Kapitel 2

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A D E L I N E

Schon seit ein paar Minuten höre ich, wie sich zwei tiefe Stimmen lautstark unterhalten. Oder wohl eher streiten. Bis jetzt hatte ich noch nicht mitbekommen, worum es hierbei geht oder wo ich mich überhaupt befinde. Denn meine Augen behalte ich zu meinem eigenen Schutz lieber zu. Das einzige was ich spüren kann, ist mein Körper, der von kühlem Wind umgeben wird.

„Ihr hättet sie verdammt nochmal dort lassen sollen!" Erschrocken zucke ich zusammen, traue mich aber immer noch nicht, meine Lider zu öffnen. Die Tatsache, dass man mich gerade irgendwohin mitgeschleppt hat, lässt das Blut in mir gefrieren. Falls es nicht schon vor Kälte eingefroren ist.

„Versteh doch mal, sie wird uns eine große Hilfe sein. Und außerdem lag sie da einfach so auf dem Boden, was wenn sie tot wäre?!", meldet sich der sanftere von ihnen, wird aber zum Ende hin lauter. Seine Stimme klingt recht jung und fesselnd. Trotz dessen erzitter ich bei jedem Buchstaben, welches sein Mund verlässt. „Dann soll sie eben tot sein. Ich brauche keine Hilfe.", ertönt die ziemlich aggressive und einschüchternde Stimme des anderen. „Von niemanden!", fügt er markerschütternd hinzu. „Ich habe dir tausendmal gesagt, du sollst dich bei solchen Aufträgen auf nichts und niemand anderes konzentrieren. Und was machst du? Du holst mir eine, die euch wahrscheinlich dabei zugesehen hat und vor Schock und Angst umgekippt ist und sagst mir, dass sie uns behilflich sein könnte. Na super, Liam!"

Liam...

Langsam fängt mein ganzer Körper an zu beben und sie würden sehr bald bemerken, dass ich eigentlich wach bin. So gut es geht, versuche ich meine Zähne aufeinander zu pressen, damit meine lippen, sowie meine Wangen, nicht in Bewegung kommen. Doch leider bewirkt es komplett das Gegenteil, von dem was ich will.

Meine Zähne fangen laut an zu klappern und je mehr ich sie aufeinander Presse, desto quietschiger und schmerzvoller wird es. Meine Augen sind fest zugekniffen und als ich realisiere, wie leise es plötzlich geworden ist und sie mein 'wach werden' wahrscheinlich bemerkt haben, fließt mir eine einsame Träne davon. „Na toll...", seufzt der gleiche erneut.

Ich höre schwere Schritte auf mich zukommen und wimmernd versuche ich auszuweichen. Mittlerweile habe ich bemerkt, dass ich auf einem ziemlich ungemütlichen und quietschenden Bett liege. Und auch, dass meine Hand langsam anfängt, wie Feuer zu brennen. Im Moment ist es aber ganz und gar nicht mein Problem. Denn sobald ich wahrnehme, dass einer von ihnen dicht neben den Bettrand steht, entflieht mir ein Schluchzen.

„Mach deine Augen auf", bekomme ich zurechtgewiesen, jedoch in einem etwas ruhigeren Ton. Und sofort erkenne ich, dass es dieser Liam ist.

Bibbernd öffne ich, wie mir befohlen, die Augen, blinzle ein paar mal, um mich an das grelle Licht zu gewöhnen und blicke direkt in zwei graue Augen. Trotz der völligen Normalität in ihnen und dem leichten Schimmer, der mich in ihnen spiegeln lässt, schließe ich sie wieder instinktiv.

„B-bitte ich...", will ich einen richtigen Satz bilden, schaffe es aber nicht, bevor meine Stimme zusammenbricht und von einem verzweifelten Wimmern unterbrochen wird. Dabei drücke ich mich immer tiefer in die unerträglich harte Matratze. Ein Seufzen ertönt darauf als Antwort von etwas weiter weg, während ich meine Hände fest zu Fäuste balle und merke, wie meine Nägel meine Haut schmerzhaft aufschlitzen.

Diese Angewohnheit will mich seit meiner Kindheit nicht verlassen. Sie hilft mir meine Angst und das Unwohlsein ein wenig zu vergessen. Jedoch scheint es diesmal nicht zu funktionieren.

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