Kapitel 24

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Wieder an Land versuche ich verzweifelt das Wasser aus meiner Kleidung zu winden, doch der Stoff klebt wie ein nasser Lappen an meinem Körper. Es fühlt sich unangenehm an, wie eine volle Windel, die mich keinen geraden Schritt mehr laufen lässt. Ununterbrochen zupfe ich an meinem T-Shirt und verziehe das Gesicht dabei.

»Soll ich dich nach Hause bringen?« Aiden lächelt gekünstelt, da er mir mein Unwohlsein anmerkt. Ich muss dringend aus diesem nassen Fummel raus, weswegen ich zustimmend nicke.

Umso länger wir durch die Straßen laufen, desto mehr zittert mein Körper. Anscheinend ist es Aiden auch nicht entgangen, denn er legt fürsorglich sein Sweatshirt um meine schmalen Schultern. Damals war er auch immer so selbstlos und hat lieber Gegeben als Genommen. Ich vermisse diese Eigenschaft an ihm und bin jedes Mal froh darüber, wenn er mir seine empathische Seite zeigt.

»Warte.« Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm. Langsam richte ich mich auf und und blicke ihm tief in die Augen. Die grünen Augen scheinen in diesem Moment noch intensiver zu leuchten. Als sich Aiden mir nähert, fällt mein Blick auf seine vollen Lippen. Ich neige meinen Kopf zur Seite und schließe die Augen. Seine Lippen fühlen sich weich an und ein angenehmer Duft steigt in meine Nase. Er riecht so unglaublich gut. Aiden legt seine Hände um meine Taille um mich näher an sich heran zu ziehen. Eine Gefühlsmischung aus Leidenschaft, Verlangen und Wärme überkommt mich. Seine Zunge, warm und feucht, umkreist behutsam meine, sodass ich alle Sorgen vergessen kann. Immer wieder saugt er an meiner Lippe und ich kann einfach genießen und mich fallen lassen. Dieser Kuss entfacht ein unglaubliches Feuer in meinem Inneren und ich spüre wie die Wärme auch mein Gesicht erreicht. Ich werde in einer Weise erregt, wie ich es zuvor noch nie erlebt habe.

Als wir uns schließlich voneinander lösen, fallen mir Aidens Grübchen auf. Immer wenn er lächelt, bilden sich diese kleinen süßen Vertiefungen in seinem Gesicht. Noch eine Weile laufen wir durch die Gassen, bevor wir schließlich mein Haus erreichen.

Ich greife in meine Hosentasche und erstarre als ich keinen Schlüssel fühlen kann. Ich taste noch die andere Tasche ab, doch auch hier befindet er sich nicht. Mist. Ich habe ihn bestimmt im See verloren.

»Ich bin einen Kopf kürzer.« Ich lasse Aiden stehen, winke ihm nur kurz zum Abschied, da der Kloß in meinem Hals mich daran hindert einen halbwegs vernünftigen Satz auszusprechen. Zudem ist er Schuld an der ganzen Misere. Mein Gang ist schleppend und mein Oberkörper schlaff, doch es gibt keinen anderen Ausweg aus dieser Situation, außer zu klingeln und mich der Konfrontation mit Mum zu stellen.

Mein Blick fixiert die Eingangsstüre und es dauert eine Weile, bis ich mich überwinde auf die Klingel zu drücken. Ein Gefühl der Beklemmung überkommt mich. Mein Körper verkrampft sich und ich ziehe meine Schultern nach oben. Ich habe das Bedürfnis mich kleiner zu machen. Am liebsten wäre ich unsichtbar, doch leider kann ich mich nicht in Luft auflösen.

Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor ehe Mum die Türe öffnet. Ihr verschlafener Gesichtsausdruck ändert sich mit einem Schlag in eine wütende und überraschte Miene zugleich. Sie mustert mich von oben bis unten und ich kann die Fragezeichen in ihrem Kopf ganz deutlich erkennen.

Ich folge ihr in die Küche. Ich weiß ganz genau was jetzt folgt. Sie wird mir einen Vortrag halten, indem ich mir eine Moralpredigt nach der nach Anderen anhören darf. Doch ihr Blick ist weicher geworden und sie sieht mich irgendwie mitfühlend an. Vielleicht täusche ich mich auch und es ist eher eine Mischung aus Enttäuschung und Verzweiflung.

»Was ist passiert? Sie kneift ihre Lippen zusammen und umfasst meine Hand, obwohl ihr mit Sicherheit mehr danach ist mich anzuschreien.

»Warst du mit Aiden unterwegs?« Ich antworte nicht, weshalb Mum angewidert den Kopf schüttelt und sofort einen Schluck Wasser nimmt. Sie räuspert sich und zupft ihre Haare wieder zurecht. Währenddessen werden meine Augen von den unzähligen Wassertropfen angezogen, die sich mittlerweile unter mir auf den schwarzen Fliesen verteilt haben.

»Sarah, er ist kein guter Umgang für dich.« Auf eine Art kann ich ihre Ängste nachvollziehen, da jede Mutter nur das Beste für ihr Kind möchte, doch ich bin mir sicher, dass Aiden nicht der ist für den ihn alle halten.

»Was wenn er es nicht war.« Mums Augen wandern durch den Raum, während sie kurz überlegt und ihren Blick wieder auf mich richtet.

»Sarah wie kommst du auf so einen Blödsinn. Niemand würde so eine Tat einfach aus heiterem Himmel auf sich nehmen.« Mum schüttelt ungläubig den Kopf.

»Was wenn er gezwungen wurde«, bringe ich als Argument ein, mit der Hoffnung sie von meinem Standpunkt zu überzeugen.

»Sarah bitte phantasiere doch nicht. Du spinnst dir grade eine Wahrheit zusammen, die so nicht existiert.« Mum nimmt mich einfach nicht ernst. Es ist eines dieser Gespräche wie es sonst nur Mütter mit ihren Kleinkindern führen. Sie unterhalten sich zwar mit dir, geben einem aber das Gefühl, dass man nicht reif genug ist um überzeugende Erklärungen einzubringen. Als ob alles an den Haaren herbeigezogen ist.

»Du willst dir einfach nicht eingestehen, dass dein bester Freund ein Mörder ist.« Sie versucht an meine Vernunft zu appellieren, doch damit kann sie mich auch nicht umstimmen.

»Für uns war es auch nicht einfach. Immerhin kennen wir Aiden seitdem er zwei Jahre ist.« Am liebsten würde ich meine Augen verdrehen, denn sie ist Welten davon entfernt nachzuvollziehen was in mir vor geht.

»Für euch ist es schwer?« Ich kann meine Worte nicht mehr zurück halten, sodass sie einfach aus mir heraus sprudeln. Sie hat doch keinen blassen Schimmer.

»Was hat sich denn für dich geändert?«, setze ich nach, da ich einfach nur noch wütend bin.

»Für mich nämlich Vieles. Ich bin jetzt die Außenseiterin, die keine Freunde mehr hat.« Ich rümpfe die Nase, versuche dennoch gefasst zu wirken, auch wenn mein Tonfall unterschwellig von soviel Wut begleitet wird.

»Aiden ist mein einziger Freund.« Ich versuche so mein Verhalten zu rechtfertigen, doch Mum scheint an einer Erklärung nicht interessiert zu sein, da sie sich abwendet und aus der Küche verschwindet. Ich schließe meine Augen und versuche die Fassung wiederzufinden, da es in meinem Inneren so stark brodelt, dass ich befürchte zu Explodieren.

Ich muss die Wahrheit herausfinden, auch wenn Aiden versucht sie vor mir zu verheimlichen. Immer wieder betont er, dass er mich schützen will, doch ich kann selber auf mich achten. Ich entscheide mich dafür morgen bei Klara und John vorbeizuschauen in der Hoffnung dort Indizien zu finden, die endlich Licht ins Dunkle bringen.

Aiden - gefährliche LiebeOnde histórias criam vida. Descubra agora