Kapitel 5

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Als ich am nächsten Morgen das Schulgelände erreiche fällt mir sofort Aiden auf, der mit einem mir unbekanntem Jungen spricht.

Wer ist dieser Typ? Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen und bin mir ziemlich sicher, dass er nicht auf unsere Schule geht. Meine Neugier ist groß, ich lausche der Konversation, doch kann nicht mal einzelne Wortfetzen verstehen. Um was geht es hier?

Ich beobachte beide ununterbrochen, die sich mittlerweile in einer lauthalsen Diskussion befinden. Kurzerhand zündet sich Aiden eine Zigarette an und auch der andere Kerl greift ohne zu Fragen in Aidens Schachtel um sich zu bedienen.
Ich starre Aiden weiter an, der einen kräftigen Zug von seiner Zigarette nimmt und den Qualm daraufhin aus seiner Nase wieder raus lässt. Seit wann raucht er überhaupt. Ich hätte nie gedacht, dass er jemals mit diesen Nikotinstängeln anfängt.

Ich weiß nicht wieso ich beschließe mich zu ihnen zu gesellen, doch ohne die absurde Idee weiter zu hinterfragen laufe ich auf beide zu. Als ich neben Aiden auftauche seufzt er laut auf.

Ich ernte einen finsteren Blick, das eiskalte Grün seiner Iris fixiert mich und lässt mich zusammen zucken. Doch ich sehe diesmal auch viel mehr darin, in seinen Pupillen flackert eine Mischung aus Angst und Besorgnis auf und für einen kurzen Augenblick kommen mir diese Augen so vertraut vor. Für einen Bruchteil der Sekunde erkenne ich den Aiden darin, der er einst war. Der liebe und humorvolle Aiden, mit dem ich Lachen und Weinen konnte. Der immer für mich da war.

Ich blinzle einige Male, bis die verschwommenen Umrisse wieder klar werden.

»Was machst du hier? Scheiße nochmal. Was wird das«, keift er mich an und presst seine Lippen zusammen.

»Ich habe....also ich war nur zufällig hier....also....ich....weißt du....« Ich suche nach einer Erklärung, doch Aiden murrt genervt.

»Und dann spielst du Detektiv? Sarah verdammte Scheiße, bist du zum Stalker mutiert? Fuck!« Er atmet tief durch und sieht mich gereizt an. Ich hasse diesen Blick jetzt schon.

»Nein....wirklich....ich....«, nuschle ich und direkt rutscht mir das ungute Gefühl tiefer in meinen Magen.

»Oh du bist Sarah? Hätte nicht gedacht dich so früh schon kennen zu lernen.« Ich löse meinen Blick von Aiden und betrachte den Kerl, der mittlerweile lässig an der Wand lehnt. Das Ausdruckslose in seinem Gesicht verwandelt sich zu einem Blick den ich nicht deuten kann. Obwohl ich ihn nicht kenne, mag ich ihn nicht.

»Ich glaube nicht, dass wir uns kennen«, antworte ich und beginne nervös auf der Lippe zu kauen.

»Nein du kennst mich nicht, aber ich habe schon soviel von dir gehört.« Er zwinkert mir zu und ich setze ein gespieltes Lächeln auf.

»Du hast von mir gehört?«

»Ja, aber nur Gutes, keine Sorge. Ich bin übrigens Jack, wie unverschämt von mir, mich nicht vorzustellen. Ich bin ein guter Freund von Aiden.« Er klopft Aiden einige Male auf die Schulter, ehe er mir seine Hand entgegenstreckt und schüttelt, als ich meine hinein lege. Unwillkürlich mustert er mich von Kopf bis Fuß, bis sich seine Lippen zu einem breiten Grinsen bewegen.

»Oh...ich wusste gar nicht, dass Aiden einen guten Freund hat, den ich nicht kenne.«

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich rein gar nichts mehr über Aiden weiß. Seine Aussprache ist vulgär geworden, er raucht und hat plötzlich neue beste Freunde, die irgendwie bizarr sind. 

»Ich glaube du kannst jetzt gehen Jack. Es gibt nichts mehr zu besprechen.« Aiden schürzt die Lippen und vergräbt seine Hände in den Jeanstaschen. Sein Kiefer verkrampft sich und auf seiner Stirn haben sich einige Schweißperlen gebildet.

»Hat mich gefreut Sarah. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.« Jack winkt mir zu, ehe er Aiden einen grimmigen Blick zuwirft. Die Glut in seinen Augen ist merklich abgekühlt und beim Vorbeigehen flüstert er Aiden noch Etwas ins Ohr. Sofort kneift Aiden seine Augen zusammen, seine Schultern zieht er hoch und sein Mund bildet eine harte Linie.

Was immer Jack ihm gerade gesagt hat, Aidens Gesichtsausdruck spricht Bände....

»Hast du sie noch alle? Sarah bist du jetzt völlig durchgeknallt!«, faucht er mich wütend an und beginnt nervös hin und her zu laufen. Er flucht leise vor sich hin, weswegen mein Magen zu Rebellieren beginnt.

»Was ist dein Problem?«, platzt es aus mir heraus und sofort ertönt Aidens unfreundliche Stimme.

»Du bist mein Problem. Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich von mir fern halten«, antwortet er angespannt und führt seine Fingerspitzen zusammen, die er einige Sekunden betrachtet.

»Aber wieso, ich verstehe es nicht.« Er überlegt kurz, tritt direkt vor mich und ich hebe unsicher meinen Blick. Doch er verdreht nur genervt die Augen.

»Weil ich es sage. Tu einmal das, was man dir sagt.«

Er geht davon, die Hände in den Hosentaschen versteckt und ohne sich noch einmal umzudrehen.

Was ist nur los mit ihm? Anfangs dachte ich sein Äußeres hätte sich nur verändert, doch mittlerweile habe ich eingesehen, dass sein Inneres einem mir völlig Fremden gleicht. Ich erkenne ihn einfach nicht wieder.

Ich kann mich noch genau an das Wochenende vor seiner Verhaftung erinnern.

»Na hast du Lust ?« Aiden deutet auf das Riesenrad und wartet gespannt auf meine Reaktion.

»Ich weiß nicht..... es sieht ziemlich hoch aus.« Nervös betrachte ich das Riesenrad und muss plötzlich an all die schrecklichen Szenarien denken, die passieren könnten während ich da drin sitze.

»Na komm schon gib dir einen Ruck....die Aussicht ist fantastisch von da oben.«
Nach anfänglichem Zögern stimme ich, jedoch nicht ganz überzeugt darüber, zu.

»In Ordnung...im Notfall halte ich meine Augen geschlossen.«

Während ich mich in der Reihe anstelle besorgt Aiden zwei Tickets.

Als die Gondel sich in Bewegung setzt merke ich wie zittrig meine Beine plötzlich sind. Mir ist flau im Magen und ich kann nicht anders als mich an die Sitzbank zu krallen. Das Gefühl der Angst überkommt mich, sodass ich mich auf nichts Anderes konzentrieren kann. Das Wackeln der Gondel beunruhigt mich zudem enorm. Da Aiden anscheinend merkt wie angespannt ich bin, umfasst er meine Hand mit seinen Händen. Nachdem ich es endlich geschafft habe meine Anspannung so gut wie möglich abzulegen richte ich meinen Blick auf die Aussicht. Die Gondel bewegt sich in einem langsamen Tempo und die Perspektive erweitert sich. Oben angekommen hat man einen freien Blick in alle Himmelsrichtungen der Stadt. Unglaublich wie winzig alles von hier oben wirkt.

»Und was sagst du?«, erkundigt sich Aiden.

»Es ist unglaublich.«

Als Aiden seinen Arm um mich legt kann ich nicht anders als meinen Kopf an seine Schulter zu schmiegen. Wir waren uns zwar schon öfters sehr nah, aber es hat sich irgendwie immer anders angefühlt. Es war immer nur Freundschaft. Natürlich mit einer Vertrautheit, die es nur selten gibt, aber diesmal fühlt es sich ungewohnt an. Aber intensiver. Das Gefühl liegt jetzt irgendwie tiefer im Magen und ist wärmer. Ob das Verliebtheit ist?

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now