Kapitel 30

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„Wo ist Carlos?", frage ich Barbara, als ich am nächsten Morgen das Esszimmer betrete und zu meiner Überraschung nur meine Mutter und Barbara vorfinde.

Barbara stellt ihre Tasse ab und wirft mir einen kurzen Blick zu. „In seiner Firma, es findet da wohl eine Teamsitzung statt", teilt Barbara mir mit.

Die Auseinandersetzung von gestern Abend liegt mir noch immer schwer im Magen.

Zögernd setze ich mich an den gedeckten Tisch und betrachte das vorbereitete Frühstück. Es sieht köstlich aus, doch mein Appetit lässt auf sich warten. Also greife ich lediglich nach der Kanne, in der sich Orangensaft befindet, und fülle mein Glas.

„Alles in Ordnung?", möchte meine Mutter nun wissen und wirft mir besorgte Blicke zu.

„Du meinst abgesehen davon, dass ich nach wie vor einen Mann heiraten muss, den ich nicht liebe und der mich nicht liebt und dass mein eigener Vater mich fast totgeprügelt hat?", platzt es frustriert aus mir heraus, bevor ich die Worte überdenken kann, die meinen Mund verlassen.

Meine Stimme zittert vor Wut. Ich weiß selbst nicht, wieso ich ausgerechnet meiner Mutter nun Vorwürfe an den Kopf werfe. Ich glaube, dass ich einfach jemanden brauche, an dem ich meine ganzen aufgestauten Emotionen auslassen kann.

Meine Mutter schluchzt und erhebt sich von ihrem Stuhl. Mit Tränen in den Augen stürmt sie aus dem Esszimmer, sodass nur noch Barbara und ich zurückbleiben.

Seit unserem kurzen Gespräch gestern Abend ist etwas anders, die Stimmung zwischen uns wirkt deutlich angespannt. Es ist, als würde sie etwas vor mir verheimlichen. Aber was?

„So kannst du nicht mit ihr reden. Sie ist deine Mutter", murmelt Barbara und schüttelt fassungslos den Kopf.

Natürlich weiß ich selbst, dass mein Verhalten ihr gegenüber nicht fair ist. Aber wieso dürfen alle mit mir reden, wie sie wollen und Entscheidungen in meinem Namen treffen, aber sobald ich einmal den Mund öffne, ist direkt alles unangebracht und falsch, was ich sage?

„Carlos wird mich trotz dem, was mit meinem Vater passiert ist, heiraten und ihm sein Geld geben", teile ich Barbara mit. Das ist natürlich keine Entschuldigung für meinen emotionalen Ausbruch, aber eine Erklärung.

Barbara wirkt nicht sonderlich überrascht von meinen Neuigkeiten. „Es ist nur zu deinem Besten", murmelt die Frau mittleren Alters, wobei sie mir nicht einmal in die Augen sehen kann.

„Zu meinem Besten?!", will ich aufgebracht wissen und schüttele heftig mit dem Kopf. Wieso sind alle der Meinung, dass sie besser als ich selbst wüssten, was das Beste für mich ist? „Einen Mann zu heiraten, den ich nicht liebe, mein Leben wegzuwerfen als sei es nichts wert..- das soll das Beste für mich sein?!"

Barbara verzieht das Gesicht, als würde sie Schmerzen erleiden. Doch sagen tut sie nichts.

„Und jetzt fällt dir nichts mehr ein?", frage ich aufgewühlt. Ein Schluchzen entweicht meiner Kehle. Mein Herz rast vor Wut und in meiner Brust verspüre ich einen unangenehmen Druck, der mich hörbar nach Luft ringen lässt. „Ich frage mich, ob du wie meine Mutter auch nichts dazu zu sagen hättest, wenn es sich um deine eigene Tochter handeln würde, um die es hier geht!"

Barbara erstarrt und ich merke, wie ihre Augen glasig werden. Ich muss einen wunden Punkt bei ihr erwischt haben, doch ich bin so wütend, dass ich gar nicht daran denke aufzuhören.

„Aber das wirst du wohl nie verstehen können, da du nie eigene Kinder gehabt hast", setze ich also noch einen oben drauf. Mit aufeinander gepressten Lippen senkt Barbara den Blick. Tränen laufen ihr über die Wangen. Es tut mir leid, doch ich bin zu stolz mich zu entschuldigen.

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