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Ich spürte, wie vor Schreck die Unsichtbarkeit flimmerte, ehe ihre schützende Hülle vollständig verschwand und ich mit geweitetem Blick und breitbeiniger, geduckter Haltung in ein Paar blutrote Augen starrte. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Sofort spürte ich eine Welle der Macht über mich rollen, so, wie sie nur ein Alpha aussenden konnte. Mir entfuhr ein Keuchen, als ich auf die Knie fiel und sich ein stechender Schmerz auf meinen Beinen ausbreitete.

„Endlich begegnen wir uns, Kleines. Ich habe mich schon gefragt, wo du steckst. Ein Gast lässt doch den Gastgeber nicht lange warten, nicht wahr?", erscholl es knurrend und mir entfloh ein Wimmern. Mondgöttin, ich konnte es spüren. Dies war mein Ende. „Hübsch bist du, kein Wunder, dass du die Gefährtin meines Neffen bist. Was glaubst du, wie würde er reagieren, wenn ich dich Mein mache?" Bei den Worten setzte mein Herz aus. Mit brennenden Augen stierte ich auf den rauen Steinboden, gefangen durch die Macht des Alphas. „Noch dazu bist du ein mickriger Omega. Einfach zum Kontrollieren. Du wagst nicht einmal, deinen Blick zu heben.", ertönte es amüsiert und ich biss die Zähne aufeinander, sodass mein Kiefer schmerzte. „Ich bin nicht Dein und werde es niemals sein.", fauchte ich unter meinen flachen Atemzügen. Ein schallendes Lachen ertönte, welches von den kalten Wänden hallte. „Das werden wir sehen." „Lieber kratze ich mir die Augen aus!"

Schwere Schritte kamen näher. Ich presste die Augen zu, die Hände tastend über den eigenen, zitternden Körper, bis ich die Arme fest um mich selber geschlungen hatte. „F-Fass mich nicht an!", presste ich hervor, doch meine Stimme wackelte, bis sie brach. Ein tiefes Schmunzeln. „Wo ist dein Mut geblieben? Du bist kaum wiederzuerkennen, du armes, kleines Ding. Hab keine Angst, ich werde deinem hübschen Gesicht nichts antun.", säuselte Pietro und seine Stimme war schwer wie eine Wabe voll triefendem Honig. Ein Schaudern jagte durch meinen Körper.

Als sich eine raue, bleierne Pranke auf die Schulter legte entfuhr mir ein leiser Schrei. „Nein!", brachte ich über meine bebenden Lippen. Doch der Alpha ließ nicht ab. Ich wollte mich aus meiner eigenen Haut schälen, als lange, unebene Fingernägel über die Haut am Nacken strichen. Als würde er ein neues Spielzeug ausprobieren. Als sich angesichts der Erkenntnis mein Magen umdrehte musste ich würgen. Ein Zischen ertönte und als mich die zweite Welle traf, sackte ich augenblicklich auf dem kalten Steinboden zusammen. Wie ein Häufchen Elend.

Die Markierung begann, zu brennen, so heiß wie eine blaue Flamme. Ich biss mir auf die Lippe, um keinen Schrei auszustoßen, ein metallischer Geschmack breitete sich auf der Zunge aus. „Wie kannst du es wagen, du elendes Mistvieh. Ich sollte dich einfach abschlachten. Du bist unrein, du stinkst von dem Geruch meines Neffen.", knurrte der Werwolf und ehe ich mich versah hatten sich zwei Hände um meinen Hals gelegt. Nein, dies waren keine Hände. Dies waren Pranken. Als sie schließlich zudrückten, schloss ich die Augen, jeder einzelne Faser vor Protest in Brand gesetzt. Was für ein Ende.

꧁soundless snow꧂Where stories live. Discover now