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Sprachlos starrte ich ihm in seine weit aufgerissenen Augen und konnte kaum glauben, was er da gerade von sich gegeben hatte.

Stimmte es, dass er die Stimme kannte? Oder vielleicht sogar den dazugehörigen Mann in Person?
Wenn das so wäre, wären wir einen großen Schritt weiter bei der Suche nach seiner Vergangenheit.

„Wirklich?", fuhr ich fragend hoch, während meine Hand weiterhin auf seiner Brust ruhte.
„Wer ... wer ist es?"

Nervös abwartend ließ ich meine Blicke zwischen seinen Augen hin- und herspringen.

Doch er starrte bloß nachdenklich auf das Radio und ich konnte förmlich spüren, wie es in ihm ratterte.

Ich hoffte so sehr, dass er sich dieses Mal an irgendetwas erinnern konnte, das uns weiterbrachte.

Stille Sekunden vergingen und ich stellte fest, dass sich mein Herz mehr als doppelt so schnell bewegte, wie der Zeiger der großen Standuhr.

Dann löste er seine Augen vom Empfangsgerät und sah mich an. Sein Blick wirkte alles andere als zuversichtlich und ließ mich bereits schlucken, bevor er sich überhaupt äußern konnte.

„Leider weiß ich es nicht ... schon wieder nicht ..."
Fassungslos schüttelte er den Kopf.
„Aber ich kenne diese Stimme und werde das Gefühl nicht los, dass sie mir nicht nur aus dem Radio bekannt vorkommt."

Nickend bestätigte ich ihm, dass ich ihn verstand.

„Okay. Lass uns morgen beim Sender anrufen und nach seinem Namen fragen. Vielleicht können wir ein paar Informationen über ihn bekommen. Bestimmt gibt es auch Bilder von ihm im Internet." Ich war mir so sicher, dass uns diese Aktion ein Bisschen weiterhelfen konnte. Irgendwie mussten wir doch vorankommen.

Mein Patient stimmte mir zu.
„Ja, der Plan klingt gut. Ich wünsche mir einfach so sehr, dass wir endlich Glück haben."

Nach seinen Worten spürte ich einen kurzen Stich in meiner Brust. Wie verzweifelt er war, wurde mir wieder einmal klar.

Es musste einfach klappen.

-

Nachdem wir das Curry gegessen und uns über Belangloses unterhalten hatten um uns etwas von den aufreibenden Situationen des Tages abzulenken, spülten wir ab und räumten auf, ehe ich mir noch einmal seine Wunden ansehen wollte.

Mein Patient hatte sich Hoodie und Shirt ausgezogen und sich auf einen der zwei Sessel gesetzt.

Vorsichtig beugte ich mich zu ihm hinunter und entfernte den Verband, der die lange Naht verdeckte, die sich vom Hüftknochen bis zur Mitte seines Unterbauches zog.

Erstaunt sah ich zu ihm auf.

„Sie sieht wirklich gut aus. Die Rötung ist stark rückläufig und die Heilung geht gut voran.
Ich denke, dass ich bald die Fäden ziehen kann."

Er strahlte mich an.

„Das sind ja endlich mal positive Nachrichten. Ich danke dir sehr für die Pflege."

„Mache ich gerne. Aber trotzdem musst du die Medikamente weiterhin nehmen und sollst dich körperlich auf jeden Fall noch schonen. Wir dürfen nichts riskieren", sagte ich meinem Patienten.

„Natürlich. Das werde ich. Die Schmerzen waren furchtbar und ich will definitiv nicht, dass sie zurück kommen."

„Gut", begann ich, bevor ich einen neuen Verband auflegte und ihn vorsichtig befestigte, ehe ich mich wieder aufrichtete und ihm seine Oberteile in die Hand gab.

„Bist du sehr müde, oder wollen wir uns noch einen Film ansehen?", fragte er mich, nachdem er seinen Kopf durch den Ausschnitt des Hoodies gesteckt hatte.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt