Prolog

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Ich kann mich noch genau an diesen Tag erinnern. Es war der sechste Juli 2009. Obwohl es herrlich warm war, die Vögel zwitscherten und ich wie jeden Morgen zur Schule lief, hing etwas Unerklärliches in der Luft. Wie eine Wolke, die sich vor die Sonne schiebt und für einen Moment einen dunklen Schleier über die Erde legt.

Der sechste Juli 2009 entpuppte sich ziemlich schnell als einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Es war der Tag, der mein Leben auf den Kopf stellte und alles an was ich je geglaubt hatte geriet ohne Rücksicht auf meine Gefühle ins Wanken. Wie ein Schiff auf See, welches versucht gegen die überdimensional hohen Wellen anzukämpfen. Ein Kampf, welcher schlussendlich doch im Untergang endete.

Diese Bilder werde ich niemals mehr aus meinem Kopf bekommen, dafür haben sie sich zu stark in meinem Gedächtnis verankert. Wie ein Virus, welcher ohne Vorwarnung auftaucht, Chaos anrichtet und dann einfach nicht mehr verschwindet, sondern sich im Hintergrund immer weiter ausbreitet bis auch die letzte Zelle infiziert ist.

Mrs. Porter war gerade dabei eine Gleichung mit zwei Variablen an der Tafel zu lösen, als die Tür mit einer unglaublichen Wucht aufgerissen wurde. Zwei Polizisten stürmten das Klassenzimmer, einer davon war Chief Mathewson.

»Bitte bleibt alle sitzen und bewahrt Ruhe!«, befahl er uns mit strengem Ton und sofort suchten zwei Augenpaare den Raum ab. Erschrocken sahen sich alle Schüler um und auch Mrs. Porter stand der Schock ins Gesicht geschrieben.

»Aiden Miller, du bist wegen Mordes an deinem Mitschüler Christopher Bennett festgenommen. Alles was du sagst, kann gegen dich verwendet werden, aber du hast auch das Recht zu schweigen.«

Ohne jegliche Gegenwehr stand Aiden auf und ließ das Prozedere über sich ergehen. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern starrte regungslos die grauen Fliesen des Klassenzimmers an. Sein Ausdruck emotionslos. Seine Augen, leer. Chief Matheson behandelte Aiden wie einen Erwachsenen. Wie einen Schwerverbrecher, vor dem die Menschheit beschützt werden musste. Dabei war er doch ein Teenager. Ein zwölfjähriger Junge!

»Er ist unschuldig. Aiden könnte keinen Mord begehen!«, schrie ich mir aus der Seele und versuchte mich zwischen die Polizisten zu drängen, um mich an Aiden zu klammern. Während einer der Polizisten ihn gegen den Schreibtisch drückte, legte der Chief ihm bereits die Handschellen an.

»Lasst ihn los, das ist doch bestimmt ein Missverständnis!« Verzweifelt versuchte ich die Polizisten umzustimmen, doch sie gingen nicht im Geringsten auf meine Hilfeschreie ein. Sie führten Aiden ab, als sei er ein Krimineller.

Ich vergesse seinen Blick nicht. Seine Augen waren noch nie zuvor so grün gewesen. So intensiv und durchdringlich betrachtete er mich, als versuchte er sich mich nochmal tief in seine Gedanken zu prägen. Seine Miene blieb ausdruckslos, aber seine Augen sagten soviel. In diesem Moment gewährten sie mir Zutritt zu seinem Inneren, zu seiner Seele und ich sah einen Teenager, welcher aufgegeben hatte. Mit einem Schlag war sämtliches Leben aus seinen Augen verschwunden und seit diesem Tag haben wir uns nie wieder gesehen.

Mum und Dad haben es mir nicht erlaubt ihn in der Jugendstrafanstalt zu besuchen. Und wenn ich ehrlich bin, hätte ich es auch nicht verkraftet, ihn hinter Gittern zu sehen. In diesen grauen Gefängnisklamotten und dann eventuell noch in Handschellen. Das ist nicht Aiden. Nicht der Aiden, den ich als meinen besten Freund bezeichnet habe.

Sechs Jahre später .........

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now