Kapitel 18

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Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen und stoße mich mit beiden Füßen einmal kräftig ab, sodass der Bürostuhl zu rotieren beginnt.

Das Handy liegt immer noch unangetastet auf dem Schreibtisch und ich verspüre Nervosität, als ich mich diesem wieder widme. Dieses kleine elektronische Gerät versetzt mich unter enorme Anspannung.

Ich öffne die oberste Schublade meines Schreibtisches, krame mein Ladekabel heraus um es kurzerhand in das Mobiltelefon zu stecken. Ich warte einige Sekunden ehe ich es einschalte. Das Display erleuchtet und ich starre darauf während es hochfährt und mich schließlich auffordert den PIN einzugeben. Natürlich ist es durch einen Code geschützt.

Ich denke nach, bis ich zu dem Entschluss komme das Handy wieder auszuschalten und die SIM Karte durch meine zu Ersetzen. Ich starte erneut und kann es so immerhin entsperren. Vielleicht kann ich auch so das Telefonbuch durchschauen und eventuell sind mit viel Glück noch SMSen vorhanden.

Gespannt klicke ich auf das Kontaktsymbol und erkenne durch das Durchblättern, welches Handy ich in der Hand halte. Es muss Mikes Telefon sein. Im Handy ist Aidens Nummer eingespeichert, mit Mum und Dad sind wohl Klara und John gemeint, wie auch einige Namen ehemaliger Schüler, die früher auf unsere Schule gingen.

Gespannt erforsche ich weiterhin den Inhalt und mein Finger gleitet zu dem Briefbutton. Zu meinem Glück befinden sich einige Nachrichten im Posteingang. Ich öffne diese und muss schwer schlucken, als ich eine Nachricht von Christopher Bennett finde. Wir treffen uns um 16 Uhr aufm Berg. Ich betrachte das Datum, wann diese Nachricht verschickt wurde und erstarre kurz als der 6. Juli 2009 angezeigt wird.

Ich scrolle weiter durch die Nachrichten und stelle fest, dass Mike öfters Kontakt mit Christopher hatte. Eigentlich ist das nichts Verwerfliches, da beide in der Footballmannschaft unserer Schule waren, doch sie hatten sich an Christophers Todestag verabredet. Genau dort wo die Tat passierte. Ich bin verwundert, da in den Medien nie davon berichtet wurde, dass auch Mike am Tatort anwesend war.

Ich packe das Handy in meine Handtasche und mache mich auf zu Aiden. Zum Glück hat Dad gestern noch den Reifen gewechselt, sodass ich den langen Weg nicht zu Fuß zurücklegen muss. Die Türe des grünen Hauses ist wie immer nicht abgeschlossen, sodass ich zielgerichtet in den ersten Stock laufe. Hastig reisse ich die Türe zu Aidens Zimmer auf, weswegen er mich verdutzt anschaut.

»Fuck Sarah, erschreck mich nicht so.« Seine großen Augen sind nun auf mich gerichtet.

»Wir müssen reden«, beginne ich, doch werde kurzerhand von Aiden unterbrochen.

»Da hast du Recht.« Aiden sieht nachdenklich aus. Ich versuche aus ihm schlau zu werden, doch ich kann weder aus seiner Körperhaltung noch seinem Gesichtsausdruck erkennen, was in seinem Kopf vorgeht. Da er in seinen Gedanken vertieft ist, unterbreche ich die Stille.

»Ja, ich muss dir nämlich etwas zeigen.« Von Unruhe erfasst, laufe ich auf Aiden zu.

»Der Kuss war ein Fehler«, wirft Aiden jedoch plötzlich in den Raum und lässt mich schlagartig zusammenzucken.

»Das was passiert ist zwischen uns, darf nicht noch einmal vorkommen«, platzt es nur so aus ihm heraus. Er klingt irgendwie gefrustet. Jedes seiner Worte brennt sich in meinen Kopf und ich habe das Gefühl benebelt zu sein. Meine Sinne funktionieren nur noch auf Sparflamme und ich nehme alles gedämpft wahr. Ich versuche die Fassung zu behalten, denn ich bin eigentlich mit anderen Absichten gekommen.

Doch seine Aussage trifft mich mitten ins Herz. Sie fühlt sich wie ein Pfeil an, der mein Inneres Stück für Stück durchquert und schlussendlich doch in tausend Teile zerreißt. In meinen Ohren summt es und ich stütze mich mit einer Hand an dem kleinen Holztisch ab.

»Sarah, alles Ok bei dir?« Ich stoße die Luft aus. Nein es geht mir nicht gut. Mein Magen zieht sich zusammen und ich reibe mir die Schläfen.

»Ja, mir geht's gut.« Ich lächle gequält und versuche den Schmerz zu unterdrücken.

»Bist du dir sicher?« Aidens Blick ist auf mich gerichtet, doch ich kann ihn nicht ansehen. Ich habe das Gefühl, dass seine Augen mich durchbohren und er für einen Augenblick spürt, was in mir vorgeht.

»Ja.« Ich hole Luft und muss mich sammeln. Am liebsten würde ich genervt aufstampfen, wie es sonst nur Kleinkinder tun, doch ich verschränke stattdessen meine Arme vorm Oberkörper.

»Wieso lässt du soviel Nähe zu, wenn du mich im nächsten Moment dann eh nur wieder auf Abstand hältst?«, gebe ich sichtlich verstört von mir. Ich merke wie Aiden mit sich hadert und innerlich abwägt, was die richtige Antwort auf meine im Grunde genommen einfache Frage ist.

»Du warst das Einzige was mich im Gefängnis am Leben hielt. Nur der Gedanke an dich, hat mich all die Qualen überstehen lassen. Aber ich bin eine Gefahr für dich. Du musst dich von mir fern halten«, versucht er an mein Gewissen zu appellieren.

»Dafür ist es zu spät.« Genervt verlasse ich sein Zimmer. Die Tür fällt zwar lauter ins Schloss als beabsichtigt, aber er kann ruhig merken wie aufgebracht ich bin. Wie verletzt. Überrumpelt. Und enttäuscht.

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now