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Cassie und ich hatten den ganzen restlichen Tag damit verbracht Stevens Arbeitszimmer zu durchwühlen und nach Hinweisen zu suchen, die die Unschuld von Kieran beweisen würden.

Ich hatte ihr mittlerweile davon erzählt, dass der junge Mann mit dem Steven zusammenarbeitete und diese Reise mit mir angetreten hatte, Will hieß.
So ganz konnte ich diese Tatsache allerdings noch nicht akzeptieren.
Tief in meinem Herzen würde er immer Kieran bleiben. Die Illusion Kieran gehörte zu mir und der echte Will... zu Roxanne...

Bei diesem Gedanken musste ich schwer schlucken. Meine Gefühle für ihn abzustellen, war schwerer als ich vermutet hatte.


Nach etlichen Stunden, in denen wir großes Chaos rund um Stevens Schreibtisch verbreitet hatten, waren wir dann tatsächlich auf etwas gestoßen, von dem wir dachten, es könnte uns möglicherweise weiterhelfen.

Es war ein Schlüssel aus Messing, den wir in einer Schublade ganz hinten fanden.

Ein Schlüssel, den Cassie noch nie zuvor gesehen hatte.

Begutachtend beäugte sie ihn.

„Er kommt mir absolut unbekannt vor. Ich bin mir auch ganz sicher, dass er in kein Schlüsselloch in diesem Haus passt.
Ich denke auch nicht, dass er irgendetwas aufschließen kann, das sich auf einer von Stevens zwei Wachen befindet. Nach alldem was passiert ist kann ich mir nicht vorstellen, dass er dort nochmal etwas weggeschlossen hat, das ihm wichtig war."

Da war mit Sicherheit etwas dran.

Vorsichtig lehnte ich mich an die Tischkante und nahm den Schlüssel noch einmal selbst genaustens unter die Lupe, nachdem Cassie ihn mir gereicht hatte.

Langsam fuhr ich das Material mit meinen Fingern ab.

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich so einen Schlüssel schonmal irgendwo gesehen hatte.

Nur wo?

Ich konnte mich nicht erinnern...

„Na komm, ich koche uns etwas. Vielleicht hilft es uns ja beim Grübeln, wenn wir etwas im Magen haben", schlug Cassie nach einer Weile vor.

Nickend umschloss ich das Messingteil mit meinen Fingern und ging ihr nach.

-

Während Cassie kochte, hatte ich meinen Opa aus ihrem Garten heraus angerufen und ihm mal wieder eine neue Lügengeschichte über meinen Univorbereitungskurs aufgetischt.
Es brach mir das Herz, dass ich ihm erneut Märchen erzählen musste, doch ich hatte keine Wahl, wenn ich ihn beschützen wollte.
Ich hoffte sehr, dass ich in ein paar Tagen wieder bei ihm sein würde und das alles irgendwie hinter mir lassen konnte.


Nachdem Cassie und ich zu Abend gegessen und abgewaschen hatten, fragte ich sie, wie sie Steven kennengelernt hatte, was sie beruflich machte, welche Hobbies sie besaß und wie sie versuchte, ihren Alltag nun ohne ihn zu meistern und mit diesem schrecklichen Verlust klarzukommen.

Ich erfuhr, dass sie Erzieherin und begeisterte Schwimmerin war. Sie erzählte mir, dass sie ihren Mann bei einem Schwimmwettkampf vor vier Jahren kennenlernte und es sofort zwischen ihnen gefunkt hatte.

Doch sie sagte auch, dass sie immer Angst gehabt hätte, ihren Mann zu verlieren, weil er nunmal Polizist war, der stets bereit war sein Leben für andere zu riskieren und daraus auch kein Geheimnis machte.

„Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder richtig glücklich sein kann, doch... ich bin mir sicher, dass sich Steven, wenn er gemusst hätte, einen Tod wie diesen gewünscht hätte. Das ist das, was mich ein ganz kleines Bisschen trösten kann.
Er hätte gewollt, im Kampf für das Gute zu sterben... und das hat er geschafft.
Und deshalb hoffe ich so sehr, dass ich dich erfolgreich dabei unterstützen kann, deine Mission zu Ende zu bringen Lynn. Denn sie ist ja nicht nur deine, sondern auch die von Will... und meinem Mann."

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt