Kapitel 43

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A D E L I N E

Erneut seufzt sie. „Es sind schon zwei Tage vergangen und du schaust mir immer noch nicht in die Augen.", sagt Sophia verzweifelt, während sie sich auf das Bett setzt.

Dennoch schenke ich ihr keine Beachtung und füttere Micky, welcher auf meinem Finger steht und dem meine Brezel scheinbar gefällt. Seit zwei Tagen höre ich mir genau das gleiche an. Ich habe keinen Spaß daran, Sophia zu ignorieren. Im Gegenteil... Aber scheinbar waren ihr meine Gefühle auch egal und sie hatte jede Gelegenheit genutzt, sie für Aiden als Nutzen zu ziehen. So etwas werde ich nicht leicht bei Seite drängen können.

„Es tut mir leid, Adeline.", entschuldigt sie sich und nun schaue ich zu ihr. Mit gehobenen Augenbrauen und unbeeindruckten Gesichtsausdruck, beäugeln Micky und ich sie genau. „Wirklich!", wirft sie schnell ein. Genervt wende ich meinen Blick wieder ab.

„Tut es dir leid, dass du mich mit deiner feinfühligen Art manipulieren konntest und ihr jetzt das erreicht habt, was ihr wolltet? Oder tut es dir leid, dass meine Familie, so wie auch ich bald sterben werden?"

Der beißende Spott, welcher jedes einzelne Wort, das meinen Mund verlässt, umhüllt, ist kaum zu überhören. Und auch ihr hörbares Schlucken ist laut genug, um mir zu signalisieren, dass sie es selber nicht weiß. Minutenlang schweigt sie. Nur das knabbern von Micky ist zu hören und ich warte darauf, dass sie das Zimmer endlich verlässt.
Jedoch verfliegt meine Hoffnung sofort, als sie sich mit dem Oberkörper nun komplett zu mir dreht und erneut mit dem reden ansetzt.

„Ich habe dich nicht manipuliert. Ich mag dich wirklich, ob du mir glaubst oder nicht. Und ich bin immer so mit dir umgegangen, wie eine Freundin und keine, die ich nur manipulieren wollte. Mir war es egal, was Aiden, Clary und Liam erreichen wollten. Das wichtige für mich war immer nur dein Wohlbefinden, mehr nicht.", erzählt sie und dabei spüre ich regelrecht die Trauer, die von ihr aus kommt. Tief atme ich aus, verdrehe dann meine Augen, wegen dem schlechten Gewissen, das ich so ganz plötzlich in mir verspüre und schaue sie dann an.

Du verdammtes Weichei, Adeline!

„Ich weiß, du bist enttäuscht.", führt sie fort und ihre Augen nehmen tatsächlich einen Glanz an. „Aber du musst mich auch verstehen...", bevor sie weiter reden kann, verengere ich schon meine Augen und forme sie zu Schlitzen, während ich Verständnislos mein Gesicht schief lege. „Wieso erwartet ihr alle, dass ich euch verstehen muss? Hat jemand von euch denn schon mal versucht mich zu verstehen?" Meine Stimme ist laut, was ungewöhnlich für mich ist. Jedoch ist es in dem Moment nicht anders möglich, denn das Gefühl jeden egal zu sein, wächst immer mehr. Möglicherweise ist es gar kein Gefühl, sondern ein Fakt, doch trotzdem tut es weh.
Es tut weh, weil ich ehrlich dachte, ich hätte endlich eine Freundin gefunden, die mir zuhört und sich um mich sorgt. Eine Freundin, die auf meine Gefühle Acht gibt.

Sophia zieht die Brauen zusammen, sodass eine Furche zwischen ihnen entsteht. „Nein, so habe ich das doch gar nicht gemeint. Natürlich verstehen wir dich alle... sogar Aiden. Aber-" Wieder unterbreche ich sie. Nur diesmal ist es mein Lachen, welches ihr in das Wort fällt.

„Sogar Aiden, na sicher doch", flüstere ich spöttisch und füttere Micky weiter, der nun viel interessierter an meinem Finger ist und ihn anknabbert. Ich höre ihr leises Ausatmen, bevor sie aufsteht. „Aiden ist nicht der Böse. Er ist nicht ansatzweise so hässlich, wie Ethan...", spricht sie mit leiser Stimme, die fast schon wütend klingt. Ich schaue zu ihr auf und entdecke tatsächlich Zorn in ihren Augen. „Aiden wollte niemals, dass es so weit kommt. Er wollte seine Hände niemals mit Blut beflecken. Aber weißt du wie es ist, seinen einzigen Halt im Leben zu verlieren, Adeline? Seine einzige Stütze?"

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