Wir wussten nicht, dass du das alles im Auftrag des Ordens machst", entschuldigte sich Hermine für die drei. Ich nickte nur. Potter nickte und senkte betreten den Kopf. „Ich habe mich geschämt. Ich war zu schwach, ihm zu widerstehen. Doch er war zu mächtig", ich stockte und schüttelte meinen Kopf. Die Bilder tauchten wieder auf.

„Wie wäre es mit einem Feuerwhisky? Auf Mad-Eye", schlug Bill vor und mit einem Schwenk seines Zauberstabes kamen dreizehn gefüllte Gläser herübergeschwebt und jeder nahm sich eines. Ich setzte das Glas an meine Lippen und kippte die Flüssigkeit meinen Rachen hinunter. Heute war ein schlechter Tag, um sich zu betrinken. 

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt