F O R T Y E I G H T

408 15 0
                                    

Es gibt manchmal Momente im Leben, wo man sich wünscht, dass man die Zeit zurück drehen könnte. Und dann gibt es da noch Momente wie diesen, in denen man ganz genau weiß, dass es besser wäre die Zeit zurück zu drehen, aber selbst wenn man es könnte, man würde es nicht tun. Weil einen die Liebe blind macht, einem die rosarote Brille aufgesetzt wird, durch die auch rote Flaggen, einfach nur Flaggen sind. Nicht mehr und nicht weniger.

In diesem Augenblick wusste ich das alles nur leider nicht mehr, ich wusste nur, dass ich es später bereuen würde. Wie immer. Doch Lewis vergiftete mich, betäubte meine Sinne und benebelte meinen Verstand. Ich konnte nicht mehr klar denken, ich verfloss ihm immer mehr und konnte rein nichts dagegen tun.

„Liv..." Seufzte er gegen meine Lippen, meine ganze Magengegend begann zu kribbeln. Dann verfestigte er seinen Griff um meinen Po, mit einem Ruck hob er mich hoch und ich schlang die Beine um seine Hüften. Wir unterbrachen unseren Kuss für keine Sekunden, wir klebten aneinander, wie Leim an Holz und machten den Moment zu unserem. Meine Arme lagen eng um seinen Nacken, mit den Fingern erkundete ich seinen Haaransatz. Dann setzte er mich auf den Tresen und stellte sich zwischen meine Beine. Wir lösen uns nur kurz, bevor er mich näher zur Kante zog und wieder begann zu küssen. So vereinnahmend, verlangend und liebend, dass ich für einen Augenblick vergaß wie man atmet.

Seine Zunge strich über meine Unterlippe und saugte leicht daran, ich schnappte nach Luft und er nutze den Moment. Mir wurde schwindelig. „Lewis..." Flehte ich, als er eine Sekunde von mir abließ. Sein Blick traf auf meinen. Dunkelstes braun traf auf aufgewühltes graublau. Ich wusste nicht, was in diesem Moment in ihm vorging, was er dachte. Das einzige was ich wusste, war, dass ich ihn wollte. Und er mich auch. „Vögel mich..." Ich griff nach seiner Kette und zog ihn zu mir. Die Worte waren kaum über meine Lippen getreten, da lagen seine auch schon wieder auf meinen.

Lewis' Hand fand den unteren Bund meines Hoodies, mit einem Mal ließ er sie unter diesen gleiten und ich erschauderte. Sie war kalt, eiskalt, als sie über meine Rippen fuhr, hinter zu meinem Rücken und schließlich wieder nach unten. Mir war heiß und kalt gleichzeitig, ich fühlte mich gut und doch unglaublich schlecht. Keine Ahnung, vielleicht lag das am Alkohol, aber im Endeffekt war es auch egal. Ich war dabei einen großen Fehler zu begehen und hatte nicht vor etwas dagegen zu unternehmen. Das Gefühl Lewis so nah bei mir zu haben war atemberaubend, er war der Grund warum ich mich lebendig fühlte und spürte wie die Energie durch meine Adern schoss. Er war der Grund, warum ich das bin was ich bin, warum ich das tue was ich tue. Er war der Ausgangspunkt von allem, er war mein Ausgangspunkt. 

Schließlich wich er zurück. Mit einem Ruck zog er mir den Pulli über den Kopf, ich sah nur wie er im halbdunkeln auf den Boden fiel, bevor sich Lewis zu mir nach vorne lehnte und mich küsste. Meine Augenlider fielen flatternd zu, ich zerging mit jeder Berührung mehr und mehr. Ich verglühte in seinen Armen, ohne, dass er es überhaupt bemerkte...

*

Die nächsten Tage gingen problemlos voran, aber irgendwas stimmte nicht. Seit dem heftigen Streit mit Lewis war irgendwas anders. Wir haben uns zwar wieder vertragen und tun mittlerweile so, als wäre nichts passiert, aber es war komisch, auf eine Weise, die ich nicht beschrieben konnte.

War es die Tatsache, dass er mich seitdem keine Sekunde mehr aus den Augen lässt? War es der Fakt, dass wir uns nicht wirklich ausgesprochen haben, sondern den Abend verdrängen, als wäre nichts passiert? Keine Ahnung. Vielleicht war es genau das, dass wir einfach so weitermachen, als wäre nichts passiert... Denn das ist es doch nicht, oder? Wir haben uns angeschrien, und verletzt mit dem was wir sagten, und jetzt soll das alles nicht passiert sein? Ich fand das komisch, fühlte mich schlecht deshalb, weil ich spürte, dass es zwischen uns stand. Und ich hatte keine Ahnung wie ich das Problem lösen sollte. Wahrscheinlich wäre die einzig vernünftige Lösung, darüber zu sprechen. Aber darin waren wir nicht gut, weder Lewis, noch ich. Wir schoben die Dinge lieber beiseite, denn die Angst, irgendwas könnte kaputt gehen, war einfach zu groß.

Ich wusste nicht, was ich sagen könnte, ohne unsere Beziehung aufs Spiel zu setzten, dafür konnte ich ihn einfach zu wenig einschätzen. Er könnte jeden Moment hochgehen, dann wäre alles nur noch schlimmer und wir würden uns wieder Dinge an den Kopf werfen, die wir eigentlich gar nicht so meinen. Ich schätze, dass es ihm genauso geht, deshalb ist es so wie es ist und ich bezweifle, dass sich das jemals wirklich ändern wird...

Weg von diesen Gedanken, warf ich einen Blick auf mein Handy. Es war bereits kurz vor drei und ich saß immer noch hier. Meine Augen wurden immer schwerer, je länger ich versuchte sie offen zu halten. Ich hoffte wirklich sehr, dass Lewis bald mit dem fertig ist, weswegen wir überhaupt hier sind, denn wenn ich nicht bald irgendwas tue, schlafe ich ein...

Und dann nickte ich weg, bekam nichts mehr von dem mit, was um mich herum geschah. Pechschwarze stille. Ich verlor mich der Unendlichkeit und wachte erst wieder auf, als plötzlich jemand an mir rüttelte. „Guten Morgen, Babe..." Lewis grinste, als ich versuchte die Augen zu öffnen. Ein mürrisches Stöhnen verließ meine Kehle. „Was, Hä?" Ich blickte mich um und realisierte dann, dass wir ja immer noch bei Mercedes waren und ich lediglich auf der Couch meines Vaters eingeschlafen bin, die neuerdings in seinem Büro stand.

„Ist alles okay?" Lewis kniete sich vor mich und strich mir zwei Strähnen hinters Ohr. Ich nickte müde und versuchte mich dann aufzurichten. „Sicher? Du siehst so bleich aus..." Ich wusste nicht, ob wirklich alles okay war. Irgendwie fühlte ich mich komisch, nicht krank, aber entkräftet und lustlos. Ich dachte, dass mir dieses Nickerchen nicht gut bekommen ist, ich weiß ja nicht einmal wie lange ich geschlafen hab, weshalb ich mich einfach nicht mehr weiter damit beschäftigte. Es gab eben solche Tage, daran konnte man nichts ändern und so bejahte ich.

„Gut, ich muss gleich noch kurz mit Bono sprechen, und dann können wir gehen, ja?" Ein Nicken meinerseits folgte, ich freute mich schon auf heute Abend. Wir wollten endlich mal wieder in unser Lieblingsrestaurant gehen, was jetzt in der letzten Zeit irgendwie schwierig war. Gedanklich war ich schon am überlegen was ich nachher anziehen sollte. Vielleicht ein Kleid, einen Rock oder doch was anderes. Keine Ahnung, aber ich würde schon etwas finden...

Nachdem Lewis wieder verschwunden war, machte ich mich auf den Weg in die Cafeteria. Das komische Gefühl in meinem Körper wollte einfach nicht weggehen, und ich dachte, dass ich vielleicht einfach nur einen Kaffee brauchte um meinen Kreislauf in Schwung zu bekommen...

Mit meinem Cappuccino in der Hand setzte ich mich an einen freien Tisch, doch die Ruhe hielt nicht lange an. „Liv?!" Hallte es plötzlich an den Wänden und ich drehte mich um. In mein Sichtfeld drang sich kein geringerer als Felix, der Azubi mit dem ich mich hier jetzt schon öfters mal unterhalten habe. Im Schlepptau hatte er zwei Freunde, die ich hier allerdings deutlich seltener sehe als ihn. „Du hier?" Die drei setzten sich zu mir und ich nickte. „Ich warte..." Erklärte ich dann und nahm noch einen Schluck von meinem Kaffee. Mein Magen zog sich zusammen, als die heiße Flüssigkeit die Speiseröhre runter lief.

„Und ihr so?" Die drei sahen nicht gerade so aus, als hätten sie einen harten Arbeitstag hinter sich... „Wir haben Pause." Erklärte Benni. Er war der mit dem dunkel blonden Mittelscheitel, er erinnerte mich ein wenig an Emilio, der trägt seine Haare nämlich genauso. Felix und der dunkeläugige Rave konnten ihrem Freund nur zustimmen und so saßen wir noch eine Weile da und unterhielten uns ein bisschen. Doch das war leider nur die Schöne Ruhe vor dem Sturm, wie ich dann selbst bemerkte...

Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now