Kapitel 8

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Ich hatte wirklich mein erstes Date. Sonntag, der 6. März war wirklich der erste Tag, an dem ich mich mit einem Mann getroffen habe. Und immer wieder wiederhole ich die Worte in meinem Kopf. Ich hatte ein Date mit einem Mörder! Ich bin auf dem Sofa eines Mörders eingeschlafen. Wie krank bin ich bitte? Ich nehme mir gerade selbst Blut ab, um es gleich zu den Kollegen der klinischen Chemie zu bringen. Ich habe meiner Chefin erzählt, dass ich gestern das Gefühl hatte, auf der Hochzeit etwas untergejubelt bekommen zu haben, woraufhin sie unten Bescheid gegeben hat. Ich konnte nicht schlafen. Wie am Tag zuvor habe ich mich im Bett hin und her gewälzt, bin gefühlt alle fünf Minuten bis fünf Uhr aufgewacht und habe dann aufgegeben. Ich musste sowieso beten, also war es mir egal, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Die Zeit habe ich genutzt, damit meine lipidreiche Hautcreme schön einzieht, bevor ich meine Sonnencreme aufgetragen habe und ich hatte sogar noch genug Zeit, mir die Nägel wieder im dunklen Lila von gestern zu lackieren. Ich bin auch wieder gelaufen. Das tut mir verdammt gut. Ich trage auch dieselbe Frisur von gestern, auch wenn im Labor die Haare eigentlich nur geschlossen getragen werden dürfen - aber daran halten sich nicht alle. Chiara trägt ihre Gelnägel, ihre Kollegin ihr Bettelarmband und ihre zu lange Kette mit offenem Kittel. Meine Haare werden wenigstens von Spangen zurückgehalten und ich muss sagen, dass sie überraschend glatt geblieben sind, dafür, dass ich locken habe. Die Kombination aus Ölversieglung und Haarspray nach dem Glätten klappt echt gut.

Ich breche den Stab der Monovette ab, lege sie in die Nierenschale und halte den Tupfer an die Einstichstelle meiner Ellenbeuge gedrückt bis ich Tape zum Kleben gefunden habe. Jetzt kann ich runter damit und auch Handschuhe in S aus dem Abstellraum zu holen. Ich latsche die erste Etage runter, wo ich auf eine Kollegin aus der Pathologie treffe. "Gehst du zufälligerweise am Abstellraum vorbei?" Ich nicke. "Kannst du mir eine Flasche Hämalaun mitbringen?" Wenn's sein muss. Ich nicke und laufe wortlos weiter, gebe unten meine Monovette für die Untersuchungen ab, laufe dann an den Toiletten vorbei zum Abstellraum. Ich brauche ein wenig, bis ich den passenden Schlüssel finde, benötige aber weniger als zehn Sekunden bis ich Handschuhe und die große, dunkle Flasche Hämalaun habe. Ich nehme einfach noch eine. Wennschon, dennschon. Dann haben sie noch eine oben im Vorrat. Ich schließe die Tür wieder, muss ein wenig mit den zwei dicken Glasflaschen und der Packung Handschuhe jonglieren, bis ich die Tür abschließen kann, schaffe es aber mit Bravour und kann schon wieder hoch, wenn mich dieser blauäugige Mörder nicht plötzlich mit seiner großen Statur zu Tode erschrecken würde! "Scheiße!" FUCK! Die Flaschen fallen mir durch den Zusammenstoß runter. Nein! Ich bin gefickt! Sowohl ich als auch dieser gottverdammte Mörder weichen zurück. Er schneller als ich. Oh Scheiße! Meine weißen Air Force werden durch die Farbe Rot, von meiner hellblauen Jeans will ich nicht anfangen. Gott! Ich hasse diesen Tag jetzt schon! Ich bin am Arsch!

"Was ist passiert?" Scheiße, das ist die Oberleitung. Ich atme tief durch. Ich darf nicht ausrasten. Alles ist gut. Es wird alles wieder gut. "Es war meine Schuld. Würden Sie bitte ein nasses Tuch für Ihre Mitarbeiterin holen?" Er tritt näher zu mir heran. Mir ist schon verdammt heiß, da macht er es nicht besser, wenn er mich behutsam an meinen Oberarmen festhält. Was zur Hölle sucht er hier?! "Hast du dich verletzt?", fragt er mich. Ich weiche seinen hellen Augen aus, sehe wieder auf meine befleckten Schuhe. Sie sind zwar schon abgeranzt, aber so verdammt bequem. "Ich ersetze dir deine Kleidung. Hast du dich geschnitten?" "Passt schon und nein, habe ich nicht", antworte ich. Ich glaube zumindest, keine Scherbe abbekommen zu haben. Meine Oberleitung kommt mit einem feuchten Tuch zurück und natürlich sind urplötzlich ganz viele Mitarbeiter im Flur. "Müsst ihr nicht irgendwas tun? Anrufe tätigen oder E-Mails schreiben?", frage ich schroff. Was starren sie so blöd? Als ob ihnen noch nie etwas aus der Hand gefallen ist. "Herr Dastan, ich entschuldige mich für diesen Unfall. Wir kommen für den Schaden Ihrer Kleidung auf." Ach und ich muss mich selbst darum kümmern? Ich verdrehe meine Augen. "Passt schon. Ich kümmere mich um alles. Lassen Sie mir die Rechnung für die Chemikalien zukommen. Ich komme gleich nach. Sie können schon in den Konferenzraum." Der blauäugige Geschäftsmann nimmt meiner Oberleitung das Tuch ab und zeigt nachträglich auf den Raum, damit sie endlich verschwindet. Das ist mir so peinlich!

Durch den Weg deines HerzesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt