Kapitel 19

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Obwohl die Tage, die ich mit Carlos verbracht habe, eine reine Achterbahnfahrt der Gefühle für mich gewesen sind, fühle ich mich bereits schrecklich, als wir mit dem Wagen die Auffahrt zu meinem Elternhaus hinauffahren.

Schon von Weitem erkenne ich meinen Vater, der uns bereits freudig zu erwarten scheint und es sicherlich kaum abwarten kann Carlos über mein Benehmen auszufragen.

Seit dem Vorfall am Strand gestern hat Carlos es weitestgehend gemieden mir zu nahe zu kommen oder mehr als das Nötigste mit mir zu reden. Obwohl es mir im Nachhinein sehr unangenehm ist, kann ich mir nun sicher sein, dass Carlos ähnlich sensibel auf mich reagiert, wie ich auf ihn.

„Da wären wir also wieder", teilt Carlos mir mit und schaltet den Motor seines Wagens aus.

Da er bloß regungslos auf dem Fahrersitz sitzt und keinerlei Anstalten macht sich abzuschnallen oder mich eines weiteren Blickes zu würdigen, gehe ich davon aus, dass er mir nichts mehr zu sagen hat. Obwohl es mir egal sein kann, macht es mich traurig. Während ich mühsam versuche meinen Frust darüber zu verbergen, schnalle ich mich ab und will die Beifahrertür öffnen, um auszusteigen.

Blitzschnell greift Carlos nach meinem Handgelenk und signalisiert mir damit, dass ich noch nicht gehen soll. Seine Berührung löst in mir eine Welle der Gefühle aus, die meine Gedanken benebeln und eine Gänsehaut auf meiner Haut verursachen.

„Sieh mich an", fordert Carlos mich auf. Langsam drehe ich den Kopf in seine Richtung. Es ist das erste Mal seit dem Vorfall am Strand, dass er mir länger als einen flüchtigen Moment in die Augen sieht. „Die vergangenen Tage mit dir sind wirklich sehr.. angenehm gewesen."

Schweigend wiederhole ich seine Worte immer wieder in meinem Kopf, um sie zu analysieren. Ich öffne meine Lippen, um etwas zu erwidern, schließe sie jedoch direkt wieder, als ich aus dem Blickwinkel meinen Vater wahrnehme, der sich Carlos Wagen nähert. Sofort lässt Carlos mein Handgelenk los, was eine kühle Leere bei mir hinterlässt. Daraufhin wendet er sich von mir ab, um sich abzuschnallen und aus dem Wagen auszusteigen.

„Schön, dass ihr wieder da seid" Die Stimme meines Vaters jagt mir eisige Schauer über den Rücken und ich spüre sofort, wie sämtliche Muskeln meines Körpers sich anspannen, als er mich zur Begrüßung in eine Umarmung zieht. Alles in mir schreit danach, ihn von mir wegzustoßen, doch die Konsequenzen dieses Verhaltens mag ich mir gar nicht ausmalen. Noch nie bin ich einer Person so nah und gleichzeitig so fern gewesen, wie in diesem Augenblick. Umso erleichterter bin ich, als mein Vater sich wieder aus der Umarmung löst, um Carlos mit einem Handschlag zu begrüßen.

„Sie müssen unbedingt noch zum Abendessen bleiben, damit Sie mir alles über den Urlaub berichten können", schlägt mein Vater vor und ignoriert dabei die Tatsache, dass ich auch anwesend bin und ihm genauso gut von dem Urlaub berichten kann.

„Sehr gerne", erwidert Carlos sofort und nickt einverstanden. „Emilia und ich haben wirklich eine schöne Zeit miteinander verbracht, nicht wahr?" Carlos sieht mich nach meiner Meinung wissen wollend an. Die Blicke meines Vaters schüchtern mich ein. Statt also etwas zu sagen, nicke ich bloß. Je weniger ich sage, desto weniger kann ich falsch machen und somit eine unnötige Welle der Wut von Seiten meines Vaters vermeiden.

Bevor wir ins Haus gehen, holt Carlos noch meinen Koffer aus dem Wagen. Im Haus stellt er diesen vor der Treppe ab.

In dem Moment betritt meine Mutter den Flur. Ihre müden, braunen Augen huschen zwischen Carlos und mir hin und her, ehe sie mich in eine liebevolle, kurze Umarmung zieht. „Ich habe dich vermisst", sagt sie und haucht mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Daraufhin wendet sie sich Carlos zu und reicht ihm zur Begrüßung die Hand.

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