19

5.9K 199 29
                                    


„Bist du taub Mädel?", schnauzte er, als ich nicht reagierte.

Verwirrt neigte ich meinen Kopf zur Seite und sah ihn fragend an.

Welches Auto?
Ich hatte absolut keine Ahnung wovon er sprach.

War er etwa doch kein Gangmitglied?

„Es tut mir leid ... Sir ... aber ich verstehe nicht, was Sie meinen", brachte ich ungläubig heraus.

Er schien mir das nicht abzukaufen und beugte sich wütend zu mir herunter um mich anzufauchen.

„Tu doch nicht so blöd!
Ich hab gestern bei meiner Perle übernachtet, die wohnt hier gegenüber", fing er an und zeigte mit dem Kopf auf die andere Straßenseite.
„Und als ich heute morgen weg wollte, sah ich, dass eine fette Beule an meiner Tür ist.
Ich dachte ich spinne! Und da fiel es mir ein:
Ich hab genau gesehen wie du gestern einen Besoffenen zu deinem Hauseingang geschleift hast!
Bestimmt ist der gefahren und hat meine Karre dabei gerammt."

Ok, so langsam dämmerte es mir.
Er war anscheinend nur ein „Nachbar", der dachte, wir hätten sein Auto demoliert. Er kannte ihn gar nicht, sondern hatte nur gesehen, wie ich ihn gestern hereingebracht hatte und dann heute morgen falsche Schlüsse gezogen, nachdem er den Schaden bemerkt hatte.

Ich schüttelte verdattert den Kopf.
Es schien alles ganz anders, als ich es vermutet hatte.

„Sir, ich versichere Ihnen, wir haben damit nichts zu tun. Und mein Freund war auch nicht betrunken, sondern hatte ... eine OP", stellte ich klar und hoffte, er würde mir meine Worte glauben.

Leider schien dem nicht so.
Zornig verkniff er seine Lippen und formte Fäuste mit seinen Händen.

„Ach lüg doch nicht!", brüllte er, schubste mich ruckartig zur Seite und stapfte mit seinen dreckigen Springerstiefeln in meine Wohnung - direkt ins Wohnzimmer.

Oh Gott! Was hatte er bloß vor?

Zögerlich folgte ich ihm und stellte fest, dass mein Patient vom Sofa aus alles mitgehört hatte.

Der Glatzkopf musterte ihn grimmig von oben bis unten, blieb dabei aber stumm.
Dann sah er sich im Raum um, drehte sich weg und lief auf meine Fotowand zu.

Verwirrt folgte ich ihm mit meinen Augen.

„Das ist dein Auto?", fragte er und tippte mit seinen fettigen Fingern gegen das Glas eines Bilderrahmens.

Auf dem Foto war mein kleines rotes Auto zu sehen, vor dem ich mit meinem Opa stand und stolz meinen Schlüssel in die Kamera hielt.
Ich hatte es mir von meinen ersten Gehältern als Krankenschwester gekauft und liebte es heiß und innig.

„Ja, das ist mein Auto. Warum?"

Stöhnend sah der Kerl mich an. Anscheinend war ihm ein Licht aufgegangen.

„Dann warst du es wirklich nicht. Die Lackspuren an meinem Wagen sind blau - nicht rot", stieß er hervor.

Es war ihm deutlich anzumerken, dass er darüber nicht gerade erfreut war. Es schien mir, als hätte er gerne uns als Täter entlarvt und uns dann die Hölle heiß gemacht. So Jemand war er.

Etwas erleichterter setzte ich mich auf die Sofakante.

Der Aggressive wandte sich wieder meinem Patienten zu.

„Und du Junge? Hast du ein blaues Auto mit dem du gestern meinen Wagen gerammt hast?", fragte er ihn durch die Zähne zischend.

Selbstsicher blickte er ihn an.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt