E I G H T E E N

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Selten war ich so unglaublich verkatert in der Schule wie heute. Und dann war auch noch Montag. Es hätte wahrscheinlich wirklich nicht schlimmer kommen können...

Abgesehen davon, dass ich in Mathe fast eingeschlafen bin und daher keinen Plan hatte, um was es in der Klausur nächste Woche gehen wird, war der Tag auch nach Unterrichtsende nicht besser. Ganz im Gegenteil sogar. Ich konnte mich kaum konzentrieren, als ich versuchte die Aufgaben nachzuholen, die ich in letzter Zeit verpasst hatte. Da war die ganze Zeit dieses Brummen in meinem Kopf, was nicht zu ließ, dass ich diese beschissenen Funktionen ausrechne. Der Schmerz und die Müdigkeit machten es mir wirklich unmöglich irgendwas zu tun.

Am liebsten wollte ich mich einfach in mein Bett legen und durchschlafen, bis der Schmerz endlich weniger wird. Aber das konnte ich nicht, mein Ego zwang mich dazu, das hier zu machen, obwohl ich eigentlich wusste, dass es unnötig war. Ich würde sowieso in drei Monaten sterben, also, warum tat ich das überhaupt noch?

Die Antwort war ganz einfach. Ich wollte den Tod überwinden, ihn irgendwie austricksen, auch wenn ich wusste, dass es nicht ging. Ich wusste wie lächerlich dieser Gedanke war, lächerlich und jämmerlich. Trotzdem tat ich es. Oder ich versuchte es zumindest.

Mein Kopf wurde schwerer und die Zahlen unlesbar. Dann war ich weg, verlor mich in unrealistischen Welten und merkte gar nicht mehr was um mich herum passierte. Der Schlaf hatte mich eingeholt, für einen kurzen Moment schaffte ich es nicht mehr meine Augen offen zu halten.

Und plötzlich schreckte ich auf, ein Klingeln war der Grund. Verwirrt sah ich um mich. Aber da war keins. Das Klingeln war nicht echt, ich musste mir das irgendwie eingebildet haben. Das dachte ich zumindest, bis ich mich wieder meinen Schulheften widmen wollte, und dabei bemerkte, dass mein Handy brummte. Es war zwischen ein paar Papiere gerutscht, die ich erstmal zur Seite schob um den Anruf anzunehmen.

„Lewis..." Wow, meine Stimme klang verschlafener als ich es für möglich gehalten hatte. Aber was erwarte ich auch nach einer wilden Afterparty, einem anschließenden Nachtflug und dem darauffolgenden Schultag. Ich war wirklich durch. „Holy shit, hast du geschlafen?" Ich hörte das Lachen in seiner Stimme und fragte mich, ob er nicht auch komplett müde ist. Brummend stand ich vom Schreibtisch auf, das Lernen machte doch eh keinen Sinn... „Ich bin so durch, das glaubst du gar nicht."

Ich ging ins Badezimmer, wo ich bereits wusste, was mich erwartet. Ich hatte es heute morgen nicht geschafft die Spuren der letzten Nacht zu verwischen. „So hörst du dich auch an. Wie war dein Tag?" Ich schaltete Lewis auf Lautsprecher und legte ihn neben das Waschbecken und versuchte dann, meine Augenringe von der Mascara zu befreien, die dort irgendwie gelandet ist. „Das fragst du wirklich?" Ich musste müde lachen. „Mein Tag war absolut scheiße. Und bei dir?" Ich nahm die Bürste von der Ablage und nach einem kurzen Rauschen, hörte man wieder Lewis' Stimme in der Leitung. „Na ja, ich hatte heute morgen das Debrief und jetzt mache ich mich fertig für einen schönen Meerspaziergang mit Roscoe und Coco..." Kaum hatte er fertig gesprochen, erhielt ich eine Anfrage für FaceTime von ihm, die ich natürlich annahm. Ich stellte mein Handy auf die Ablage neben meinem ganzen anderen Zeug, und zum Vorschein kam die wunderschöne Aussicht von seinem Apartment in Monaco. Das Meer glitzerte blau unter dem beinahe wolkenlosen Himmel und ich wollte einfach nur bei ihm sein um diese Aussicht zu zweit genießen zu können.

Ich seufzte traurig. „Warum kann ich nicht einfach bei dir sein?" In diesem Moment war ich wirklich sauer, ich meine, warum musste ich in die Schule, obwohl ich eh... Der Gedanke tat weh, jedes Mal wenn er zurückkam, weshalb ich versuchte ihn so schnell wie möglich wieder zu verdrängen. „Wir würden uns auch freuen, wenn du hier wärst. Aber wir sehen uns ja am Donnerstag wieder..." Ich rang mir ein halbwegs schönes Lächeln ab und nickte, „ich weiß..." Es machte mich nur noch trauriger, dass mich nicht mal das Lächeln meines Freundes aufmuntern konnte. Dabei hatte er das schönste was ich je gesehen habe...

„Und außerdem sehen wir uns dann ja das ganze Wochenende..." Fügte er an, was mir wenigstens etwas Trost spendete. „Wo du recht hast, hast du recht." Ich lächelte ins Handy und konnte Lewis sogar anstecken. Ich freute mich wirklich aufs nächste Wochenende, auch wenn ich wusste, dass ich wahrscheinlich jede freie Minute nutzen muss, um mich auf diese blöde Klausur nächste Woche vorzubereiten. Andererseits ahnte ich schon, dass ich dafür höchstwahrscheinlich eh nichts tun würde... Ich werde sicher mit anderen Dingen beschäftigt sein.

Nach einigen Minuten, in denen wir uns noch etwas unterhalten haben, verabschiedeten wir uns. Während er die Nachmittagssonne in Monaco genoss, musste ich mich mit Mathe und schlechtem Regen in England abgeben. Das Leben kann wirklich unfair sein...

*

Der Dienstag verging wie im Flug. Der Mittwoch war auch schon wieder weg, bevor er überhaupt richtig gekommen ist, und dann war es Donnerstag. Ich hatte wirklich gedacht, dass die Zeit schrecklich langsam rumgeht bis ich Lewis wieder sehe, weil es sich ohne ihn einfach so komisch anfühlt. Er füllt diese Leere in mir, wenn er da ist, und er hinterlässt ein Loch in meinem Herz, wenn er weg ist. Deshalb dachte ich das, aber die Zeit ging zum Glück doch relativ schnell um.

Ich hatte meinen Koffer bereits am Vorabend fertig gepackt, weshalb ich nach der Schule noch etwas Zeit hatte, um ein paar Dinge für die Klausur durchzugehen. Mathe war wirklich nicht meine Spezialität, aber das hier, war wirklich zum Zähne ausbeißen. Ich hing so konzentriert in meinen Aufgaben, dass ich gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Erst als mein Handy klingelte und Flo bescheid gab, dass er gleich da ist, bemerkte ich wie spät es war.

Schneller als gehabt stopfte ich mein Schulzeug in meine große Handtasche, die ich als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen wollte. Es folgte mein Handyladegerät und der Rest von meinen Schulsachen, welche noch auf dem Bett lagen.

Den dreistündigen Flug überdauerte ich mithilfe von Mathe und Spanisch, trotz dessen, hatte ich nicht wirklich das Gefühl, dass es mir irgendwas gebracht hat. Es viel mir wirklich schwer mich auf die Aufgaben zu konzentrieren, meine Gedanken waren einzig und allein bei Lewis und dem bevorstehenden Wochenende. Ich freute mich so sehr ihm endlich zeigen zu können, wo ich die ersten Jahre meines Lebens verbracht habe. Außerdem ist Stuttgart eine wirklich schöne Stadt, wenn man nur die richtigen Orte kennt...

Um Punkt achtzehn Uhr war der Flieger in Deutschland gelandet. Die herbstliche Prise tanzte durch meine Haare, und ich freute mich so unglaublich wieder hier zu sein. An dem Ort, wo ich die ersten Erinnerungen meines Lebens geschaffen habe. In der Stadt, in der ich meine Kindergarten Freunde kennengelernt habe. Und auch, wenn ich nahezu jedes Jahr mindestens einmal hier bin, ist es trotzdem immer wieder wunderschön, hier zu sein. Das wissen, Lewis auch diesen Teil von meinem Leben zu zeigen, war traumhaft und berührend zugleich.

Es war ein wenig so, als würde ich mich noch weiter ihm gegenüber öffnen, ihn mit in meine Welt nehmen, wo ich doch die ganze Zeit in seiner bin. Denn diese Rennen, das Leben in der Formel eins, das ist nicht mein leben. Es ist das von ihm und meinem Vater, aber ganz sicher nicht meins. Klar ist es schön, und es macht auch Freude in der Welt rumzukommen. Aber dieser Ort hier ist magisch, er birgt Erinnerungen für mich, die mir so viel mehr wert sind, als eine Reise nach Miami oder in irgendwelche anderen Teile der Welt.

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Schreibt mal in die Kommis, wenn hier Stuttgarter unter euch sind, würde mich echt interessieren hahah :))

Vergesst wie immer nicht zu Voten und fleißig zu kommentieren, wenn euch das Kapitel gefallen hat! Ich weiß, es ist wieder mehr Lückenfüller, aber egal, morgen wird's wieder spannender :)

See youuu <3

Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt