Kapitel 7 (2/3)

469 38 7
                                    

Aufstehen. Los jetzt.«

Ich murrte laut, als mich irgendetwas wach riss. Blinzelnd schlug ich die Augen auf und brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass mein Herr mit verschränkten Armen und in voller Montur vor mir stand. Seine kalten, braunen Augen starrten monoton zu mir herunter und ein Schauer durchfuhr meinen Rücken.

»Es ist zwar Sonntag, aber ich werde in der Praxis gebraucht. Wasch dich, du stinkst. Und beeil dich. Und mach nichts kaputt.«, waren seine Worte, ehe er mir harsch ein paar Sachen ins Gesicht warf und dann aus dem Raum marschierte.

Völlig überfordert setzte ich mich auf und zog mir die Hose von der Stirn. Was war denn jetzt auf einmal los? Wie spät war es? Wo befand ich mich gerade? Was war nach heute Nacht geschehen?

Ganz durcheinander stand ich auf und tat das, was mir aufgetragen wurde. Eilig duschte ich mich, weil wohl irgendwas passiert sein musste. Und als ich nach unten kam, stand mein Herr bereits unruhig mit dem Fuß wippend an der Haustür und warf mir einen bösen Blick zu, als er mich bemerkte.

Unsicher kam ich näher. So nah, dass ich direkt vor ihm stand und in seine starren Augen sehen konnte, die mich abschätzig musterten. Es kam mir wie unser erster gemeinsamer Tag vor. Genauso hatte er mich auch angestarrt - als sei ich ein ekelhaftes, gruseliges Etwas, das man so schnell wie möglich vernichten musste.

Und dann war sein Blick weicher geworden. Ja, um so viel weicher in den drei Tagen, die ich jetzt hier lebte. Mein Herz raste bei dem Gedanken, wie er mich gestern berührt hatte und wie wir noch lange einfach nur aneinander geschmiegt im Wohnzimmer verharrt hatten.

Auf einmal schien all das, als hätte es nicht existiert, als wäre die Welt auf Kopf gedreht worden. War etwas derartig schlimmes in der Praxis geschehen?

Ich wollte ihm zeigen, dass er nicht alleine war. Also lächelte ich lieb. »Mein Herr, soll ich Euch beim Anziehen behilflich sein?«

Mir wurde kurz schwarz, als ich einen reißenden Schmerz an der Wange spürte. Mein Kopf wurde herumgerissen und ich taumelte, weil mein geschundener Fuß vom Sturz gestern noch nicht mein volles Gewicht tragen konnte.

Erschrocken blickte ich auf. Ein ängstlicher Schimmer funkelte in den braunen Augen meines Herrn. Er war nervös - seine Hände zitterten und seine Lippen bebten. Doch als er sich abwandte, umhüllte ihn eine Eiseskälte. »Hab ich dir erlaubt zu sprechen... Sklave?«

Mein Mund öffnete sich, heraus kam nur ein heiseres Keuchen. Auf einmal tat es fürchterlich weh - alles einfach. Das Pochen meines Herzens nahm zu, als stand ich vor einer schweren Strafe.

Hatte ich etwas falsch gemacht? Wieso schlug er mich plötzlich? Gestern war er doch so sanft und liebevoll gewesen? Tränen sammelten sich in meinen Augen, die ich schnell mit dem Handrücken wegwischte und hoffte, sie blieben unbemerkt. Aber mein Herr hatte sich bereits zur Tür aufgemacht und wollte nach draußen treten.

Da setzte mein Denken aus und ich schnappte nach dem Saum seiner Jacke, um mich zu ihm zu ziehen. »Mein Herr... wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann tut mir das leid. Bitte lasst...«

»HALT DIE KLAPPE!!«, brüllte er so laut, dass die Wände vibrierten. Angsterfüllt wich ich zurück und hielt die Hände vor meinen angespannten Körper. Seine Stimme hallte in den Räumen und meinen Ohren wieder, wie ein surrendes Echo.

Das war nicht der gleiche Mann, der mich gestern im Arm gehalten und liebkost hatte. Der mit mir gespielt und mich vergessen lassen hatte. Wer war er?

»Halt einfach die Klappe...«, wiederholte er leise. Dann lief mein Herr nach draußen. Und weil mir nichts anderes übrig blieb, musste ich ihm folgen. Jeden meine Schritte bedacht gesetzt und mein Blick nur auf ihn gerichtet, obwohl ihn das noch fuchsiger werden ließ.

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now