Kapitel 18 (2/3)

176 13 5
                                    

Ich senkte meinen hochroten Kopf sofort, als hätte ich nicht gewusst, was Terry hatte sagen wollen. Meine Ohren glühten heiß und ich hoffte, man sah es nicht zu deutlich.

»Wir haben uns unterhalten und du warst so lieb, hast mir zugehört und mich aufgebaut. Meine Freunde hatten mir nicht zugehört und meistens nehmen sie mich nicht wirklich ernst, weil ich oft viel zu aufgedreht und kindisch bin...«, fing Terry an und stoppte, als er wohl bemerkte, wie schnell er alles herunterratterte. »Aber du hast es getan, du hast mich ernst genommen und ich wollte dir auch unbedingt das Gefühl geben, dazuzugehören...«

Ich spähte aus den Augenwinkeln nach oben und bemerkte auch Terrys rote Wangen und die großen Augen, die sich vor Nervosität geweitet hatten. Mein Herz schlug schneller.

»Ich weiß, dass ich das größte Arschloch der Welt bin, wenn ich meinem Kumpel den Freund ausspanne, aber ich kann nichts gegen diese Gefühle tun.«, ergänzte Terry seine Erzählung, bevor wir jäh unterbrochen wurden, als die Bäckerin kam und uns die gewünschte Bestellung brachte.

Dann war erstmal Stille und ich sehr dankbar für die Zeit, die mir gegeben wurde. Ich legte meine erkalteten Finger an die heiße Tasse und spürte die Hitze mein Blut hinaufsteigen. Dann nahm ich sie am Henkel und führte sie zu meiner Nase, um erstmal daran schnuppern zu können.

Mein Kopf war leergefegt, was sollte ich in dem Moment auch denken? Es gab nichts, was ich hätte verändern können, jetzt musste ich erstmal mit den ganzen Dingen klarkommen.

Ich pustete vorsichtig in den Tee, sodass kleine Wellen entstanden. Als ich kurz daran schlürfte und feststellte, dass es genau die richtige Temperatur hatte, nahm ich einen Schluck und befand den Tee als äußerst lecker.

Terry allerdings hatte seine Bestellung noch nicht angerührt, also stellte auch ich meine Tasse wieder zurück und tat es ihm gleich, indem ich meine Arme verschränkte.

»Was erwartet Ihr jetzt von mir?«, fragte ich, wich immer noch seinem Blick aus, schaute dafür lieber durch die großen Fenster zur Straße.

»Ich erwarte gar nichts.« Terry versuchte meinen Blick einzufangen, aber ich traute mich nicht, mich darauf einzulassen. »Du bist mit Isaac zusammen. Und ich weiß, dass allein mein Geständnis schon das Messer im Rücken ist, aber... ich wollte es einfach sagen. Mehr nicht.«

»Mehr nicht? Ihr wollt rein gar nichts von mir und seid damit zufrieden, wenn ich jemand anderem gehöre?«, hakte ich nach, was Terry auf der Lippe kauen ließ.

»Selbst wenn es mich stört, dich nicht für mich haben zu können, was soll ich schon tun? Wenn du mich nicht magst, oder Isaac sich querstellt, ist es sowieso vorbei.«

Ich zog die Augenbrauen hoch. »Ich bitte Euch. Eben sagtet Ihr noch, Regeln wären für Euch nicht existent und jetzt soll ich Euch glauben, dass Ihr Euch einfach so mit Tatsachen abfindet?«

Ein kleines Grinsen legte sich auf Terrys Lippen. »Was soll ich denn sonst sagen? Wenn ich damit kommen würde, dass ich mich danach sehen, dich in die Arme zu nehmen und über deinen Körper zu streicheln, würde das nur unnützen Druck machen. Dabei will ich dich so sehr spüren... Ich will dich küssen und deine Hand nehmen, dann will ich jeden Winkel von dir erkunden und nicht eine Stelle unberührt lassen.«

Ich räusperte mich hart, während meine roten Wangen drohten, von innen heraus zu zerbersten, aufgrund der schamlos ehrlichen Worte, die ich nun bekam.

Terry stürzte sich auf den Tisch und lehnte sich vor, dass ich automatisch zu ihm sehen musste. »Ich soll ehrlich sein? Ja, vielleicht bin ich deswegen ein Arschloch, aber um dich halten zu können, würd ich auch meinen besten Freund hintergehen. Mann, ich bin verknallt, wie ein Teenager!«

Als ich nur schweigend wegsah, setzte sich Terry zurück und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Draußen zogen dichte Wolken über den Himmel. Vielleicht würde es bald mit regnen beginnen.

»Was fühlst du?«, fragte Terry energisch.

»I-Ich weiß nicht.«

»Liebst du Isaac?«

Mein Blick hob sich leicht und ich spielte an der Gabel vor mir, strich gedankenverloren über das kalte Metall und sah das Licht der auffälligen Deckenlampen sich darin spiegeln.

»Ja.«, antwortete ich nach einiger Zeit.

»Und wenn du ihn liebst, was fühlst du dann für mich?«

Das war ja der Knackpunkt, den ich nicht verstand. Warum konnte ich nicht still sein und einfach glücklich weitermachen? Jetzt hatte ich doch alles, was ich mir je gewünscht hatte - ein zu Hause, einen gütigen Herrn, einen Partner, dem ich zur Seite stehen konnte, Freunde, eine Arbeit...

»Was ist es, was du willst?«

»Ich will... mehr...«, kam es mir über die Lippen, bevor ich wusste, woher dieser Gedanke überhaupt stammte. Doch seltsamerweise konnte ich ihn sehr genau beschreiben. »Es fühlt sich an, als würde mit jeder Tür, die sich mir öffnet, auch ein neuer Wunsch entstehen. Es liegt in der Natur des Menschen niemals zufrieden zu sein und immer nach etwas Besserem zu streben.«

»Und was ist dieses Bessere für dich?«

Was besser wäre, als meine momentane Situation? Vor ein paar Wochen wäre mir nicht eine Sache eingefallen, jetzt schwirrten mir auf einmal tausende anmaßende Ideen im Kopf herum - mitbestimmen können, Rechte haben, frei... sein.

Aber ich antwortete nicht auf Terrys letzte Frage. Stattdessen nahm ich die Gabel und ließ sie durch den vom Zucker glitzernden Bienenstich gleiten. Danach probierte ich das Stück, das mir auf der Zunge zerfloss.

»Hab verstanden. Ok.« Terry tat es mir gleich und aß seinen Kuchen energisch. Wahrscheinlich weil ihn meine Unentschlossenheit aufbrachte. »Du weißt noch nicht, was du willst. Aber wann wirst du es wissen? Wie lange soll ich warten?«

»Verzeiht, dass ich nur Umstände bereite.«, sagte ich und ließ die Gabel sinken, nachdem ich das letzte Stück des kleinen Kuchenteils gegessen hatte. Dann spähte ich zu Terry und sah, dass auch er fertig war.

Mit einem leichten Seufzen sagte er: »Nein. Ich wollte ja mit dir rumgehen. Und es hat mir Spaß gemacht. Aber ich muss wissen, wo ich bei dir stehe.«

»Kann ich nachdenken?«

»...Klar.« Das Schmunzeln, das er mir zuwarf, war zwar nicht überzeugend, aber immerhin gab er sich Mühe, mir Zeit zu lassen.

Deshalb bezahlte er bald bei der freundlichen Bäckerin und brachte mich zurück zu Isaacs Praxis. Ms Hutter war gerade hinten im Dienstzimmer, da schnappte sich Terry meinen Arm und zog mich zu sich heran, so nahe, dass meine Wangen wieder rot anliefen, aber ich schloss die Augen, als er seine Lippen ungefragt auf meine legte, um mich zu küssen. Und als er mich losließ, um die Praxis zu verlassen und ich mich traute, wieder hinzusehen, da entdeckte ich das Grinsen auf seinen Lippen, das mich scharf die Luft einziehen ließ.

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now