Kapitel 33

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Ich muss gestern Abend eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen öffne, stelle ich fest, dass ich längst nicht mehr zusammengekauert auf Carlos Schlafzimmerboden sitze, sondern auf der weichen Matratze eines Bettes.

Carlos Bett.

Carlos, der seinen Arm um meine Taille geschlungen hat und dessen warmen Atem ich in meinen Nacken spüre. Sofort überfällt mich eine Gänsehaut, die sich verräterisch über meinen gesamten Körper ausbreitet.

Vorsichtig, um Carlos nicht zu wecken, hebe ich seinen Arm, um mich darunter zu befreien. Ich stehe auf und werfe einen letzten Blick auf ihn. Anders als heute Nacht wirkt er nun deutlich unbeschwerter und friedlicher. Ich lasse es mir nicht nehmen ihm sanft durch seine braunen Locken zu fahren. Meine Augen bleiben an seinen leicht geöffneten Lippen hängen.

Als ich realisiere, wie lächerlich ich aussehen muss, ziehe ich sofort meine Hand zurück und kehre Carlos den Rücken zu. Gerade als ich die Tür öffnen möchte, hält mich die verschlafene Stimme des jungen Mannes auf, der mich gestern Nacht so lange im Arm gehalten hat, bis ich mich beruhigt habe und schließlich eingeschlafen bin.

„Emilia", sagt er.

Mist.

Ich kneife meine Augen zusammen und presse meine Lippen aufeinander, ehe ich die Hand vom Türgriff nehme und mich zu Carlos umdrehe, der aufrecht in seinem Bett sitzt und mich aus seinen grünen Augen heraus besorgt ansieht.

„Wie fühlst du dich?", will er wissen. Statt etwas zu erwidern, senke ich meinen Blick, denn ehrlich gesagt weiß ich selbst nicht, wie ich mich fühlen soll. Im Moment bin ich mir über gar nichts mehr sicher. Ich kann nicht einmal den Menschen vertrauen, die mich mein Leben lang begleitet haben.

„Ich bin so wütend..und ich fühle mich so dumm", flüstere ich. Barbara, die ich all die Jahre für unsere Haushälterin gehalten habe, ist meine leibliche Mutter, während die Frau, von der ich geglaubt habe, dass sie meine Mutter ist.. niemand ist. Bisher ist der einzige Grund, der mich in dem Glauben ließ, dass sie meine Mutter ist, eine offensichtlich gefälschte Geburtsurkunde. Sonst habe ich nie irgendwelche Gemeinsamkeiten mit dieser Frau gehabt. Jetzt weiß ich immerhin warum.

Carlos erhebt sich von seinem Bett und kommt auf mich zu. Als er schließlich unmittelbar vor mir stehen bleibt, zögert er kurz, ehe er eine Hand an meine Wange legt. „Ich habe viele dumme Menschen kennengelernt. Und du gehörst nicht dazu", sagt Carlos und streicht mir das braune Haar hinter das Ohr.

„Ich habe nicht gemerkt, dass die Frau, die mich mein Leben lang immer am besten verstanden hat meine Mutter ist", teile ich Carlos mit. Heute Nacht war ich zu aufgewühlt, um ihn von dieser Erkenntnis zu berichten. Doch anders als erwartet wirkt er nicht sonderlich überrascht von dieser Neuigkeit.

„Du wusstest es", stelle ich fassungslos fest, nachdem ich eins und eins zusammengezählt habe. Carlos zieht seine Hand weg und senkt den Blick. Mit Tränen in den Augen stoße ich den jungen Mann von mir fort. „Seit wann hast du davon gewusst?"

„Seit einer Weile schon", gesteht Carlos mir ehrlich.

„Was bedeutet eine Weile?", will ich wissen.

„Seitdem du im Krankenhaus gelegen hast", antwortet Carlos. Seine grünen Augen huschen über mein Gesicht und ich glaube in ihnen eine Spur von Reue zu entdecken. Doch für Reue ist es längst zu spät.

„Dass Barbara und meine Mutter mir immer noch nicht die Wahrheit sagen, wundert mich nicht. Aber du...", murmele ich kopfschüttelnd. Enttäuscht wende ich den Blick von meinem Gegenüber ab. Ich dachte wirklich, dass Carlos ehrlich zu mir ist. Doch wie sich herausstellt ist er genauso ein Lügner wie alle anderen. „Von dir habe ich etwas Anderes erwartet"

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