80 (Lesenacht: Kapitel 2/5)

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Am nächsten Morgen stand Connor bereits in Cassies Küche und leerte die letzten Tropfen Kaffee aus seiner Tasse, als ich die Treppe herunter kam und gähnte.

Ausgeschlafen war ich absolut nicht, denn ich hatte mich unzählige Male von einer auf die andere Seite gewälzt, da ich beinah stündlich wach wurde - einerseits weil mich meine verbotenen Gefühle für Kieran fertig machten und andererseits, weil ich wusste, dass wir das Beweismaterial nur wenig später bei Mr. Bellinger abliefern würden.

„Morgen", sagte ich in die kleine Runde und setzte mich an den Küchentisch.

Währenddessen eilte Cassie herbei und drückte auch mir eine Tasse Kaffee in die Hand.

„Morgen", erwiderten sie und Connor beinah im Chor.

-

Kurz darauf brachen wir auf und machten uns auf den Weg mach Helena - Montanas Hauptstadt, um dort auf Walter Bellinger zu treffen.

Connor hatte noch am Vorabend mit der Pressestelle der Polizei dort gesprochen und ausgerichtet, er als Journalist habe äußerst brisantes Filmmaterial in seinem Besitz, welches von hoher Bedeutung für die Justiz wäre.

Da er selbst im Medienbusiness arbeitete, wusste er genau, welche Worte er benutzen musste, um das Interesse der Verantwortlichen zu wecken und nicht abgewimmelt zu werden, wie wahrscheinlich viele andere, die sich einfach nur wichtig machen wollten, aber inhaltlich nichts vorzuweisen hatten.

Kierans Bruder hatte sich beruflich - als Journalist von PG FM Radio - bei der Pressestelle angemeldet, um möglichst seriös zu wirken. Auch seinen Ausweis hatte er sich umgehängt. Cassie und ich waren in Bleistiftröcken und weißen Blusen gekleidet und machten den Anschein als wären wir seine Assistentinnen.

Wir hofften so sehr, dass unser Plan damit aufgehen würde und sie uns zu Mr. Bellinger durchließen.


Als wir nach knapp zwei Stunden Fahrt auf den Parkplatz vor dem Hintereingang des großen Polizeireviers fuhren, schoss mein Puls schlagartig in die Höhe.

Ich wusste: jetzt ging es um alles oder nichts.

Würden sie uns zum wichtigsten Mann durchlassen?

Würde er uns anhören?

Würde er uns glauben?

Würde er gegen seine eigenen Leute ermitteln?

Würde er die Braxtons verhaften und Kieran freilassen?...


Erst als Connor mir die Autotür von außen öffnete, bemerkte ich, dass ich gedanklich total abgedriftet war und gar nicht realisiert hatte, dass er und Cassie bereits ausgestiegen waren.

Kurz schüttelte ich meinen Kopf um zur Besinnung zu kommen und mich konzentrieren zu können, bevor ich auf den Parkplatz trat und die Tür hinter mir schloss.

Ich richtete meinen Rock, zupfte mir die Bluse zurecht, nahm ein paar tiefe Atemzüge und sah Cassie an.
„Na dann mal los."

Sie nickte und wendete sich an Connor.

„Wir sind bereit"

Auch er nickte.

„Gut, dann gehen wir jetzt rein. Alles ist besprochen. Wenn wir uns genauestens an den Plan halten, haben wir gute Chancen, dass er aufgeht und mein Bruder schon bald frei ist."

Mein Magen begann zu krampfen, doch ich wusste, ich durfte jetzt nicht die Nerven verlieren und die Mission gefährden.

Ich schloss meine Augen, hielt inne, öffnete sie kurz darauf wieder und nickte dann ebenfalls.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt