Kapitel 16

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„Du bist nur eine Wette für mich gewesen.. ich wollte Rache, sonst nichts" Nick drückt mich gegen die Wand. „Schrei so laut du möchtest, dieses Mal wird niemand hier sein, um dich zu retten"

„Nein, lass mich los" Meine Stimme ist nicht mehr als ein leises Flüstern und ich spüre, wie ich mit aller Kraft versuche mich aus Nicks Griff zu befreien. „Hör auf.. lass mich in Ruhe"

Panisch sehe ich mich nach Carlos um, der nicht auftaucht, während Nick seine Hand unter mein Kleid schiebt und mich fester gegen die Wand drückt, während er meinen Hals entlang küsst.

„Carlos...", bringe ich mit aller Kraft hervor in der Hoffnung, dass Carlos mich hört und mir zur Hilfe eilt, doch er taucht nicht auf. Ich kneife meine Augen fest zusammen und presse meine Lippen aufeinander, als ich einen heftigen Schlag ins Gesicht spüre und zu Boden gehe.

Als ich meine Augen öffne, befinde ich mich nicht mehr in Nicks Haus, sondern in dem Büro meines Vaters, der mit hasserfülltem Blick zu mir hinabsieht. „Du bist die größte Enttäuschung meines Lebens, weißt du das?", fragt er und verpasst mir einen heftigen Tritt in die Rippen. „Du bist ein wertloses, dummes Kind und ich wünschte, du wärst nie geboren" Er verpasst mir einen weiteren Tritt und ich krümme mich wimmernd auf dem Boden, während Tränen mir über die Wangen strömen.

„Emilia", dringt Carlos Stimme zu mir durch und ich reiße meine Augen auf.

„Nein... nein", sage ich immer wieder und wimmere leise, während ich mich hin und her drehe.

„Emilia!!", sagt Carlos laut und ich spüre, wie mich zwei kräftige Hände an den Schultern packen und mich somit auf den Boden der Tatsachen zurückbringen.

Mit dem Handrücken wische ich mir über die Wangen und sehe mich in dem schwach beleuchteten Zimmer um. Ich befinde mich weder in Nicks Haus, noch in dem Büro meines Vaters, sondern in dem Ferienhaus, in welches Carlos mit mir über das Wochenende gefahren ist. Obwohl mir allmählich klar wird, dass all das nur ein realitätsnaher Alptraum gewesen ist, kann ich nicht aufhören zu weinen.

„Was ist los?", fragt Carlos hilflos.

Schluchzend sehe ich in die besorgten Augen des jungen Mannes, der über mich gebeugt vor meinem Bett steht und dessen braunen Locken ihm in die Stirn fallen. „Nichts", erwidere ich und wende meinen Blick von ihm ab.

Vorsichtig löst Carlos seine Hände von meinen Schultern und greift mit der rechten Hand stattdessen nach meinem Kinn, welches er nach oben zieht, sodass ich ihm in die Augen sehen muss. „Ich habe dich bis nach nebenan schreien und weinen gehört" Sanft wischt Carlos mir mit seinem Daumen die Tränen fort, welche mir weiterhin über die Wange laufen. „Und du weinst immer noch..", stellt er mit ruhiger Stimme fest.

Für einen Augenblick erwidere ich Carlos Blick schweigend, um meine Gedanken zu sortieren. „Ich habe schlecht geträumt", gestehe ich ihm schließlich, wobei meine Stimme nicht mehr als ein leises Flüstern ist.

„Worüber?", möchte er wissen.

„Darüber möchte ich nicht reden..", sage ich.

Carlos nickt verständnisvoll. „Okay", antwortet er leise. Er lässt mein Kinn los und zieht die Hand zurück. „Schließ deine Augen", fordert er mich auf. Misstrauisch sehe ich Carlos an, dessen Gesicht ich nur schemenhaft in dem schwachen Licht erkenne, welches durch den kleinen Spalt in der Tür in den Raum geworfen wird. „Vertrau mir..", seufzt er, als er mein Misstrauen bemerkt.

Langsam komme ich seiner Aufforderung nach und schließe meine Augen. „Als ich klein war, habe ich auch fast jede Nacht Alpträume gehabt..", beginnt Carlos und ich spüre, wie er mich ordentlich zudeckt. „Meine Mutter hat mir dann immer ein Lied zum Einschlafen vorgesungen.."

Sanft streicht Carlos mir eine Haarsträhne aus meiner leicht schwitzigen Stirn und klemmt sie mir hinter das Ohr. Seine Hand streichelt mein Haar, während er leise zu singen beginnt. Wie gebannt lausche ich dem spanischen Lied, das er mir vorsingt. Seine Stimme löst dabei ein angenehmes Kribbeln in meinem Magen aus und obwohl ich kein Spanisch verstehe, möchte ich nicht, dass er jemals aufhört mir dieses Lied vorzusingen.

Mein Herzschlag wird ruhiger, meine Atmung flacher und ich spüre, wie sämtliche Angst mir aus dem Körper weicht. Mir ist, als hätte ich soeben eine ganz andere Seite von Carlos kennengelernt. Eine Seite, von der ich zuvor nicht gewusst habe, dass sie existiert. Und mir gefällt diese Seite an Carlos.

Noch immer streicht Carlos mir über das Haar, während er mit ruhiger, sanfter Stimme das Lied beendet. Daraufhin sitzt er noch einige Minuten schweigend an meinem Bett und scheint mich zu beobachten. Meine Augen behalte ich während dieser Zeit weiterhin geschlossen, bis ich merke, dass Carlos sich von dem Bett erhebt. Sofort öffne ich meine Augen und greife nach seiner Hand, die sich angenehm warm anfühlt.

„Warte", sage ich leise. Carlos neigt seinen Kopf in meine Richtung und blickt zu mir hinab. So verrückt es auch klingen mag, aber möchte nicht, dass er schon geht. „Bleib"

„Emilia", sagt Carlos nachdrücklich und ich sehe, wie er mich mit seinen grünen Augen mustert, ehe er kopfschüttelnd seine Hand aus meiner ziehen möchte, um zu gehen, doch ich halte seine Hand weiter fest.

„Bitte.." Das Herz in meiner Brust schlägt aufgeregt gegen meine Rippen, als Carlos sich mir ganz zuwendet.

„Bist du dir sicher?", fragt er und sieht mir tief in die Augen.

Nickend erwidere ich Carlos Blickkontakt. „Ich möchte nicht alleine sein..", flüstere ich leise.

„Okay, gib mir zwei Sekunden", erwidert Carlos und verschwindet kurz aus dem Raum, um sich seine Decke und sein Kissen zu holen, ehe er sich zu mir auf das Bett legt. Das Herz in meiner Brust macht Saltos und ich habe das Gefühl, dass all das noch immer Teil meines Traum ist und das hier nur mein Wunschdenken von Carlos ist.

Der Mann, welcher auf dem Rücken neben mir im Bett liegt und seinen Blick starr an die Decke gerichtet hält, ist ein anderer Mann als der, den ich an jenem Tag kennengelernt habe, als er zum ersten Mal vor mir stand.

„Wo ist deine Mutter?", frage ich Carlos. Dass sein Vater vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, weiß ich. Doch von seiner Mutter hat Carlos dabei kein Wort verloren. Trotz des schwachen Lichtes erkenne ich, wie der Ausdruck in seinem Gesicht ernst wird.

„Schlaf jetzt", murmelt er abweisend und dreht mir den Rücken zu. Da ist er ja.. der Carlos, den ich kenne. Distanziert und ohne jegliche Emotionen.

Obwohl ich neugierig bin, akzeptiere ich, dass er nicht darüber sprechen möchte und kehre ihm ebenfalls den Rücken zu. Es dauert nicht lange, bis ich wieder einschlafe, wobei mich die ganze Nacht über kein einziger Alptraum mehr plagt.

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Gefällt euch der liebevolle Carlos? ✨

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