Kapitel 15 (1/3)

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Was... passierte gerade...?

Ich spürte Lippen auf meinen. Sie schmeckten nicht wie Isaacs, sie fühlten sich nichts wie Isaacs an... es waren nicht Isaacs. Und doch schloss ich besinnungslos die Augen. Nach Ananas und Alkohol schmeckte es. Nach einem unbekannten Kribbeln fühlte es sich an.

Was tat ich...? Warum fühlt es sich so gut an...?

Seine Hand legte sich an meinen Schopf und übte Druck aus, während mich die Zunge kitzelte und um Einlass bat. Ich öffnete meinen Mund, ohne mitzubekommen, was um mich herum geschah. Allerdings entfernten sich die unbekannten Lippen mit einem leisen Schmatzen.

Blinzelnd schlug ich meine verklebten Lider auf. Meine Wangen brannten wie Feuer, der Körper hatte bereits verstanden, obwohl der Kopf noch nicht einmal wach schien. Hitze durchströmte mich. Aufregung, Neugier, Lust, Erregung.

»Killian...«, hauchte Terry, riss mich ins Hier und Jetzt. Er wankte auf dem Hocker und lehnte sich tief auf den Tresen. Hatten wir gerade wirklich geküsst...?

»Warum habt Ihr...« Mehr brachte ich nicht hervor. Als wäre er ein Außerirdischer, betrachtete ich den jungen Mann, meine Augen rund wie Murmeln und mein Herz eine einzige Achterbahn. Ich fasste mir an die Lippen, auf denen ich Terry immer noch schmeckte.

»Ich ähm...« Terry gähnte schwach und kniff die Augen zusammen. Dann legte er sich einfach auf die Bar, vergrub den Kopf in den gefalteten Armen. »Ich leg mich kurz ne Runde schlafen...«

Und plötzlich saß ich inmitten dieses großen Gebäudes, ohne jegliche Begleitung, vollkommen am Ende mit meinen Gefühlen, während Terry wirklich eingeschlafen zu sein schien. Doch als mir das ganze nochmal durch den Kopf ging, schob ich das Erlebte für einen Moment auf. Denn irgendwie kam mir das ganze spanisch vor. Zuvor hatte er sich schon müde und abwesend benommen, fast weggetreten

Also stand ich auf und trat zu ihm herum, um eine Hand auf seinen Rücken zu legen. Besorgt fragte ich: »Sir? Geht es Euch gut? Sir?« Als keine Antwort von ihm kam, begann ich an seiner Schultern zu ruckeln - wieder nicht. In Panik geratend, wiederholte ich meine Worte. Er wollte einfach nicht aufwachen. »Sir? Hört Ihr mich? Sir...!« Ein lebloses Bündel lag dort. »Terry!«

»Ist was passiert?« Der Barkeeper trat zu uns, weil er meine hilflosen Versuche mitbekam.

»Ich weiß nicht. Er rührt sich nicht.«, meinte ich hektisch. Ich riet mir selbst, Ruhe zu bewahren. Ob er an einer Alkoholvergiftung litt? Hatte ich Schuld, hätte ich besser achtgeben müssen? Ich selbst bekam bald einen Herzinfarkt bei den ganzen Ereignissen, die mir keine Zeit zum Durchatmen ließen.

Mit dem Barkeeper wurden auch andere Leute auf uns aufmerksam. Eine Gruppe Frauen schielte herüber und ein paar andere Neugierige sammelten sich um uns herum. In dem Augenblick war es mir aber herzlich egal. Terry sollte mir nur endlich ein Zeichen geben, dass es ihm gut ging.

»Killian.« beinahe kippte ich um, als eine Hand auf meiner Schulte mich zu Tode erschreckte. Ich wirbelte herum und erkannte Isaac und Ray, die zurückgekommen waren. »Um Himmels Willen, du bist ja ganz blass!«

Mir traten Tränen in die Augen. Das war alles zu viel... »Er hat das gesagt und dann ist er einfach... er ist einfach und ich weiß nicht, was ich machen soll! Was soll ich jetzt machen? Was hätte denn... ich...«, kamen meine panischen Erklärungen.

»Ganz ruhig.« Isaac nahm mich in den Arm. »Nochmal von vorne bitte.«

Während ich mir die Tränen wegwischte, umrundete Ray uns, um zu Terry zu sehen, der auch nach seinen Versuchen ihn zu einer Regung zu bringen, nicht aufwachte. Das Raunen der Leute konnte man fast schon durch die Musik hören, so aufdringlich kam es einem vor.

»Scheiße. Isaac.« Rays rauchige Stimme.

Ich wurde losgelassen. Mein Herr trat die wenigen Schritte zu Terry, nur um genauso erschrocken dreinzublicken, wie ich und Ray es längst waren.

Ich wusste nicht was das bedeutete, was Isaac tat. Er tastete den ohnmächtigen Terry an Handgelenk ab und begutachtete ihn von oben bis unten. Aber ich wusste, dass mein Herz noch viel zu langsam raste, als er streng zum Barkeeper sagte: »Rufen Sie einen Krankenwagen.«

Isaac

»Uns bleibt aber auch nichts erspart.«, sagte ich, wischte mir über die nasse Stirn, während Killian und ich zu Terrys Zimmer begaben, weil er anscheinend aufgewacht war. Nachdem der Notarzt eingetroffen war, wurde er sofort ins Krankenhaus gebracht, wo sich meine Befürchtung als wahr herausgestellt hatte - der Alkohol war an Terrys Zusammenruch nicht schuld.

»Bitte wartet...« Killian griff nach meiner Hand, als ich die Tür aufziehen wollte. Sein Kopf hing weit nach unten. »I-Ich muss Euch etwas sagen...«

»Kann das nicht warten?«, erwiderte ich genervter, als ich es eigentlich sein wollte. Allerdings kochte ich innerlich in dem Wissen, wer wohl Schuld an der ganzen Scheiße hier hatte. Seit drei Stunden saßen wir drei jetzt schon am Krankenbett und warteten darauf, dass Terry aus seinem Zustand erwachte.

»Ja.... verzeiht....«, kam es zittrig von Killian, nachdem er mich losließ und nicht aussah, als würde er noch etwas einwerfen wollen. Ich biss mir auf die Lippe und zwang mich dazu, mich jetzt auf anderes zu konzentrieren. Ihm könnte ich auch später noch sagen, dass ich es nicht so gemeint hatte.

»Da seid ihr.«, stellte Ray fest, als wir den Raum betraten. Inzwischen war es kurz vor Mitternacht und dementsprechend dunkel draußen.  Aber hier drinnen herrschte grelles Licht, das die sterilen Möbeln noch glatter und lebloser wirken ließ.

Zum Glück lag Terry nicht mehr so beunruhigend reglos da, sondern hatte sich aufgesetzt und selbst ein kleines Lächeln zierte seine Lippen. Wir setzten uns zu ihm ans Bett und ganz der Arzt, der ich war, checkte ich ihn unbewusst ab - zumindest soweit meine Augen reichten.

»Leute.«, begann der Patient und seufzte erschöpft. »Ich habe keinen blassen Schimmer, was passiert ist.«

»Geht es dir zumindest wieder gut? Die Werte sind stabil, aber hast du Kopfschmerzen, Brechreiz, Atembeschwerden?«, ging ich alles ab. Fehlte nur mein Klemmbrett und der Kittel, dann könnte ich hier anfangen. Jemand anderen mit einer Aufgabe zu beauftragen, mochte ich gar nicht.  Am liebsten hätte ich Terry selbst untersucht, um auch wirklich sicher zu gehen.

»Komm runter.« Zumindest grinste er wieder, was ein gutes Zeichen war. »Alles tipptopp. Nur ein bisschen müde bin ich.« Demonstrativ wurde herzlich gegähnt. Aber meinen geschulten Augen entging nicht die tiefe Erschöpfung und wahrscheinlich auch der Schwindel.

»Was hast du angestellt?«, fragte Ray und verschränkte die Arme, stimmte im Gähnen mit ein. Wir alle waren müde vom Feiern, vom Warten und vor allem von der Sorge, unser Idiot könnt was ernstes haben.

»Ja, kein Plan.«, erzählte Terry, zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur noch, dass wir zur Bar gegangen sind. Du bist los, um Isaac zu suchen und dann... bin ich plötzlich hier und mir wird erzählt, dass ich mich in bewusstlosem Zustand befunden habe.«

»Du hast zu viel gesoffen.«, ergänztet Ray die Erzählungen und strafte seinen Kumpel mit einem eiskaltem Blick. »War klar, dass du da umkippst. Nächstes Mal lassen wir dich da liegen.«

»Die Bluttests werden morgen früh rausgeschickt.«, begann ich und fasste nachdenklich an mein Kinn. Ich erachtete es als wichtig, über meine Vermutungen zu sprechen, selbst wenn es Panik schüren sollte. »Deshalb kann ich es nicht mit Gewissheit sagen, aber es ist alles sehr suspekt. Kann es nicht sein, dass dir jemand ein paar Tropfen ins Glas gemischt hat?«

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now