Kapitel 18 (1/3)

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Schweigend betraten wir die kleine Konditorei an der Straßenseite. Von außen war sie direkt hervorgestochen, mit der pinken Eingangstür und der beigen Ladenzeile. Auch drinnen kam ich mir mehr und mehr wie in einem 50-Jahre Film vor - retro und dennoch schick.

Terry führte mich an einen runden Tisch mit zwei weißen, verschnörkelten Stühlen. Ich zog dir Jacke aus und hängte sie über die Lehne, bevor ich mich setzte und Terry es mir gleich tat. Außer uns saß noch ein weiterer Gast im Café. Ein braunhaariger Mann in feinem, schwarzen Anzug blickte zum Fenster hinaus und trank dabei genüsslich einen Kaffee. Mit den Gedanken schien er weit weg, seinem abwesenden Blick zufolge. Ich fragte mich, was so ein reich wirkender Mann hier verloren hatte.

»Möchtest du etwas trinken?«, fragte Terry und ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht noch mehr Umstände bereiten, als ich es ohnehin schon tat. Alleine, dass Terry von Anfang an nicht auf mir herabgesehen hatte und ich jetzt mit ihm zusammen am Tisch sitzen durfte, war schon der Freundlichkeit genug.

»Es riecht echt lecker, als würde gerade etwas Frisches bestellt werden.« Terry zog überdeutlich die Luft ein und auch ich roch die feinen Backwaren und die Glasuren aus Zucker.

»Sir, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«, fing ich nach kurzer Zeit an und senkte den Blick. Im letzten Monat hatte ich mich viel zu sehr an die ganzen Annehmlichkeiten gewöhnt, die man mir zugestanden hatte. »Ich weiß gar nichts mehr.«

»Vielleicht sollte ich anfangen.« Terry räusperte sich und sah dann im Raum umher. Ihn in einer anderen Gemütslage als aufbrausend oder fröhlich zu sehen, war eine seltene Sache, erstecht, wenn er nervös war. »Ich kann mich an letzte Nacht nicht mehr so wirklich erinnern. Nur dass... etwas gewesen ist, weiß ich noch.«

Ich schluckte hart und biss mir auf die Lippe, dann sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen: »I-Ihr... habt mich geküsst.«

»Verstehe.«, kam es ruhig von Terry, aber seine Hände spielten mit einer der rosanen Servietten, die er sich aus dem Ständer genommen hatte. »Dann tut es mir leid. Ich war besoffen... und unter Drogen.«

»Wieso entschuldigt Ihr euch?«, fragte ich ehrlich. »Wieso wollt Ihr überhaupt mit mir sprechen? Es ist doch egal, was ich denke. Wenn jemand beschwichtigt werden müsste, dann wohl eher mein Herr. Und wenn es ihm nichts ausmachen würde, dann ist das seine Entscheidung.« Auch wenn mir der Gedanke anLetzteres einen Stich im Herzen versetzte.

»Da hast du recht, so sind die Regeln dieser Welt.«, sagte Terry und mein Kopf sank noch tiefer Richtung Boden - dem Platz, an den Sklaven gehörten. Doch auf einmal legte sich eine Hand auf meine eigene und ließ mich wieder aufblicken, direkt in Terrys trauriges Lächeln. »Aber aus Regeln hab ich mir noch nie was gemacht.«

Eilige Schritte hallten durch den Raum, als eine Frau mit Blumenschürze aus dem hinteren Zimmer kam, in ihrer Hand einen dekorierten Karton, den sie auf den Tresen stellte. Ganz aus der Situation gerissen, sah ich zum Geschehen, als der unbekannte Mann im Anzug aufstand, das Jackett straffte, die Krawatte festzog und zu der Dame ging, die wohl die Bäckerin hier war.

»Hier sind Ihre Törtchen. Das wird sicher gut ankommen.«, meinte die Dame augenzwinkernd und nahm das Geld entgegen, das der Mann ihr reichte.

»Sicherlich. Letztes Mal hat er sich auch gefreut. Ich glaube, Sie sind eine Zauberin.«, erwiderte der Mann mit einem sachten Schmunzeln und nahm seine Bestellung entgegen. Dann verabschiedete er sich mit einer beiläufigen Geste und verließ die Konditorei.

Als Terry und ich also als einzige Kunden übrig blieben, legte sich die Aufmerksamkeit der Bäckerin auf uns. »Willkommen! Was darf ich Ihnen denn bringen?«

»Bitte zwei Früchtetee und zwei Stücken dieses Bienenstichs.«, erklärte Terry und deutete auf die Auslage mit Torten und Gebäck.

»Kommt sofort!«, trällerte die ältere Dame und verschwand wieder im Hinterzimmer, was wohl ihre Backstube sein musste.

»Ich brauche doch nichts.«, sagte ich, als wir wieder alleine waren. Noch immer ruhte die fremde Hand auf meiner eigenen und noch immer genoss ich das Gefühl der Wärme. »Warum seid Ihr so zuvorkommend bei einem Sklaven wie mir?«

Terry setzte sich richtig hin, dann richtete er seine braunen Augen nur auf mich und ich fühlte, wie alles um mich herum die Luft anhielt. »Weil ich mich in dich verliebt habe.«

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now