Kapitel 3 (1/3)

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Das nächste Mal, als ich mein Schlafzimmer betrat, fand ich meinen neuen Sklaven am Boden wieder. Er schien eingeschlafen zu sein. Eigentlich hätte ich ihn wecken sollen, was mich aber nur vor das Problem gestellt hätte: Wohin mit ihm?
Weil ich ihn aber auch nicht einfach völlig nackt am Boden sitzenlassen wollte, holte ich eine der Baumwolldecken aus dem Schrank und breitete sie über ihm aus.

Danach war erstmal Ruhe.
Und ich war äußerst dankbar dafür.

Durchgekaut ließ ich mich auf dem Bett nieder und holte erstmal tief Luft. Ich glaube, ich hatte den aufregendsten von allen Sklaven, die käuflich waren, mit nach Hause bekommen. Negativ gesehen.
Und jetzt saß ich hier. Müde, durchnässt und auch noch hart. War es das, was ich mir nach sieben Jahre Studium und eine Achterbahnfahrt der Selbstverschuldung bei Eröffnung meiner Praxis vom Leben erhofft hatte?

Wo hatte der Spruch »Aller Anfang ist schwer« schon seinen Sinn, wenn es immer gleich schwer blieb? Ich dachte mit einer ruhigen Sekretärin und einigen Patienten hätten sich meine Sorgen gelegt. Zumindest die richtig dringenden.
Aber jetzt brachte ein Sklave, der mir seit zwei Stunden gehörte, alles durcheinander. Wenn er doch nur Schiss hatte, wieso schmiss er sich dann an mich ran und ließ mich jetzt äußerst unbefriedigt zurück?
Was dachte er sich eigentlich? Jetzt schlief er da so ruhig und sah aus, als könnte er kein Wässerchen trüben, dabei war er mein Sklave. Und ich hatte ihn nicht ein einziges Mal bestraft.

Vielleicht war es aber auch ganz gut, dass es so gekommen war. Sonst hätte ich wahrscheinlich etwas getan, das ich im Nachhinein sehr bereut hätte. Ich war zu müde, gestresst und angeturnt gewesen, um richtig entscheiden zu können.
Jetzt sah ich zumindest wieder klar.

Leises Schnurren. Es weckte mich auf und ich sah zur Tür, durch die leise Pfoten tappten, um sich dann auf den Hintern plumpsen zu lassen und ein gelangweiltes »Miau« in Richtung meines neuen Sklaven auszustoßen. Sie beäugte den Plagegeist argwöhnisch und schien nicht so recht zu wissen, was sie von ihm halten sollte.
Wenn sie nur wüsste...

Ich erhob mich. Diesmal ging ich alleine ins Bad, um mich endlich waschen zu können, was ich nur schnell hinter mich bringen wollte. Als ich zurückkam, saß Samtpfötchen immer noch da und beobachtete den Fremden, ließ ihn nicht aus den Augen.

»Stellung halten, Sami.«, meinte ich und kramte mir gähnend ein paar Sachen für die Nacht heraus. Erst da fiel mir auf, dass ich noch immer die Route auf dem Bett zu liegen hatte.
Ich nahm sie hoch. Wenn ich sie hielt, kamen verschiedene Erinnerungen, die ich alle eigentlich mal in diesem Kleiderschrank da verschlossen hatte und die ich eigentlich nie wieder hatte herausholen wollen. Wer hätte gedacht, dass ich sie mal wieder nehmen würde und dann noch, um einen Sklaven zu bestrafen, meinen Sklaven...?
Aber ich legte sie an den Platz zurück, an den sie gehörte und schloss dann zu. Jetzt brauchte ich erstmal eine Zigarette.

Aus dem Nachtschrank schnappte ich mir den Notvorrat und trat dann nach draußen auf den Balkon, der mit Laub von der herbstlichen Jahreszeit bedeckt war.
Ich zündete mir eine an und nahm erst einen kräftigen Zug, bevor ich mich seufzend auf das Geländer stützte und den Rauch in den Abendhimmel auspustete.
Mit einer wagen Handbewegung schmiss ich das Feuerzeug auf die Plastikstühle, die zusammengefaltet in der Ecke verharrten, auf den nächsten Sommer gespannt.

Das würde eine lange und teure Nacht werden...

Sklave

Das erste nachdem ich aufwachte, war große Verwirrung, die über mich hereinbrach. Eine völlig fremde Wohnung, ein ganz neuer Geruch und keine Erinnerungen.

Zumindest, bis mir schlagartig klar wurde, wo ich mich befand. Bei meinem Herrn, der mich gestern gekauft hatte. Ob das die Sache besser machte, das war eine andere Frage.

Ich setzte mich gerade hin und streckte mich, sodass die Decke nach unten fiel und es um die Schultern zog.
Decke... Moment, welche Decke?
Der flauschige Stoff lag über meinen Beinen und lachte in der Hoffnung zu mir hinauf, ich würde mich auch daran erinnern. Aber nichts.

Wieso saß ich eigentlich immer noch auf dem Boden im Schlafzimmer meines Herrn? Es war doch seines, oder? Hatte er dann hier geschlafen, während ich die ganze Nacht an der Wand gehockt hatte? Wie verwirrend...

Wenn mein Herr nichts mit meinen Sachen angestellt hatte, müssten sie noch im Bad sein. Deshalb stand ich vorsichtig auf und ging zur Tür. Doch als ich sie aufzog, baute sich eine Barrikade vor mir auf.
Drei Katzen saßen mit mürrischem Blick vor dem Durchgang und schienen so, als hätten sie nur darauf gewartet, dass ich rauskommen würde. Oder nein, eine von ihnen kullerte sich auf den Rücken und wirkte eher etwas unbeholfen.

»Ksch!« Ich blickte auf, als mein Herr in den Flur kam und den Katzen zuwedelte, die nicht so aussahen, als würden sie auf ihn hören. »Geht unten essen.«
Aber schnell schaute ich wieder nach unten und versuchte mich zumindest mit den Händen ein wenig zu bedecken. Nach der ganzen Nacht hätte ich gerne wieder etwas an. Zudem wusste ich nicht, was mein Herr von der ganze Sache hielt, die gestern abgelaufen war. War er wütend, enttäuscht oder war es ihm vielleicht sogar gleich?

Ich wusste es nicht und das machte mich noch nervöser. Erstrecht, als er zu mir kam und dann genau vor mir hielt. Meine Wangen färbten sich beschämt rot.
»Zieh das an. Alte Sachen von mir. Sie sollten nicht passen, aber das ist das kleinste, was ich hab.« Er hielt mir genau diese unter die Nase. Aber ich brauchte einen Moment, um sie an mich nehmen zu können. Mit monotoner Mine fuhr er fort: »Geh dich waschen und nimm was vom Duschgel. Du sollst nicht stinken. Und beeil dich. Und mach nichts kaputt.«

Nachdem das ausgesprochen war, bückte er sich zu den Katzen herunter, nahm sich zwei auf den Arm und wartete, bis ihm die dritte mit tapsigen Schritten folgte.
Dann war ich allein. Und weil mir nichts anderes übrig blieb, tat ich das, was mir aufgetragen wurde. Allerdings gab es ein Problem, an das ich gestern Abend nicht mehr gedacht hatte.

Mein Halsband. Ich hatte es zum Waschen abgelegt und dann nicht mehr umgebunden. Und jetzt lag es nicht mehr im Bad. Es war weg. Einfach futsch.

Ich schmiss meine neuerhaltenden Sachen irgendwo hin und suchte dann nach dem Band, das ich immer tragen musste. Auf dem Boden unter dem Waschbecken suchte ich, hinter der Toilette, in der Badewanne, selbst im Wandschrank suchte ich danach, obwohl ich mir nicht hätte erklären können, wie es dorthin geraten wäre.
Kalter Schweiß bildete sich auf meiner Stirn und an meinen Händen, die nervös an sich selbst herumspielten.

Das Halsband der Sklaven. Es war das erste Zeichen, was uns als solche auszeichnete und es war unabdingbar. Es zu verlieren, war genauso schlimm, wie selbst wegzulaufen.

Zwar gab es kein Gesetz, das es vorschrieb ein solches Band zu tragen, aber wenn man ohne eines auf der Straße aufgegriffen werden würde, kam man in große Schwierigkeiten. Denn keiner würde einem glauben, dass man es eben mal verlegt hatte. Jeder würde annehmen, man wollte flüchten und dann saß man richtig in der Scheiße.

Die verzwickte Kunst des VertrauensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt