Kapitel 35

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Obwohl ich nur eine 30-minütige Fahrt hinter mir habe, kam es mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Während der gesamten Strecke war ich wie in Trance und habe versucht gedanklich den Ablauf zu skizzieren. Ich habe mir unterschiedliche Szenarien ausgemalt wie sich das Aufeinandertreffen mit Aiden abspielen könnte. Doch egal wie intensiv ich versucht habe mich mental auf diese Situation vorzubereiten, ich bin innerlich ein einziges Nervenbündel. Kalter Schweiß läuft mir die Stirn hinunter und tropft in den Ausschnitt meines Shirts. Ich wische mit dem Handrücken über mein Gesicht um mich anschließend im Rückspiegel zu betrachten. Mein Herz rast. Als ich aussteige bleiben meine Augen an dem riesigen Betonkoloss mit den unzähligen Fenstern, die durch dicke Gitterstäbe gesichert sind, kleben. Beim Anblick des hohen Zaunes muss ich schwer schlucken und spüre wie sich ein beklemmendes Gefühl in meiner Körpermitte ausbreitet.

Ich melde mich an der Pforte an und hinterlege meinen Ausweis. Sofort werde ich von einem Justizvollzugsbeamten gebeten ihm zu folgen.
Ich frage mich, ob man mir die Anspannung anmerkt, da mich jeder mit freundlicher Miene begrüßt. Verlegen fahre ich mit den Fingern durch meine langen Haaren und versuche die einzelnen Strähnen, die vom Schweiß ganz feucht sind, zu entwirren. Ich laufe mit zügigem Schritt dem kleinen Mann hinterher. Da ich mich wirklich unwohl fühle, versuche ich mich nicht zu sehr umzuschauen. Stattdessen fixieren meine Augen die kahle Stelle am Hinterkopf des Beamten. Ich konzentriere mich allein darauf, da die Luft um uns herum vor Abspannung beinah zu vibrieren beginnt. Natürlich merke ich im Augenwinkel wie auch andere Personen und Beamten an und uns vorbei schlendern, doch ich schenke ihnen keine Beachtung.

Wir passieren mehrere Hochsicherheitstüren, die der Beamte mit einem Schlüssel öffnet. Alles wirkt so kalt und furchteinflösend. An der Decke verlaufen dicke Metallrohre, die bereits an einigen Stellen zu rosten beginnen. Obwohl alles so steril aussieht, fühlt es sich eher abgenutzt und runtergekommen an. Die besten Jahre hat die Anstalt definitiv hinter sich.

Als Nächstes steht die Sicherheitskontrolle an. Da ich mich vorab bereits über das Prozedere informiert habe, weiß ich ganz genau was mich erwartet. Die sehr junge Beamtin, die mich auf unerlaubte und gefährliche Gegenstände abtastet, macht mit ihrer Brille und dem strengen Gesichtsausdruck einen sehr kompetenten Eindruck auf mich. Souverän tastet sie mich nach einem bestimmt erlernten Schema ab ehe sie mich auffordert Handy und Geldbeutel in einem Schließfach zu verstauen. Nach dem Security Check darf ich nun durch die nächste Tür gehen. Gleich treffe ich auf Aiden und mein Herz pocht nun schneller in der Brust. Ich fahre mit der Zunge über meine Lippe da sie sich mit einem Mal extrem spröde und trocken anfühlt.

Ich warte mit dem Beamten nun vor einer grauen Metalltüre, die sich gleich darauf entriegelt und aufspringt. Der kleine Mann läuft voraus und winkt mich hinterher. Der Besuchsraum wirkt wie eine Kantine mit mehreren Plastiktischen und Stühlen. Einige Personen sitzen bereits an den Tischen und unterhalten sich. Sofort fallen mir die 2 Justizbediensteten auf die den Raum überwachen. Zudem hängen in den Ecken Kameras. Bestimmt sollen sie das Übergeben von Schnuggelware verhindern. Zumindest habe ich das glaube ich mal in einer Reportage gehört.

Ich erblicke Aiden. Reflexartig beschleunigt sich meine Atmung. Wie auf dem Präsentierteller sitzt er da. Ich schaue mich noch einmal um, ehe ich in seine Richtung losmarschiere.

Aiden sieht schrecklich aus. Die ganze Situation ist einfach so surreal. Sofort fällt mir seine Lippe auf. Sie ist angeschwollen und ein dickes Pflaster ziert sein Kinn.

>>Bin nur hingefallen. << Unterbricht Aiden die Stille und ich merke, dass ich immernoch stehe und ihn anstarre.

Wir beide wissen, dass es gelogen ist, aber ehrlich gesagt würde ich die Wahrheit in meiner aktuellen Verfassung nicht ertragen.

Ich habe gelernt, dass es Dinge gibt die man einfach ertragen muss. An denen man ohnehin nichts ändern kann. Sie sind nunmal so wie sie sind. Damit muss man klarkommen, ob man will oder nicht.

Ich setze mich. Der Wärter, der mich begleitet hat, hat sich nun zusätzlich zu den zwei Anderen an die Einganstüre positioniert. Am liebsten würde ich jetzt nach Aidens Hand greifen, doch ich weiß, dass jeglicher Körperkontakt verboten ist. Ich spüre wie meine Unterlippe zittert und meine Schultern zu Beben beginnen. Bloß nicht anfangen zu weinen versuche ich mich zu beruhigen. Ich unterdrücke das leise Schluchzen und weine anstatt dessen stumm in mich hinein.

Noch bevor ich überlegen kann wie ich das Gespräch beginne legt Aiden einfach los:«Wenn ich dir jetzt ein Geheimnis verrate, versprichst du mir dann nicht weiter darauf einzugehen?«

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⏰ Last updated: Sep 23, 2022 ⏰

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Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now