Kapitel 41

11.1K 575 663
                                    

Die Tage vergehen erstaunlich gut für meine Verhältnisse. Azad besorgt täglich Bubblegum-Eis einer anderen Firma, weil er sein Versprechen aus Dubai halten will, das ich schon längst vergessen habe. Noch habe ich nicht den einen guten gefunden, aber Eis mit Keksstücken geht auch. Ich muss gestehen, dass wir uns noch nähergekommen sind. Als er am Arbeiten war, habe ich mich gewachst und da ich zu beschäftigt war und nicht auf seine Nachrichten antworten konnte, hat er mich im Haus gesucht. Ein Glück war ich schon fertig mit meinem Intimbereich. Als ich meinen Unterkörper dann um fast 180 Grad gedreht habe, um die Hinterseite meines Oberschenkels mit dem warmen Wachs einzustreichen, kam er ins Zimmer und kurze Zeit darauf, hat er es für mich übernommen. Und bald steht mein erster Ganzkörper-Lasertermin an. Ich freue mich und hoffe, es klappt. Dann muss ich mich nicht mehr wachsen, auch wenn es Spaß macht. Ich durfte seine Oberarme enthaaren, wo er kaum wirklich Haare besitzt. Unfair. Wieso wachsen mir dann dort solche Dinger? Was auch immer. Bald wird es hoffentlich enden. Eine gute Nachricht zu all den anderen positiven Ereignissen, die sich in der letzten Zeit abgespielt haben. Was ich aber ziemlich suspekt finde, ist die Tatsache, dass Azad vor mir aus dem Bett ist. Als ich aufwachte, lag ich alleine im Bett und ich war kurz davor, Jamal mitzuteilen, dass Azad entführt wurde - um 09:38 Uhr an einem Sonntag kann Azad rein biologisch nicht wach sein. Und wo sind die Katzen?

Wenn man vom Teufel spricht: Er klopft an der Tür und oh ... er hat Frühstück dabei. Ich setze mich langsam auf, kämpfe gegen meine zuckenden Mundwinkel, als Azad doch tatsächlich das Tablett vor mir abstellt und mir einen Kuss auf die Schläfe gibt. "Wie kommt es, dass du Riesenbaby vor mir wach bist?" Mein Blick senkt sich einen kleinen Augenblick auf seinen freien, tätowierten Oberkörper. "Wenn ich ehrlich bin, habe ich vom ganzen Eis Magenschmerzen bekommen und bin davon erwacht." "Opa." Azad seufzt, als er seinen Bauch aufmunternd tätschelt. Süß. Ich will ihm das Buttermesser gegen den Kopf deshalb werfen. "Ich hätte mir viel lieber gewünscht, dass sich meine schöne Frau um mich kümmert. Immerhin wird sie in naher Zukunft eine angehende Ärztin sein." Oh ... ich muss lächeln. Verdammt stark sogar. Mir wird warm. Stimmt. Ich darf bald Medizin studieren. Ich darf bald endlich meinen Traum antreten. Ich kann mich endlich zu der Person weiterentwickeln, die ich immer sein wollte. Wie oft ich die Augen bei den ignoranten Ärzten verdreht habe und mich fragte, wie sie es schaffen konnten und ich nicht, aber jetzt ist es vorbei. "Danke", erwidere ich verlegen, als ich auf das Frühstück schaue. "Für dich alles, Schneeflocke. Das ist nicht das gesamte Frühstück. Ich dachte mir, ich mache es wie ein Menü mit mehreren Gängen. Irgendwie hatte ich Spaß daran." Süß. Am liebsten würde ich ihm deshalb einen Kuss geben.

Ich rutsche auf unserem schon so großen Ehebett zur Seite, als er sich zu mir setzt, bemerke erst jetzt die Schmerztablette neben der kleinen Pfanne mit gebratenen Tomaten. "Ich wusste nicht, ob du immer noch Schmerzen hast." Seit drei Tagen haben meine Kopfschmerzen wieder angefangen. Mal waren sie weg, mal kamen sie wieder und mal brachten die Analgetika etwas und mal nicht. Am schlimmsten ist es, wenn ich aufstehe und die Schmerzen immer noch da sind - wie gestern. Ich lag mit Azad im Bett, habe mich im abgedunkelten Zimmer an seiner Brust weiter abgeschottet, bis ich irgendwann einschlafen konnte. Ich konnte nur einige Male vom Schmerz befreit werden, als ich Azad dazu zwingen konnte, die Sehnen an meinem Nacken so fest zu drücken, dass er dachte, er würde gleich ein Gefäß einquetschen. "Geht schon wieder." "Gut." Ich schließe bei seiner großen Hand, die mir über meinen Hinterkopf fährt, die Augen. "Ich hoffe, ich habe gut gewürzt." "Werde ich ja sehen." "Ich zittere jetzt schon." "Liegt am hohen Alter", erwidere ich, während ich ein Stück Fladenbrot abreiße und in die Tomatenpfanne tunke. Doch, es schmeckt. Hat er gut gemacht. Ich nicke anerkennend. "Ich darf leben?" "Heute schon", nuschele ich kauend. Dabei tunke ich ein neues Stück Brot in das Tomaten-Zwiebel-Gemisch und halte es vor seine schönen Lippen. Mir gefällt die offensichtliche Überraschung auf seinen Zügen. Ich mag es, für Reaktionen bei ihm zu sorgen.

Durch den Weg deines HerzesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt