Kapitel 7

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Obwohl Mike nicht wollte, dass ich ihn bis zur Haustüre begleite, gab es für mich keine andere Option. Es ist eine Selbstverständlichkeit einem guten Freund beiseite zu stehen, wenn er Unterstützung benötigt.

Immerhin war es damals Mike, der mich vor fiesen Mitschülern in Schutz nahm und diesen auch zu genüge mit der Faust drohte. Er war derjenige, der mich des Öfteren aus der Scheiße zog, wenn ich mal Mist gebaut hatte.

Ich konnte mich immer voll und ganz auf ihn verlassen.

»Mike«, flüstere ich ihm leise, aber dennoch verständlich zu. Ich nehme auf den Stufen vor seinem Haus Platz und warte bis auch er sich zu mir gesellt hat.

»Ja«, antwortet er und streicht sich seine blonden Haare aus dem Gesicht, ohne seinen Blick vom Asphalt zu wenden.

»Hast du mit Aiden schon gesprochen? Er geht mir komplett aus dem Weg und ich habe keine Ahnung was mit ihm los ist.«

Mike legt seinen Kopf schief und lässt seinen Blick nicht von mir ab, während er sich erneut das Blut von der Lippe wischt.

»Er spricht nicht wirklich mit mir«, gibt Mike kund und vergräbt seine Hände in den Haaren.

Ich nicke und stütze mein Kinn mit einer Hand auf dem Oberschenkel ab. Wir sitzen einfach nur da. Keiner sagt etwas. Mein Blick ist nach unten gesenkt und das Einzige, was die Stille hin und wieder unterbricht ist Mikes leises Aufstöhnen.

»Er hat sich verändert«, entgleitet es meinen Lippen, obwohl ich eigentlich Nichts mehr hinzufügen wollte.

Obwohl Aiden als Kleinkind adoptiert wurde, waren Mike und er ein Herz und eine Seele. Auch Klara und John haben nie Unterschiede zwischen beiden gemacht. Für sie war die erste Priorität beide gleichermaßen zu behandeln und Keinem das Gefühl zu geben benachteiligt zu sein. Für Aiden war Mike immer der große Bruder, auf den er zählen konnte.

Auch wenn Aiden schulisch gesehen nie die guten Leistungen von Mike erreichte, stand er dennoch nie im Schatten seines Bruders. Er war immer der gut gelaunte Junge, der versuchte alle zum Lachen zu bringen.

Schlussendlich bricht Mike doch das Schweigen und ich sehe im Augenwinkel, wie er seine Schultern sinken lässt.

»Ich glaube es ist besser, wenn du ihm aus dem Weg gehst. Zuhause hält er sich auch kaum mehr auf. Manchmal verschwindet er tagelang ohne Mum und Dad wissen zu lassen wo er sich überhaupt aufhält.«

Ich lasse seine Worte auf mich wirken und betrachte die Sterne, die vereinzelt am Himmel leuchten. Erinnerungen von damals schleichen sich in meinen Kopf. Die Bilder, die sich vor meinen Augen abspielen sind zunächst verschwommen, gewinnen aber mit jeder Sekunde an Klarheit. Ich schließe meine Lider und atme einmal tief ein. Der frische Wind riecht nach Sommer und Erde und nach Zigarettenrauch. Ich reiße meine Lider wieder auf und blicke in die grünen Augen von Aiden.

Er schaut mich durchdringlich an und deutet mit einer Hand sofort auf die Straße.

»Du solltest gehen«, huscht es nur so über seine Lippen.

Ich nicke und richte meinen Körper wieder auf.

»Gute Nacht Mike«, antworte ich und bewege meinen Mund zu einem künstlichen Lächeln, um die Unsicherheit zu überspielen. Ich schaue noch ein letztes Mal zu Aiden, doch er würdigt mich keines Blickes. Ich überlege ihm noch ein belangloses Ciao zu widmen, doch er verschwindet mit einem Satz im Haus.

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now