Kapitel 8

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Während ich am Montagmorgen über den Pausenhof laufe, entdecke ich Aiden auf einer Bank sitzen. Natürlich darf die Zigarette in seiner Hand nicht fehlen. Wie immer sitzt er alleine da, denn Niemand möchte in seiner Nähe sein. Abstand halten um ja nicht mit der schrecklichen Tat in Verbindung gebracht zu werden. Wie kann man es ihnen auch verübeln. Das was Zweitausendneun geschah ist unverzeihlich.

Und dennoch schmerzt dieser Anblick. Immerhin hatte ich Aiden ganz anders in Erinnerung und ich lasse mir dieses Bild von ihm nicht einfach nehmen.

Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken was ich hier eigentlich tue, beschließe ich mich zu ihm zu setzen. Ich kann doch nicht aufgeben. Nicht ihn. Nicht uns.

»Guten Morgen«, sage ich kaum verständlich und beginne nervös die Falten meines Kleides glatt zu streichen.

Seine Hand umklammert die Sitzfläche der Bank so stark, dass sich seine Knöchel weiß färben. Er räuspert sich einige Male, ehe er seinen Oberkörper in meine Richtung dreht. Ich sehe ihm direkt in die Augen. Sein Blick ist so intensiv, dass es mir schwer fällt einen klaren Gedanken zu fassen.

»Was willst du?«, fragt er fordernd und fährt sich mit einer Hand durch die Haare.

Gekonnt weiche ich seinem Blick aus, was unseren kleinen Konflikt weiter schürt. Ich spüre wie er tief einatmet und so versucht meine Augen wieder auf ihn zu lenken, doch ich weigere mich ihn anzusehen.

»Ich weiß es nicht.« Ich zucke fragend mit den Achseln, da ich nicht verstehe, worauf er hinaus will.
Meine Stimme ist leise und klingt traurig.

»Dann verpiss dich.« Er wird lauter und ich fühle mich nur noch unwohl. Meine Gedanken drehen sich nonstop im Kreis und meine Hände beginnen zu zittern.

»Nein!«, schreie ich und springe von der Bank auf. Ich bin aufgebracht und stampfe mit dem Fuß auf. Ich bin kurz davor einen hysterischen Anfall zu bekommen, wenn er langsam nicht aufhört so unfreundlich zu mir zu sein.

Mit dieser Reaktion hat Aiden wohl nicht gerechnet. Er streicht sich verlegen über das Kinn und tritt einen Schritt näher an mich heran. Nicht mal eine Armlänge trennt unsere Körper von einander. Er schnipst den Zigarettenstummel weg, ohne seinen Blick von mir abzuwenden.

Doch meine ganze Wut verraucht, als ich in seine traurigen Augen schaue. Mein Herz rast und ich empfinde plötzlich das Bedürfnis ihn zu umarmen, was ich kurzerhand auch mache. Ich weiss nicht wieso ich das getan habe, aber vielleicht wollte ich einfach das vertraute Gefühl in ihm wecken. Das was uns damals verbunden hat. Zudem soll er wissen, dass ich für ihn da bin und ihn wegen diesem Vorfall nicht verurteile. Ein Mensch ist die Summe seiner Taten und nicht nur das Ergebnis einer einzigen Tat.

Aiden zuckt kurz zusammen, seine Augen flirren hin und her, doch er entscheidet sich dazu stillschweigend davon zu gehen. Ohne sich noch einmal umzudrehen, lässt er mich einfach stehen. Ich stütze meine Hände in den Hüften ab und schaue verärgert in seine Richtung.

»Hau ab. Das kannst du ja am Besten!«, brülle ich mit leicht zusammen gekniffenen Augen.

Ich renne ins Schulgebäude um schnellstmöglich auf der Toilette zu verschwinden.

Ich schließe mich in einer der Kabinen ein und lasse mich langsam auf den Boden sinken. Mit den ersten Tränen, die über meine Wangen kullern, habe ich verstanden, dass Nichts so ist wie es einmal war. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass wir alles ausblenden und einfach da weitermachen wo wir aufgehört haben, muss ich selbst feststellen, dass dieser Gedanke ziemlich naiv war.

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now