Kapitel 16

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Die Spannung in der Luft ist fast schon greifbar. Doch der Gedanke an die Narbe schwirrt mir immernoch im Kopf herum.

»Was genau ist geschehen?« Ich fahre vorsichtig über Aidens Wirbelsäule und betrachte ihn von der Seite.

»Fuck Sarah. Was zum Teufel soll ich dir denn sagen?« Sein trauriger Blick versetzt mir einen Stich ins Herz. Sein Blick ist starr, die Mundwinkel hängen nach unten und seine Wangen wirken schlaff. Er fährt fort, nachdem er sein Gesicht in den Händen vergraben hat.

»Dass ich angegriffen wurde, weil ich mich nicht untergeordnet hab. Weil ich nicht Hündchen spielen wollte. Ich renne nicht mit einer Klobürste im Arsch rum und lecke den Anderen den Dreck von den Schuhen ab.«

Ich habe keine Ahnung was ich antworten soll. Sein Geständnis hat mich sprachlos gemacht und ein nasser Film bildet sich auf meinen Augen. Ich möchte nicht weinen. Das Richtige ist jetzt stark zu bleiben. Für ihn stark zu sein.

»Als Neuling bist du ein Niemand. Ganz unten in der Hierarchie«, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Ich habe das Gefühl, dass er sich diesen Schmerz zum ersten Mal von der Seele spricht. Er gewährt mir einen Einblick in sein Inneres, in seine verdrängten Gefühlen wie auch Gedanken.

»Aber ich lasse mich nicht demütigen. Lieber, lasse ich mich töten, als dass ich meinen Stolz wegwerfe und auf ihm herumtrample.« Seine bedeutungsschweren Worte liegen in der Luft und schnüren mir die Kehle zu. Mein Kopf ist einerseits komplett leer und auf der anderen Seite wiederrum voll mit sovielen Gedanken.

Ich lege meine Hand auf seine Schulter, ich möchte ihm zeigen, dass ich für ihn da bin. Dass ich dankbar dafür bin, dass er sich mir endlich öffnet. Doch es liegt mir noch etwas Anderes auf der Zunge, was ich nicht unausgesprochen lassen möchte.

»Wieso bist du so abweisend zu mir?« Mein Blick ist nach unten gesenkt und im Augenwinkel spüre ich Aidens Augen auf meiner Haut. Ich habe das Gefühl, er würde mich regelrecht berühren, denn kurze Stromschläge durchfahren meinen Körper.

»Weil ich dich schützen muss«, antwortet er ohne zu Zögern.

»Vor was?« Ich runzle die Stirn, denn ich verstehe ihn nicht.

»Vor der Wahrheit. Weißt du Sarah, es ist immer gefährlich zu viel zu wissen.«

Er seufzt und legt seine Hand auf meine. Ich spüre wie sich Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet. Ich beginne zu Schluchzen. Am liebsten würde ich schreien, denn diese Situation ist sowas von schräg. Aiden umfasst mein Gesicht und wischt mit seinem Daumen meine Tränen weg.

Das Funkeln seiner Augen lässt mich für einen Augenblick alles um mich herum vergessen und ich verspüre ein Verlangen ihn zu Küssen. Mein Atem wird schneller und als meine Lippen seine berühren, entfalten sich Hunderte Schmetterlinge in meinem Bauch. Ich öffne meinen Mund um Aidens Zunge zu spüren, doch er löst sich nach diesem kurzen Kuss wieder von mir. Er betrachtet mich skeptisch, ehe er entsetzt mit dem Kopf schüttelt.

»Das geht nicht.« Aiden und ich wechseln einen verwirrten Blick und ich bin erschrocken über mein Handeln. Ich zwinge mich zu zwei tiefen Atemzügen um das ungute Gefühl in meiner Magengegend zu lösen.

Für eine Weile sitzen wir in dieser Position wie eingefroren, bevor mein Handy sich durch lautes Klingeln bemerkbar macht.

»Ich muss los.« Aiden wirkt sichtlich erleichtert, nickt verständnisvoll und begleitet mich zur Haustüre.

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now