Kapitel 6 (1/2)

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Es war schon nach Mitternacht. Ich saß im Flur auf dem Holzbänkchen und mir wollten die Augen zuklappen. Mein Herr war mit den anderen vor Stunden losgezogen und ich hatte mich daran gemacht, das Haus auf Vordermann zu bringen.

Naja, soweit möglich. Denn diese Böden waren so rein, man könnte von ihnen essen und die Fenster so glasklar, kein Stück beschlagen oder mit Abdrücken.

Dabei hatte ich immer gedacht, das freie Singleleben würde einen unsauber und chaotisch werden lassen. Bei jemandem mit drei Katzen war aber eigentlich nichts anderes zu erwarten gewesen.

Mir war also nichts übrig geblieben, als ein wenig Staub zu wischen und das Geschirr zu polieren. Mehr gab es in diesem Haus wohl nicht zu tun. Langsam verstand ich, warum mein Herr so sehr ablehnte, einen Sklaven zu benötigen, wenn er doch selbst die gute Hausfee war.

Schmatzend ruckelte ich mich wach, damit ich nicht an der Hautür einschlief. Geduldig auf meinen Herrn warten - das war das einzige, was ich tun konnte.

Bei so viel spannungsloser Zeit, war es sogar aufregend gewesen, als eine Frau hier angerufen und ich mich neugierig ans Telefon geschlichen hatte. Anscheinend hatte sie sich aber nur verwählt gehabt, denn sofort danach legte sie wieder auf.

Ich seufzte laut. Warten war nicht meine Stärke, oh nein. Wenn ich bei den Händlern manchmal tagelang eingesperrt war, ohne mit jemanden reden zu können, ohne etwas zu tun zu haben, dann brachte mich das halb um den Verstand. Zumindest irgendetwas, auf was ich mich konzentrieren konnte, musste es geben. Und wenn es nur der wache Blick meines Herrn war, der über die Zeilen eines Buches flog, während ich still neben ihm kniete.

So war ich allerdings ganz allein... und zu Tode gelangweilt.

Wie hielt mein Herr das nur aus!? Ganz ohne Gesellschaft.

Ich war so oft durch die Räume spaziert, dass ich jetzt wusste, wo die Socken lagerten, die Putzlappen standen, dass der Rasierschaum alle war und der Kühlschrank gleich mit.

Ah, nicht gut - mein Bauch knurrte und schmerzte dabei. Ich hatte einen schrecklichen Hunger und die Stille machte mich nervös.

Doch lange musste ich so nicht mehr ausharren. Gerade, als mir etwas Speichel von den Mundwinkeln lief und ich von meinem eigenen Schnarchen aufwachen wollte, hörte ich wohl bekanntes Klicken.

Ein Schlüssel in der Tür.

Als wäre ich die ganze Zeit quietschmunter gewesen, sprang ich mit einem Mal hoch und sah gespannt zur Tür, die aufgezogen worden.

»Lasst uns nochmal zurück...«, hörte ich es lallen. »WIESO sind wir los!? HÄ?«

»Vielleicht, weil ein gewisser jemand einen Aufstand gemacht hat, als er über seinen Exfreund hat reden hören?«

»Das... hicks - ist Quatpsch... Hehe... das ist ein neues Wort, hab ich erfunden. Ganz allein...«

Mein Herr strich sich durch die wirren Harre, nachdem er eintrat und als er mich erkannte, blieb er abrupt stehen und musterte mich von oben bis unten.

»Lasst uns feiern! Wuhu!!«

Ich linste an ihm vorbei zu Ray, der einen sturzbesoffenen und völlig neben sich stehenden Terry auf dem Rücken trug. Auf dessen Kopf prangte ein seltsam glänzendes Hütchen und um seinen Hals trug er eine Blütenkette. Auch mein Herr hatte eine solche um den Hals, nur Ray nicht. Er schien der einzige zu sein, der die Situation noch überblickte.

»Ich werd den hier mal nach Hause bringen.«, meinte er.

»NEIN!«, bestimmte Terry quengelig. »Nicht nach Hause, nein! Ich will nicht... ins Bett.«

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now