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Wieder Stille. Meine Augen schellten immer wieder zu Alon, als würde ich ihn dazu beschwören, etwas zu sagen. Doch er sagte nichts. Meine Finger krallten sich ineinander, während ich irgendwann lieber meine Fußspitzen musterte. Ich hatte viel zu extrem reagiert, ich Idiotin! Ein Seufzen, aber nicht von mir. Oder Alon. Ich wagte, meinen Blick zu heben, doch als ich dem Sandbraunen begegnete, zuckte ich fast zusammen. "Es tut mir leid, Melody. Ich bin einfach nur wegen dieser Situation... Aufgebracht. Aber das hätte kein Grund sein sollen, um..." "Schon gut. Für mich ist diese ganze Situation auch etwas aufwühlend. Ihr fragt euch sicher, wie ich ins Zentrum der Macht gekommen bin. Um es euch zu beantworten, meine Eltern hatten die Ehre. Der Mächtigste hat von mir gewusst, meine Eltern haben unter ihm gearbeitet. Er hat ihnen eine ordentliche Summe versprochen. Nicht, dass es mich jetzt wundert, ich bin adoptiert gewesen.", unterbrach sie mich und schloss für einen Moment ihre schmalen Augen.

Meine Augenbrauen hoben sich und mein Mund suchte nach Worten, doch mir wollten sie nicht einfallen. "Oh Mondgöttin, wir wollten dich wirklich nicht in eine unangenehme Lage bringen! Es tut uns leid, wirklich.", stammelte Alon und ich sah, wie sich seine Schultern kaum merklich zu seinen Ohren zogen. "Dann ist es wohl selbsterklärend, dass du bei uns bleibst. Mach dir keine Sorgen, unsere Eltern wissen Bescheid und wir helfen dir gerne.", fügte ich hinzu.

Meine Mundwinkel zogen sich zaghaft in die Höhe, als Melody plötzlich sanft lächelte. Fast schon konnte ich idyllisches Vogelgezwitscher im Hintergrund hören. "Danke. Ich schätze eure Hilfsbereitschaft und fürchte, sie annehmen zu müssen.", meinte sie. Ein Stein fiel mir vom Herzen und fast wäre ich eingeknickt, so sehr erleichterte mich ihre Antwort. "Wir heißen dich herzlichst willkommen, Melody. Wie wäre es, wenn wir noch andere Dinge besprechen, wenn wir schon dabei sind. Natürlich nur, wenn du die Kraft hast.", sprach Alon mit gehobener Stimme und breitete seine Arme feierlich aus. Das Mädchen nickte sanft.

Es mussten auch die ernsten Dinge besprochen werden. Einen Decknamen für das kleine Grüppchen, wie Herbst fand, er meinte, es machte alles noch viel aufregender. Schließlich wurde der Vorschlag Die Wahnsinnigen oder Die lebensmüden Verdammten oder Der schlechte Witz des Schicksals abgelehnt, bis Melody das Wort Mond vorschlug. Simpel und effektiv, so sollte es sein. Sogar Alon stimmte irgendwann zu, wenn auch etwas nörgelnd. Es wurde weitergesprochen.

Die Ziele, die Vorgehensweisen, was wir mit Melody machen sollten, das alles besprachen wir. Sie konnte wohl kaum in die Schule gehen, ihr Gesicht war unter den gefährlichen Leuten bekannt, die uns nur zu einfach einen Strich durch die Rechnung machen konnten. Zumindest stand das nächste Ziel fest: Wir würden Frühling finden. Und ich mehr über die Prophezeiung herausfinden. Dafür musste ich zu ihm, um ihn auszufragen, nicht mal Alon wusste genauer Bescheid. Aber schon, wenn ich an sein Gesicht dachte, beschlichen mich gegensätzliche Gefühle. Am Liebsten hätte ich ein übertriebenes, leidendes Seufzen von mir gegeben.

꧁soundless snow꧂Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt