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Im Wohnzimmer der Jacobs' roch es nach frischen Zitrusfrüchten.

Ich saß auf der grünen Couch und beobachtete die Frau von Steven dabei, wie sie zwei Gläser mit Orangensaft auf den Tisch vor mir stellte und dann gegenüber von mir Platz nahm.

Ich konnte immer noch nicht so recht glauben, dass sie mir wirklich zuhören und helfen wollte. Und das, obwohl es ihr doch selbst so schlecht ging.

„Vielen Dank dafür, dass ich hier sein darf, Cassie. Es bedeutet mir mehr als ich... ausdrücken kann."

„Sehr gerne. Ich denke, ich bin es dir schuldig, zu sagen was ich weiß."

Das hatte Connor mir auch so ähnlich gesagt und dann über Kierans Vergangenheit ausgepackt.

Ein heißer Blitz durchfuhr meinen Körper.

Bedeutete das, das was ich hoffte? Würde ich nun endlich die ganze Geschichte erfahren?

Mein Magen fing an sich zu drehen.

„Aber ich denke...", begann Cassie „... ich denke zu erst muss ich deine, beziehungsweise eure Geschichte hören. Ich muss erfahren was du weißt und dann sage ich dir, was ich weiß."

Das konnte ich voll und ganz nachvollziehen.

Obwohl ich Cassie Jacobs eigentlich gar nicht kannte, fühlte es sich mit ihr doch unglaublich vertraut an. Daher hatte ich keine Bedenken dabei, auch ihr die Geschichte zu erzählen, die ich am Vortag schon Connor offenbart hatte.

„Natürlich. Das verstehe ich.
Okay, also... es war so: Ein junger Mann wurde mit schweren Schussverletzungen ins St. George's Hospital eingeliefert - er kam mit dem Helikopter..."

Und dann fing ich an, auch ihr zu berichten, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte. Einige unwichtige Details und auch das, was sich zwischen Kieran und mir abgespielt hatte, ließ ich wieder aus.

Cassie nickte zwischendurch, nippte an ihrem Orangensaft und hörte aufmerksam zu.

„... und dann bin ich hier gelandet. Nachdem auch der Bruder meines Patienten mir nicht weiterhelfen konnte, war ich mir sicher, dass du die Einzige sein kannst, die dazu noch in der Lage wäre. Die Einzige, die vielleicht die Wahrheit kennt."

Nach meinem langen Vortrag pochte mein Herz bis in meinen Hals und ich fragte mich erneut, wie lange es noch so weitergehen würde, bis es schließlich versagte.

Tief ein- und ausatmend schloss ich die Augen und versuchte damit wieder einmal mich zu beruhigen.

Doch ich wusste, es würde auch dieses Mal nicht klappen, denn das was folgen würde, wäre das, auf das ich seit knapp drei Wochen wartete.

Die Auflösung. Die Wahrheit. Die Erklärung... und vor allem... das Ende.

Das Ende meiner Reise, meiner Aufregung, meiner Planlosigkeit, meiner Heimlichtuerei, meiner Lügen und... meiner Gefühle für Kieran.

Und somit auch ein Anfang. Ein Neuanfang.


Als ich meine Lider wieder öffnete, blickte ich in Cassies braune Augen.

Sie war bereit. Bereit mir zu sagen, was ich so sehr hören wollte.

Auch sie holte tief Luft, bevor sie ansetzte.

„Was für eine Geschichte Lynn, Wahnsinn! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sie für ausgedacht, oder für den Inhalt eines Kinofilms halten."

Kurz schmunzelte sie und berührte damit etwas in mir. Dieses Lächeln stand ihr so gut, doch sie schien es beinah verlernt zu haben.


„Also gut, ich sage dir was ich weiß. Ich beginne von vorne..."

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt