Kapitel 3 (3/3)

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Natürlich, ich musste ihn nicht mitnehme. Ich könnte ihn auch einfach... in die Besenkammer sperren. Da würde er sicherlich nicht rauskommen oder Schaden anrichten.

Verstohlen blickte ich zu dem Jungen, wie er sich hastig alles überzog. Die Haare hingen in seinem Gesicht, als er sich beugte. Ich konnte nicht sehen, was er gerade dachte. Aber die Angst eben... war echt gewesen. Und das reichte fürs erste.

Egal was ich von ihnen hielt, ein Unmensch war ich nicht. Und vor allem war ich ein erwachsener Mann, der nicht zu solchen primitiven Mitteln greifen musste und einen Jungen in einen kleinen Raum einsperrte.

Mir wurde fast schon schwarz vor Augen, als der Junge stolperte, während er eilig zu mir kam, aber wankend stehenblieb. Das rief Erinnerungen an letzte Nacht wach. Und um nicht von einem Desaster ins nächste zu rennen, trat ich nach draußen. Wir folgten dem gepflasterten Weg und nahmen dann mein Auto, obwohl ich bei meinem momentanen Glück nicht ausschließen wollte, dass wir heute sogar noch einen Unfall hatten.

Ich fuhr aus der Ausfahrt und nahm dann den gleichen Weg wie jeden Morgen zur Arbeit. Eigentlich war meine tägliche Routine etwas, das ich nach dem Unileben und vielen verrückten Abenteuern für mich entdeckt hatte. Es gab mir das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle. Ich wusste, wann ich aufstand, wann ich wie zur Arbeit fuhr und wie mein restlicher Tag aussah.

Doch jetzt war alles durcheinander und es war schrecklich.

Gedanklich dankte ich meinen Freunden für dieses tolle Geschenk, das ruhig neben mir saß und versuchte keinen Mucks zu machen. Es war so leise, dass ich schon genervt von dem Rauschen des Motors war.

Meine Bitte nach Geräuschen wurde erfüllt, als auf einmal ein Grummeln erklang, das anscheinend aus dem Magen meines neuen Unruhestifters kam, so wie er sich ertappt den Bauch hielt.

Bevor ich darüber nachdenken konnte, verdrehte ich die Augen und sagte genervt: »Ich werde dich sicherlich nicht durchfüttern. Nein, einfach nein.«

Ich wollte doch mit dem Quatsch nichts zu tun haben, konnte das denn niemand verstehen? Dafür hatte ich zumindest den kleinen Lichtblick, der mich am völligen Durchdrehen hinderte.

Denn als wir bei meiner Klink ankamen, die ich mir in einer Seitenstraße, etwas abseits des Zentrums aufgebaut hatte, erwartete mich mein persönlicher Sonnenschein.

Meine Sekretärin.

Als ich sie sah, wie sie am Empfang saß und uns glücklich zulächelte, war es, als fiel mir eine tonnenschwere Last von den Schultern. Zumindest eine Normale in meinem Umfeld.

»Guten Morgen, Mr Lain.«, sagte sie und stand auf, strich sich den Rock gerade und kam dann zu uns. Doch mit jedem Schritt wurde sie langsamer. »Oh, wen haben Sie denn da mitgebracht?«

Ich schluckte einen bissigen Kommentar herunter und meinte stattdessen. »Dreimal dürfen Sie raten, wessen sensationelle Idee das war...«

Sie näher sich meinem neuen Sklaven, als wäre er ein scheues Tier und er wich dementsprechend zurück. Als sie das Halsband sah, weiteten sich ihre Augen.

»Ernsthaft? Terry?«, sagte sie. Er war bekannte wie nichts, kein Wunder, dass meine Sekretärin ihn auswendig kannte. »Aber ich dachte...« Sie biss sich auf die Lippe und sah dann beschämt weg. Ich wusste was sie hatte sagen wollen und ich war froh, dass sie sich zurückhalten konnte.

»Jedenfalls hab ich ihn jetzt für die nächste Zeit bei mir. Wenn Sie jemanden kennen, der ihn nehmen würde, bin ich offen für Vorschläge.« Ich zog mich bereits aus und legte die Jacke auf den Tresen.

»Sie wollen ihn nicht behalten?« Zuerst dachte ich an einen schlechten Scherz, aber in ihrer Stimme lag ernsthafte Überraschung.

»Nein. Nein, natürlich nicht.« Wie konnte sie sowas ernsthaft annehmen.

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now