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Nervös kratzte ich mich am Ellenbogen und überlegte, wie ich ihm diese Neuigkeiten am besten beibringen sollte.

Ich meine, wir hatten schon zusammen in einem Bett gelegen, und das erst vor ein paar Stunden, aber jetzt und hier war die Situation eine komplett andere.
Wir mussten im Ehebett meiner Eltern zusammen einschlafen und auch wieder aufwachen und das möglicher Weise sogar über mehrere Wochen.

Ich hoffte, er würde etwas Verständnis zeigen, nicht verärgert sein und merken, dass es eigentlich keine andere Möglichkeit gab...


Langsam ging ich auf den zweiten Sessel zu und ließ mich in das weiche Leder plumpsen.

Angespannt beobachtete ich meinen Patienten dabei, wie er schon wieder damit begann zu gähnen.

Okay, ich musste es endlich loswerden. Jetzt oder nie.

„Ähm..."
Na klasse, so sollte absolut jeder Satz starten.
Innerlich schlug ich mir die flache Hand gegen die Stirn.

Neuer Versuch.

„Also ... ich denke wir sollten uns langsam mal hinlegen..."

Sofort fing er an zu nicken und unterdrückte ein erneutes Gähnen.

„Es gibt da nur ein kleines Problem..."

Meine Wangen brannten auf einmal.

„Oh, okay.
Welches denn?", fragte mein Gast verwundert.

„Tja ... es ist so ...", ich schaute auf meine Fingernägel um seinem Blick auszuweichen.
„ ... ich habe zuletzt vor fast 20 Jahren hier geschlafen, daher ist mein Bett ... ein Kinderbett.
Somit käme nur noch das Doppelbett meiner Eltern in Frage.
Ein Sofa haben wir ja hier nicht und ...", weiter kam ich nicht, da mein Patient mir ins Wort fiel.

„Verstehe...", kam von ihm.

Allein anhand seiner Mimik und des Tonfalls konnte ich nicht einschätzen, wie er die Situation bewertete.

Er wusste anscheinend worauf ich hinaus wollte. Wie furchtbar fand er das Ganze wohl?

Verunsichert kniff ich meine Lippen zusammen und wartete darauf, ein Zeichen von ihm zu bekommen.

Doch außer der unglaublich laut tickenden Standuhr hinter mir, hörte ich nichts.

Tick tack tick tack tick tack tick

„Es tut mir leid ...", unterbrach er dann die Stille.

Okay, ich hatte es geahnt. Ein kurzer Stich machte sich in meiner Brust bemerkbar.

Er wollte nicht in einem Bett mit mir liegen und entschuldigte sich deshalb dafür. Schnell versuchte ich seine Entscheidung zu rechtfertigen.

„Ja, ich bin da ganz bei dir.
Es wäre irgendwie ... merkwürdig wenn wir in einem Bett schlafen würden. Ich meine, wir kennen uns kaum und außerdem brauchst du dringend deinen Platz und genügend Ruhe um dich richtig auskurieren zu können. Von daher wollte ich vorschlagen, dass ich mir die beiden Sessel zusammenschiebe und du dich in das Doppelbett legst. Das ist die beste Lösung.
Das Schlafzimmer ist übrigens oben. Das Bett bezieht mein Opa alle paar Wochen neu und legt dann einen Schutz drüber. Den nimmst du einfach ab und dann kannst du dich hinlegen.
Ich gehe jetzt noch schnell ins Bad", rief ich hektisch und stand auf um in Richtung WC zu verschwinden.

„Aber...", hörte ich ihn noch sagen, bevor ich „Gute Nacht dann", rief und die Badezimmertür hinter mir schloss...


Seufzend lehnte ich mich dagegen.

Dass er nicht begeistert darüber sein würde ein Bett mit mir zu teilen, konnte ich schon auf eine Art nachvollziehen, doch irgendwie dachte ich, dass er es vielleicht nur halb so schlimm finden und es einfach akzeptieren würde.

Hatte ich mir unseren Moment vor ein paar Stunden nur eingebildet, als ich dachte, er würde mich näher zu sich hinziehen wollen um mich zu küssen, bevor mein Handy klingelte?
Oder wollte er mich vielleicht einfach bloß noch einmal umarmen, weil er schlicht Mitleid mit mir hatte?
Oder wollte er mich tatsächlich küssen, war dann aber im Nachhinein doch froh über die Unterbrechung und die Tatsache, dass es nicht passiert ist?

Hatte die Flucht etwas zwischen uns verändert?

Ich wusste es nicht.

Aber vielleicht war ein bisschen mehr Distanz zwischen uns nach dieser Sache wieder angebracht...


Langsam zog ich mich aus und ging auf die Dusche zu. In meinem Kopf herrschte immer noch Chaos.

Grübelnd stand ich unter der Brause, stellte das Wasser aber nicht an.

Auf was wartete ich denn? Langsam aber sicher wurde mir kalt...

Dann hörte ich plötzlich ein zaghaftes Klopfen an der Badezimmertür.

„Lynn, hör mal ...", begann mein Gast ohne eine Antwort auf sein Klopfen von mir bekommen zu haben.

Ach du Schande!
Ich hatte nicht abgeschlossen!

Er durfte jetzt auf gar keinen Fall reinkommen. Und durch die Tür eine weitere Entschuldigung dafür zu hören, dass er nicht neben mir liegen wollte, konnte ich jetzt auch nicht ertragen.

Daher griff ich hastig nach der Duschamatur und riss den Hebel auf.

Sofort prasselte das Wasser mit beachtlicher Lautstärke auf mich herab und erstickte die aufkommenden Worte meines Patienten im Keim, sodass ich kein weiteres Geräusch mehr von ihm hören konnte.

Ich hoffte nur, er hatte nicht mitbekommen, dass ich seine ersten Worte doch noch hätte mitkriegen können.

Ich wollte keinen Streit mit ihm, denn ich mochte ihn. Ich hatte nur absolut keine Lust darauf, Gefühle für ihn zu entwickeln, die er nicht erwidern konnte, und auch schon mal gar nicht in einer Situation wie dieser hier: Auf der Flucht.

Doch abstreiten, dass er mich nicht komplett kalt ließ, konnte ich auch nicht...


Ich genoss das kühle Nass auf meiner Haut und versuchte den Stress dieses verrückten Tages buchstäblich abzuwaschen.

Irgendwann hatte ich mich so sehr in meinen Gedanken verloren, dass das warme Wasser aufgebraucht war und ich mich deshalb doch dazu entschied, die Dusche zu verlassen und mich abzutrocknen.

Immer noch grübelnd und mit meinem langen Shirt an, das ich zum Schlafen tragen musste, verließ ich kurz darauf das Bad und blickte mich mit zusammengekniffenen Augen nervös im Flur um.

Alles war dunkel und still.

Meinen Gast konnte ich nirgendwo erspähen.

Anscheinend war er meiner Anweisung gefolgt und hatte sich ins Bett meiner Eltern gelegt.

Oder ...?

****

Hi ☺️,

ein neues Kapitel ist da und Lynn wird enttäuscht.
Mal sehen, ob und wie sie die Nacht auf dem Sessel meistert... oder doch nicht?

Bis bald, F. ☺️

P.S.: Vielen Dank für 3000 reads und über 500 votes. Ich freue mich unglaublich darüber 😘 Ciao

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt