Kapitel 24

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Zwei quälend lange Tage sind seit meiner Einlieferung ins Krankenhaus vergangen. Bisher habe ich nichts von Carlos gehört.

Barbara und meine Mutter verbringen die meiste Zeit an meiner Seite, wobei meine Mutter es nach wie vor meidet mich länger als nötig anzusehen, falls sie es überhaupt wagt ihre Augen auf mich zu richten.

Wenigstens hat Barbara sie davon überzeugen können, noch länger im Hotel zu bleiben, um dem Zorn meines Vaters zu entgehen. Doch sowohl Barbara als auch ich wissen, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Spätestens nach meiner Entlassung müssen wir eine andere Lösung für dieses Problem gefunden haben.

„Die Röntgenbilder zeigen eine deutliche Verbesserung Ihres Zustandes", teilt Dr Radtke mir in der Visite mit. Mit meiner Akte in der Hand steht er vor meinem Bett. Durch seine Brillengläser blickt er zwischen mir und meinen Unterlagen hin und her.

Schließlich klappt er die Akte zu und reicht sie seiner Assistentin, welche sich diese unter den Arm klemmt. In dem Moment betritt eine Frau  den Raum, welche höchstens in Ihren Dreißigern ist und sich mir als Dr Hansen vorstellt.

Sie ist Psychologin.

„Es trifft sich gut, dass ich Sie heute alleine antreffe, da ich Sie etwas fragen muss. Ihre Mutter sagte mir, dass sie die Treppen hinabgestürzt seien", setzt Dr Radtke an.

Das Blut in meinen Adern gefriert, denn ich kann mir gut vorstellen, worauf dieses Gespräch hinauslaufen wird. „Jedoch kann ich mir das bei der Verteilung Ihrer Hämatome nur sehr schwer vorstellen.."

Unruhig blicke ich zwischen Dr Radtke, seiner Assistentin und der Psychologin hin und her. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden", lüge ich und wende schließlich meinen Blick ab.

„Frau Machwitz", setzt die Psychologin an und nähert sich meinem Bett. Am liebsten würde ich aufstehen und flüchten, doch der Schlauch in meinem Körper und die Infusion, die mir vor wenigen Minuten von der jungen Assistentin angeschlossen wurde, die mich nun mitleidend ansieht, machen es unmöglich. „Häusliche Gewalt ist leider keine Seltenheit. Betroffene nehmen den Täter zumeist in Schutz. Aus Angst, aus Scham, aus Schuldgefühlen.. Ich werde Sie nicht zum Reden zwingen, aber wenn Sie reden wollen, dann scheuen Sie nicht, auf mich zuzukommen"

Schweigend verschränke ich die Arme vor meiner Brust, während ich mit den Tränen kämpfe. Dies versuche ich jedoch zu verbergen, indem ich es meide, meinen Blick zu heben.

„Alles klar...", meldet sich Dr Radtke wieder zu Wort und räuspert sich. „Ihr nächster Termin in der Radiologie ist für morgen früh angesetzt. Möglicherweise können wir Ihnen die Drainage dann auch ziehen. Jedoch würde ich Ihre Entlassung trotzdem erstmal etwas weiter nach hinten schieben"

„Okay, danke", murmele ich mit dünner Stimme.

„Wie gesagt-", setzt Dr Radtke erneut an.

„Danke", unterbreche ich ihn forsch und wiederhole mich dabei. „Ich brauche jetzt etwas Ruhe.."

„Okay", erwidert er verständnisvoll. „Wir sehen uns morgen Vormittag bei der Visite" Daraufhin verlassen Dr Radtke, seine Assistentin und die Psychologin das Krankenzimmer und wollen die Tür zuziehen. „Wollen Sie hier rein?" Verwirrt blicke ich zu der angelehnten Tür. Von hier kann ich nicht erkennen, wer vor der Tür steht. „Die Patientin wünscht Ruhe"

„Ich möchte nur kurz nach ihr sehen", höre ich Carlos Stimme. Das Blut in meinen Adern gefriert und ich spüre wieder dieses verräterische Stechen in meiner Brust.

„Lassen Sie ihn herein", sage ich und bevor ich diese Entscheidung erneut überdenken kann, drückt Carlos, der einen schwarzen Anzug trägt, die Tür zu meinem Krankenzimmer auf. Seine grünen Augen sind von dunklen Schatten geziert, was mich vermuten lässt, dass er die vergangenen Nächte nicht sonderlich gut geschlafen hat.

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