Kapitel 28

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A D E L I N E

Im Auto ist es still. Es ist so still, dass ich beinahe schon Angst habe laut zu atmen. Ich weiß, dass nun etwas passieren wird, doch ich denke, er wartet bis wir zuhause sind. Denn dann kann er mich erst richtig fertig machen. Ich schlucke, als ich mich erinnere, wie er mir bis jetzt schon wehgetan hat. Er hat meine Arme fast zerquetscht gehabt, meine Haare gezogen und mir die Luft zugeschnürt. Was kommt heute? Bekomme ich vielleicht eine Faust ins Gesicht?

Panik steigt in mir auf und ich beginne nervös an meinem Kleid zu zupfen. Doch während ich mir hier den Kopf zerbreche und es kaum mehr aushalte neben ihn, scheint Aiden die Ruhe in person zu sein. Er sieht gelassen aus und kein bisschen angespannt, so wie auf der Hinfahrt. Sein Kopf hat er leicht in den Nacken gelegt und er schaut nur aus halb offenen Augen auf die Straße.

Sollte ich mich vielleicht entschuldigen?

Das wäre bestimm gut. Aber vielleicht will er meine Stimme gar nicht hören und das provoziert ihn somit mehr. Verzweifelt atme ich aus und greife mir für Sekunden in die Haare. Er schaut mich nicht einmal mehr an, obwohl er es davor die ganze Zeit getan hatte. Wahrscheinlich will er mich nicht anblicken, sonst kann er sich vor Wut nicht mehr kontrollieren.

Adeline, übertreib nicht!

Unüberlegt räuspere ich mich und drehe mich ein wenig in seine Richtung, blicke allerdings weiterhin gerade aus. „Es tut mir... leid. Ich weiß, du hattest mich gewarnt und mir gesagt, dass es Konsequenzen geben wird. Aber..."

Meine Stimme ist nichts weiteres als ein hauchen, begleitet von ein wimmern zum Schluss, weil ich wieder an diesen Moment denke und das Szenario sich nun erneut vor mir abspielt. Kopfschüttelnd spüre ich die Tränen aufkommen und ich schaue runter auf meine Hände, die immer noch nervös an meinem Kleid spielen. „Ich konnte mich nicht zusammenreißen. Ich hab es wirklich versucht, Aiden, aber ich schwöre es hat nicht geklappt.", schluchze ich nun und drehe mein Kopf zu ihn. Er allerdings, regt sich nicht und sieht aus, wie davor. Gelassen und entspannt, was die Angst in mir noch um einiges verstärkt.

„Ich weiß, dass du mich und mein Handeln nicht verstehen wirst und du denkst bestimmt ich übertreibe. So wie alle anderen es auch denken, doch das ist alles nicht leicht für mich.", flüstere ich zum Ende hin und wende mich wieder zum Fenster auf meine Seite, während ich mir zittrig die Tränen vom Gesicht wische.

Soviel zu heute kein Geheule und keine Zuckungen. Hast du toll gemacht, Adeline.

Die restliche Fahrt verläuft weiterhin leise. Einerseits beunruhigt es mich, doch andererseits lässt es mich entspannen. Denn ich weiß zumindest, dass mich das schlimme zuhause erwarten wird, nicht hier. Nach weiteren qualvollen ruhigen Minuten, befinden wir uns in der Einfahrt. Aiden steigt aus und auch ich warte nicht und steige aus, während ich ihn beobachte, wie er nun Richtung Haus schlendert und es aufschließt. Hastig und mit großer Angst laufe ich ihn hinterher, behalte aber großen Abstand zu ihn, als wir uns in dem Haus befinden. Aiden dreht sich nicht einmal um. Es scheint so, als würde er vergessen, dass ich noch da bin. Meine Hände beginnen langsam zu schwitze, denn so wie er sich verhält, ist es einfach nur verdammt gruselig. Schluckend bleibe ich nun doch stehen, weil er auf die Küche zusteuert und sich in dem Glas von vorhin etwas eingießt. Lässig greift er nach dem Glas und führt es an seine Lippen, während ich bibbernd mit drei Meter Abstand vor ihn stehe und Angst habe. Sehr viel Angst.
Aiden jedoch scheint nicht den Anschein zu machen, als würde er mich überhaupt angucken wollen. Er nippt an sein Glas und dreht sich wieder um, um Richtung Treppen zu schlendern.

Das kann doch nicht wahr sein. „Aiden", flüstere ich unter Tränen und drehe mich ebenfalls um. Was hat er denn jetzt vor? „Geh in dein Zimmer.", befehlt er ruhig, dennoch mit gewissem Druck und läuft die Treppen weiter hoch. Ich sehe ihn hinterher, bis er endgültig von meiner Sichtweite verschwunden ist.
Verwirrt ziehe ich die Brauen zusammen, komme seinem Befehl aber nach und zwinge meine Beine dazu sich zu bewegen. Ich fühle mich plötzlich so verdammt schwach und ausgelaugt. Oder vielleicht kommt es einfach nur durch diese Panik und die Angst, die mich nicht mehr in Ruhe lassen und mir alle Nerven rauben.

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