Kapitel 68

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A I D E N

Jetzt...

„Wieso tötest du mich nicht einfach und ersparst uns das alles hier?", fragt er und kurz überlege ich tatsächlich, es zu machen.

Ohne jedoch auf dieses verlockende Angebot einzugehen, schnappe ich mir einen der Holzstühle in der Ecke und platziere ihn vor ihm. Ethan beobachtet jedes kleine Geschehen.

„Ich habe ein Deal für dich.", spreche ich und setze mich gegenüber von ihm, dabei verschränke ich meine Finger. Skepsis ist auf seinem Gesicht zu erkennen. Vielleicht auch ein Hauch von Angst. Oder mehr als ein Hauch.

„Ein Deal?", wiederholt er, als würde er sichergehen wollen. Ich nicke.

Ethan ist nervös, denn er beginnt mit seinen Beinen zu wippen. Ich entscheide mich dafür, ihn nicht lange zu quälen und direkt zum Punkt zu kommen. „Du bezahlst für das, was du getan hast im Knast und dafür töte ich dich nicht."

Die klaren Worte lassen ihn deutlich verwirrt zurück. Sein Mund öffnet sich, aber kein Ton kommt heraus. Das Gezappel seiner Beine hört abrupt auf und für eine Weile schauen wir uns still an. Ich, wartend auf eine Antwort, während Ethan die Situation offenbar nicht genau begreift.

„Du willst mich also gehen lassen?", fragt er schließlich und ich nicke fast schon gelangweilt. „Und Adeline? Lässt du sie auch gehen?", setzt er seine Fragen fort. Und ich bin ein kleines bisschen verwundert, dass er sofort an sie denkt. Das hat er die letzten Jahre schließlich auch nicht getan.

Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, als ich ihren Namen höre. „Heute noch", antworte ich dennoch ehrlich.

Ein hörbares ausatmen begleitet sein Gesichtsausdruck, der eine gewisse Erleichterung zeigt. Doch in der gleichen Sekunde noch, kommt die Verunsicherung zum Vorschein und ich kann mir schon denken, was der Grund dafür ist. „Ich krieg... lebenslänglich.", stottert er.

Gut Erfasst!

Nickend bestätige ich seine Worte. „Das ist das Mindeste.", erwidere ich verachtend und bewundere die Ruhe, die mich immer noch unter Kontrolle hält.

Ich tue es nicht für ihn. Ich tue es für Rose und für die Menschen, die ich liebe. Die Menschen, die mich sonst hassen würden.

Ethan schaut zur Seite, als würde er überlegen, doch ich frage mich, was es noch zu überlegen gibt. Entweder so oder er ist tot. „Sag Bescheid, wenn du dich entschieden hast.", sage ich und stehe auf, packe den Stuhl und stelle ihn zurück. Bevor ich die Türklinke jedoch runterdrücke, spricht er.

„Okay", sagt er laut. „Ich mache es. Ich werde alles gestehen."

Ich mache mir nicht die Mühe, mich wieder umzudrehen und verschwinde stattdessen aus dem Raum.

Solange Ethan lebt, werde ich das Gefühl haben, dass Rose jeden Tag aufs neue wieder stirbt. Und ich vermute, dass es nicht aufhören wird. Doch ich habe eine Entscheidung getroffen.

Auf dem Weg nach Hause tobt ein Gedankenchaos in meinem Kopf und ich hoffe, dass er nach dem heutigen Tag endlich verschwindet.

Alles soll verschwinden. Der ganze Groll, die Schuldgefühle und sie. Insbesondere sie.

Sie soll gehen und alles mitnehmen, was sie in mein Haus gebracht hat. Die Kopfschmerzen, die Verwirrung und vor allem diese hässlichen Gefühle, die mir gerade heftige Übelkeit verpassen, weil ich an sie denke. Alles soll verwinden und wahrscheinlich ist sie schon auf dem Weg zu ihrer Wohnung.

Doch wenn ich so überlege, dann ist sie immer noch nicht weit weg. Soll ich einfach nach Los Angeles ziehen?

Halt die Klappe, Aiden!

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