Kapitel 37

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"Hi!", begrüße ich meine neusten Schätze überglücklich. Die kleine graue und die orange getigerte Knolle miauen und maunzen, als sie freigelassen werden. Ich kann nicht anders, als sie gegen meine Brust zu drücken. Oh Gott, sind die goldig! "Meine kleinen Kinder", murmele ich gegen ihre winzigen Köpfe. Ich liebe Katzen. Ich werde so viel Spaß mit ihnen haben. "Du freust dich ja mehr über die Katzen, als über meine Existenz", schmunzelt Azad. Nach der vorgestrigen Auseinandersetzung haben wir beschlossen, Besuch zu uns einzuladen, statt sein Familienhaus zu betreten und mir doch jetzt die Katzen zu holen, damit ich mich nicht mehr langweile. Er arbeitet weiterhin von Zuhause und ich habe jetzt zwei miauende Kinder, die ich rundum versorgen werde. "Hast du schon Namen für sie?" Das ist die Sache. Ich bin grottenschlecht, was Namen angeht. Ich hasse es, Namen auszusuchen. "Nein. Das wird eine Weile dauern." "Nenn doch den Kater Azad und die Katze Avin." Ich schmunzele. Noch lustiger ist es, dass die Britisch Kurzhaar Dame den Kater angreift. "Würde passen", erwidere ich amüsiert. Azad nimmt den orangen Bündel in seine Hände, vollkommen verliebt in das drollige Tier, das sich an seinen Stoppeln festhalten will. Der Anblick hat etwas ... er gefällt mir. Es gefällt mir sehr, wie Azad in der Hocke ein Kätzchen in seiner Hand hält und es liebkost. In diesem grau karierten Anzug wirkt er wirklich perfekt. Er ist ein hinreißender Mann, der eine einnehmende Wirkung auf mich hat, sobald er wütend und ernst wird.

"Es steht dir", setze ich leise an. Leise, weil ich ziemlich angetan von dem Bild bin. Seine Grübchen und seine sinnlichen Lippen lassen mich in Trance fallen, obwohl sie mich gar nicht berühren. "Der Kater?" Azad lässt ihn wieder ab. Verrückt, wie viel kleiner er in seinen Händen wirkt. Ich summe bestätigend. "Der sonst so blutrünstige Chef schmilzt, wenn er von kleinen Babykatzen umgeben ist." Ich kraule die graue Katze am Kopf. "Das sind die wichtigen Aufgaben, Schneeflocke. Ich lebe ein bescheidenes, simples Leben." "Ein bescheidenes, simples Leben ... als Mafia", erwidere ich stumpf. Seine Mundwinkel zucken amüsiert. "So ist es, Schneeflocke." Seine Hand hebt sich, um über meine Wange zu fahren. Ich fröstele leicht unter seiner Berührung. Mein spöttischer Blick nimmt gänzlich ab. "Simpel, bescheiden und doch brutal, wenn es sein muss. Aber es ist nichts, was dich jemals treffen wird." Ich kann nicht sagen, wann genau die Stimmung gekippt ist, aber gerade spüre ich ein unbeschreibliches Gefühl in mir. Azads eisblauen Augen wirken so fesselnd und so einnehmend, dass ich das Gefühl habe, in ihnen zu schwimmen. Um mich herum dreht sich alles. Mein Körper gibt erschreckenderweise unter seiner Berührung nach. Selbst meine Lippen spalten sich, als er über meine Unterlippe fährt. "Ich muss heute etwas erledigen."

Ich werde allmählich wacher. "Was?", murmele ich. "Etwas Internes, Schneeflocke. Ich hätte dir eigentlich empfohlen, jemanden zu dir zu holen, aber wenn ich zurück bin, schätze ich es besser, wenn wir allein sind." Wovon spricht er? Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Ich schiebe seine Hand von meiner Wange. "Wohin gehst du?" "Ich muss zur Halle." Zur Halle. Da, wo wir geschossen haben. Da, wo er schon jemanden so derartig misshandelt hat, dass er das Atmen und Laufen neu erlernen musste. Ich ernüchtere schlagartig. "Was machst du da? Mit wem?" Ich ziehe beide Katzen in meinen Schoß, mir ganz egal, ob sie wieder raus klettern. Azad erhebt sich langsam und kaum vernehmbar seufzend - trotzdem zu laut für mich. "Wir haben einen Mittäter gefunden." "Vom Ball?" Azad nickt. Okay ... "Und ihr foltert ihn oder wie?" "Müssen wir." "Müsst ihr?", wiederhole ich ungläubig. "Ja." "Und wieso ist es besser, wenn wir allein sind?" "Weil ich anders bin und mit meiner Frau sein möchte." Die Antwort kam so schnell, dass man meinen könnte, er hätte sie mehrmals im Kopf schon vorgesprochen. Aber was meint er? Wie anders? "Wie?", frage ich zögernder. Azads Blick lässt mich erschaudern, so neutral er auch wirken mag. Gerade setzt sich wieder das unwohle Gefühl in meinen Magen. Ich rutsche zurück. Das ist einer der Momente, in denen ich glaube, er könnte ausholen und mich schlagen. Er soll zurück. "Ich bleibe nicht lange weg, Avin. Ich möchte einfach nur danach ein wenig Unterstützung. Könntest du in der Zwischenzeit etwas kochen?"

Durch den Weg deines HerzesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt