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Zuhause erfüllte der Duft nach frisch gebackenen Keksen und Weihnachten die Wohnung. Lachen und Wärme. Goldenes Licht, welches hinter den Vorhängen in die dunkle Nacht drang und wie ein einsamer Stern in einer verlassenen Nachbarschaft schimmerte. Keine Hubschrauber mehr. Keine Soldaten. Nur ein Meer aus Schneeflocken. Ich fühlte mich leer bei dem Anblick, so schrecklich leer, dass ich in Tränen ausbrechen wollten. Sie kamen nicht, also betrat ich endlich mein Zuhause.

Ein Teller dampfender Kekse wurde sogleich von einem strahlenden Alon in mein Gesicht gehalten. „Du hast Glück, dass ich nicht das Rezept meiner umwerfenden, kleinen Schönheiten aufgeben musste!", krähte er mit einem breiten Grinsen. Ich neigte den Kop, um auf den Holzboden zu blicken. Was hatte er aufheben müssen? Wie konnte er noch immer lachen? „Danke, aber ich will im Moment nichts essen. Ich schätze, mir ist nicht danach.", murmelte ich, während ich mit hängenden Schultern an ihm vorbei schlurfte. „Anastasia, geht es dir gut? Bist du verletzt?", rief mein bester Freund über die Schulter mir zu, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Ich will alleine sein.", sprach ich meine Gedanken aus, als ich die Treppen hoch zu meinem Zimmer schlich.

Jenes Zeitgefühl hatte ich schon längst verloren. Ich starrte die weiße Decke an, die Daunendecke fest um den Körper gewickelt und die Nase darin vergraben. Immer wieder klopfte es eine Tür, meine besten Freunde, die mich zum Essen bewegen wollten. Es wurde hell und wieder dunkel, hell und dunkel, hell und dunkel. Ich sollte mich nach dem Ritual unsterblich fühlen. Nun lag ich hier, die Kraft mit einem tiefen Seufzen aus dem Körper gewichen, während ich wartete, dass die Zeit verstrich.

Abermals klopfte es an der Tür. Als ich nicht antwortete brach ein Stimmengemurmel aus. Meine Freunde schienen gedämpft eine rege Diskussion zu halten. „Ihrem Gefährten geht es nicht besser. Wir müssen Anastasia überreden, ihm zu helfen.", kam es von Melody. Ich runzelte die Stirn., ich hatte keinen Gefährten. Trotzdem tauchte ein flüchtiges Bild in meinen Erinnerungen auf, der Mann im roten Schnee. Warum dachte ich an ihn? Mit einem leichten Kopfschütteln vertrieb ich das Bild und verbannte es aus meinen Erinnerungen. „Ich gehe Anastasia holen, auch wenn ich sie selbst ins Krankenhaus tragen muss!", ertönte Melodys Stimme. Noch nie hatte ich das Mädchen so hitzig klingend gehört. Warum war sie so aufgebracht? „Ich helfe ihr!", pflichtete Mark ihr bei. Also hatten sie sich gegenseitig nicht verloren. Doch für welchen Preis?

Mit einem leisen Knarren ging die Tür auf und Melody stampfte mit aufgeblasenen, geröteten Wangen und in die Hüften gestemmte Hände in den Raum, Mark direkt hinter ihr. „Das reicht jetzt. Wir müssen deinem Frustspiel endgültig ein Ende setzen! Du kommst jetzt mit und gehst deinem Gefährten den Arsch retten, ob du willst oder nicht! Ihr beide seid wirklich sturköpfig, niemand von euch will Hilfe annehmen, wenn ihr sie am Meisten braucht!", herrschte sie mich an, während ich sie nur mit leerem Blick anstarrte. „Ich habe keinen..." „Doch, hast du sehr wohl! Dieser blöde Spiegel hat dir nur Märchen eingeplappert!", unterbrach sie mich und wandte sich an Mark. „Ergreif sie!", befahl sie und mir entfuhr ein Quieken, als sich starke Arme um mich legten und die Decke plötzlich näher kam. „Lass mich runter!" Vergeblich. Meine Freunde hatten offensichtlich andere Ideen, denn Mark machte sich mit mir über der Schulter auf.

꧁soundless snow꧂Where stories live. Discover now