Kapitel 17 (1/3)

183 14 4
                                    

Ich erwachte ruckartig aus einem finsteren Albtraum. Was ich da fantasiert hatte, wusste ich bereits nicht mehr. Aber die klitschnasse Stirn deutete auf einen unerbittlichen Kampf hin.

Gerade wollte ich mich an meinen Freund schmiegen, da kam mir die Erkenntnis, dass Killian nicht neben mir lag. Überrascht setzte ich mich auf und fuhr über meine Augen, die von der Müdigkeit schmerzten.

»Killian?«, rief ich. Keine Antwort kam. Möglicherweise war er nur eben auf Toilette, aber ein schlechtes Gefühl scheuchte mich auf und ließ mich zum dunklen Bad treten. Auch bei eingeschaltetem Licht war kein Killian zu entdecken.

Ich erleichterte mich und sagte mir selbst, dass Killian vielleicht ein Glas Wasser holen war. Nachts trocknete die Kehle aus, oder er hatte Hunger bekommen.

Ein grauenvolles Krachen ertönte. Obwohl ich eigentlich aufgeschreckt werden sollte, beschleunigten sich meine Bewegungen nicht, lediglich mein Herzschlag.

Fast fühlte es sich an, als könnte ich nicht atmen und nur durch einen großen Fernseher mitansehen, was gerade passierte. Dass ich meinen Körper nicht mehr selbst steuerte, wurde mir spätestens bewusst, als ich wie von alleine das Zimmer verließ und Richtung Treppe ging.

So müde... mehr schwirrte mir gar nicht durch den Kopf, ausgenommen der Frage, wo Killian geblieben ist.

Draußen war es noch dunkel. Die Raben krähten und Äste schlugen beim heulenden Wind gegen die Fenster, was ein fürchterliches Krachen ergab, das meine Ohren schmerzen lies.

Und dann erstarrte ich.

Plötzlich hatte ich Killian gefunden.

Meine Augen weiteten sich und die Kraft, die meinen Körper steuerte, ließ bloß ein entsetztes Keuchen verlauten.

Da lag er.  Am unteren Ende der Treppe. Den Arm verdreht und die Augen geschlossen. Direkt in einer Blutlache. Die Schläuche hatten sich über seinen Körper verdreht.

Seinem toten Körper.

Er war tot.

»...ac!«, drang ganz leise zu mir durch. »...Isaac...Isaac!«

Ich schlug die Augen auf und zog die Luft scharf ein, als wäre es der letzte Sauerstoff auf Erden. Meinen Kopf riss ich zur Seite und als ich warme, blaue Augen erkannte, schnellten meine Hände nach vorne, und griffen das Erstbeste, um es heranzuziehen. In dem Fall Killians Kopf, den ich mit Küssen übersäte, als er nahe genug war.

»Du hast nur geträumt.«, erklärte Killian und als er weitersprechen wollte, ging es in einem Nuscheln unter, weil ich ihn ohne Vorwarnung küsste.

»Es ist schön dich zu sehen.«, meinte ich, während ich mich von ihm löste und dann eine Strähne hinter sein Ohr strich.

»Ein schrecklicher Alptraum muss das gewesen sein. Du bist klitschnass und hast die ganze Zeit geschrien.«

»Ach, hab ich das?«, kam es beiläufig von mir. Zwar begriff ich jetzt, dass Killian nicht weg war, mein rasendes Herz wollte aber noch nicht ganz daran glauben.

»Was hast du geträumt?«

»Nichts.«

»Wenn man es erzählt, wird es besser, glaub mir.«

»Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern.«, log ich einfach, um nicht von der verstörenden Szene zu erzählen. Das war haargenau das erste Bild gewesen, dass ich von... Ben hatte sehen müssen.

Dass es mich jetzt von Neuem in der Nacht verfolgte, hieß nichts Gutes. Killian musste die Erinnerungen geweckt haben.

»Leg dich wieder hin.«, entschied ich und zog meinen Freund mit nach unten, um noch ein wenig weiterzuschlafen, bevor die Arbeit begann. Zumindest sollte Killian das, ich würde kein Auge mehr zubekommen. Trotzdem tat ich so, als wäre ich ganz müde und schmiegte mich an Killian. »Danke fürs Aufwecken übrigens...«

»Bereit?«

»Nein, nicht wirklich.«

»Komm schon...«

Ich streichelte Killians Arme entlang und hauchte einen Kuss in seinen Nacken, was ihn zusammenfahren ließ. Dann legte ich mein Kinn auf seinem Kopf ab und betrachtete uns im Spiegel.

Nach meinem Albtraum hatte ich die restlichen zwei Stunden wachgelegen, bevor der Wecker mir den letzen Nerv geraubt hatte. Um mich etwas abzulenken, hatte ich kurzerhand entschlossen, Killians Problem mit seinem Band zu lösen.

»Du brauchst keine Angst zu haben.«, versuchte ich es erneut. »Ich bin doch da. Deine Erinnerung wird sich nicht wiederholen.«

»Woher weißt du das?«, fragte Killian und das Du zerfloss förmlich in meinen Ohren. Am liebsten wäre ich heute mit ihm zu Hause geblieben und hätte was anderes gemacht, als zu arbeiten...

»Du bist immer noch mein Sklave. Ich könnte es dir auch befehlen.«, scherzte ich. Allerdings bemerkte ich an seinem nervösen Blick, dass ich wohl doch lieber den Mund halten sollte. »War nicht ernst gemeint. Sei nicht böse.«

»Wenn jemand mich ohne dieses Ding sieht...«

»Dann bin ich da, um es zu erklären.« Ich gab meinem Freund einen sachten Kuss auf die Wange. »Tu's für mich. Es gibt auch eine Belohnung.«

Killian legte den Kopf in den Nacken und sah zu mir auf. Ein kleines Schmunzeln überkam ihn. »Was für eine?«

»Was du willst.«

Dann seufzte er. Und ich wusste, dass ich es geschafft hatte. Vielleicht ging es zu schnell, aber Killian sollte wissen, dass er nichts zu befürchten hatte. Also fanden seine Finger zum Halsband. Ich sah sie zittern und unterstützte ihn, indem ich den winzigen Verschluss öffnete, damit er das Band abnehmen konnte.

»Sieht lecker aus~«, flötete ich an Killians nacktem Hals, der sogleich von meinen Zähnen erkundet wurde. Die Haut fühlte sich sehr zart an.

»Ihr müsst arbeiten.« Eine Hand landete in meinem Gesicht und drückte mich weg. Grummelnd gab ich nach, ließ Killian aber nicht los.

»Waren wir nicht schon mal beim Du angelangt?«, hakte ich nach und bekam ein zaghaftes Nicken. Gedanklich ging ich bereits die Möglichkeiten durch, dieses Halsband für immer verschwinden zu lassen. Jetzt wirkte Killian mehr und mehr wie mein Freund.

»Unddu willst wirklich, dass ich heute mitkomme?«, fragte Killian, wobei er meine Betitelung extra betonte.

»Dachte nur. Danach könnten wir noch nach Terry sehen.« Und du kannst mich von meinen schlimmen Gedanken ablenken, fügte ich noch gedanklich hinzu.

Langsam nickte Killian, aber ich sah sein Köpfchen rattern. »...Ja.«

Die verzwickte Kunst des VertrauensWhere stories live. Discover now