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Ich erwartete Worte, doch sie kamen nicht. Wundern sollte es mich nicht, für ihn war dies ein ebenso sensibles Thema wie für mich, doch ich musste einfach alles wissen. "Caspian.", murmelte ich und fing seinen stumpfen, trüben Blick in meinem. Augenringe, die nicht zu übersehen waren. Er musste mir trotzdem antworten. Ich brauchte diese Antwort, sie könnte mein Leben verändern. Ein Seufzen kam gepresst aus seinem Mund und er fuhr sich durch das unordentliche, schwarze Haar, während sein Blick wieder in die Weiten des Raumes glitt.

Fühlte er sich etwa schuldig? Oder schämte er sich für das, was sein Vater mit mir tun würde, wenn er mich zu fassen bekam? "Ich bin heute wirklich zu müde. Bitte geh.", folgte auf das Seufzen und ich sog hörbar die Luft ein, während sich meine Finger in das edle Leder krallten. "Wann bist du denn nicht zu müde? Ich weiß, du bist der Sohn des Mächtigsten, deine Eltern machen dir ständig Druck, und da gibt es auch noch Kara, aber ich muss es wissen! Bitte!", entgegnete ich hastig. Mein Körper war kurz davor, aufzuspringen und seinen Arm zu packen, als er mit eingesunkenen Schultern mir den Rücken zudrehte.

Mit aufgerissenen Augen funkelte ich den Hinterkopf an, doch erhalten tat ich nur ein Kopfschütteln und ein weiteres Seufzen. "Bitte tu mir das nicht an. Es scheint, als wüsstest du selbst bereits über alles bescheid, also lass mich es nicht nochmal erklären müssen. Himmel, du bist immer noch meine Gefährtin, so wenig dir das auch zu passen scheint! Außerdem, wenn meine Eltern jemals über dich erfahren, dann... Ach Mondgöttin, das könnte ich doch niemals zulassen! Ich habe ihnen noch in jener Nacht die Lüge aufgetischt, du würdest gar nicht existieren und ich habe mich nur mit meinen Gefühlen geirrt.", ratterte herab und begann, zu seinem Bett zu schlurfen. Definitiv ein weiterer Streit mit seinen liebsten Eltern. Trotzdem verunsicherten mich seine Stimmungsschwankungen, ich wusste gar nicht mehr, ob seine Worte authentisch waren und Auskunft über das gaben, was tatsächlich in seinem Inneren passierte. Die Hausschuhe verursachten ein schleifendes Geräusch auf dem blank polierten Marmorboden. Ich sprang auf, um ihn zu folgen.

Es war wahrscheinlich besser so, dass seine Eltern nichts über mich wussten. Schon klar, dies würde keine Lösung für die Ewigkeit sein, aber fürs Erste schenkte es uns Zeit. Und Zeit war wertvoll. Fein, das sah ich ein. Dennoch musste er mit mir reden, seine abrupte Kühle machte mich schier wahnsinnig. Ich straffte meine Schultern. "Mir... Mir passt es sehr wohl, dass du mein Gefährte ist. Das am Anfang war nur die Überraschung gewesen. Ich habe überhaupt nicht mit dir gerechnet und habe mir als Erstes Sorgen um meine Familie gemacht. Damals habe ich dich ja noch gar nicht gekannt! ", sprudelte es aus mir hervor und schnell schlug ich die Hand vor den Mund. Kleine, bösartige Gedanken schlichen sich in meinem Kopf, hatte ich die richtigen Worte gewählt, hatte es überhaupt Sinn, Antworten beharrlich zu fordern? Zum Glück drehte er sich nicht um, doch für eine Millisekunde schien er in seiner unmenschlichen Eleganz einzufrieren. Zu schnell ertönten wieder seine gedämpften Schritte, verfolgt von meinem aufgeregt klopfendem Herzen. Das Adrenalin in meinen Adern ließ meinen ganzen Körper prickeln.

"Bleib stehen. Ich habe doch gesagt, für heute ist diese Sache abgehakt und es wird keine weiteren Diskussionen geben.", gab er mit emotionsloser Stimme von sich und ich blieb stehen. War ich es, die ihn irgendwie wütend gemacht hatte? Hatte ich irgendeine unsichtbare Grenze überschritten? War er tatsächlich einfach nur müde nach der Attacke? Verstehen konnte ich es ja, und die daraufhin eintreffenden Schuldgefühle ließen mich meinen Blick senken. Andererseits, das letzte Treffen zwischen uns war fast ohne jegliche Probleme verlaufen. Meine Güte, er hatte mich sogar davor markiert! An seiner Seite war ich eingeschlafen und an seiner Seite wieder aufgewacht, und außer ein paar Neckereien waren nur liebe, rücksichtsvolle Worte gewechselt worden. Ich hatte mir geschworen, nie wieder sein Leid zu übersehen und immer für ihn da zu sein. Was war aus diesem Versprechen nun geworden?

Ich sah zu Boden, wo sich meine Gestalt verzerrt spiegelte. Ich lag im Unrecht, angefeuert von meinen blöden Emotionen und der Sorge um Alon und Melody. So hatte ich es nicht gewollt. Niemals hatte ich es gewollt, Caspian so zu drängen und in eine Ecke zu treiben. "Es tut mir leid. Ich bin eine schlechte Gefährtin, obwohl ich mir geschworen habe, das Gegenteil zu sein. Vergiss, was ich letztens gesagt habe, und schlaf gut.", kam es über meine Lippen und warme Wellen der Frustration trieben etwas verdächtig Nasses in meine Augen. Die Schuldgefühle vertrieben das Adrenalin und zurück blieb eine Schwere, die ich auch nicht mit aller Kraft vertreiben konnte.

꧁soundless snow꧂Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt