F I F T Y | E P I L O G

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... Ich war nicht mehr da. Alles was über blieb war mein lebloser Körper in Lewis' Armen.

Man sagt, dass der letzte Moment vor dem Tod der ist, in dem man das ganze Leben noch einmal in Zeitraffer durchlebt. Und genauso war es. Wie ein Film spielten sich Szenen vor meinem inneren Auge ab. Der erste Augenblick meines Lebens an den ich mich erinnern kann. Ich spielte Verstecken mit meiner Mutter und lachte, als ich sie erschreckte. Natürlich wusste ich jetzt, dass sie damals nur so tat, als hätte sie sich erschreckt damit ich mich freue, aber früher wusste ich das eben nicht. Dann mein Vierzehnter Geburtstag, der letzte mit meiner Mutter. Der nächste sollte schon nie wieder werden wie früher. Ich sah das erste Treffen von Lewis und mir. Die quietschenden Reifen, das Geräusch der Bremsen, es fühlte sich an, als wäre es gestern passiert. Unser erster Kuss, unser erster Streit, die kaputte Vase. Ich sah alles an mir vorbei schießen und fragte mich, ob ich jemals etwas hätte ändern können...?

Was wäre passiert, wenn Lewis und ich uns anders kennengelernt hätten, oder vielleicht gar nicht? Was hätte es geändert? Ich kannte die Antworten auf meine Fragen nicht, aber ich wusste, dass ich nicht mehr damit leben müsste, die Antworten nicht zu wissen. Und irgendwie fühlte sich das gut an.

Ich blickte noch ein letztes Mal zu Lewis und mir. Mein Brustkorb bewegte sich nur ganz schwach, er wog plötzlich Tonnen. Meine Augenlieder wurden immer schwerer und ließen kaum noch Licht in die trüben Pupillen. Ich spürte wie mein Herz pochte, ganz ruhig. Sekunde für Sekunde hörte ich, wie die Herzklappen pochend zufielen. Dann verschwamm alles in sich selber und ich schloss die Augen. Mein Herz machte einen Satz und schlug im vier Sekundentakt. Fünfmal, vielleicht auch sechsmal, bis er immer mehr abschwächte, und schlussendlich ganz wegblieb. In diesem Moment ließ ich los. Doch Lewis hielt mich weiter fest, den Körper, der einst mir gehörte. Sein Schluchzen verlor sich in der Unendlichkeit, während auch ich verschwand.

Und dann, genau in jenem Augenblick, sah ich, wie das Display meines Handys heller wurde. Es musste wohl irgendwie aus meiner Tasche gerutscht sein, denn es lag nun neben mir auf der Couch. Mein Vater rief mich an, ich hatte Internet, aber nein, es tut mir leid, Papa, ich konnte nicht mehr drangehen. Es war zu spät...

Ich beobachtete wie meine Lippen ihre Farbe verloren, wie meine glühenden Wangen ausbleichten und irgendwann nichts als Stille da war. Das war es also. Das war das bittere Ende. Das war mein Ende. Und obwohl ich es nie wahr haben wollte, ganz tief im Inneren, wusste ich immer, dass es so ausgehen wird...

*

Sechs Tage später:

Heute war ein besonderer Tag, denn es war mein Geburtstag. Der Tag, auf den ich achtzehn Jahre lang gewartet habe war heute. Ich bin endlich erwachsen, nur leider, bin ich nicht mehr da, um das zu feiern. Genau genommen bin ich nie achtzehn geworden, weil ich vor sechs Tagen gestorben bin. Ich bin gegangen, bevor ich überhaupt erwachsen werden durfte. Diese Welt ist wirklich unfair, so verdammt unfair und ich konnte nichts daran ändern...

Das selbe dachte sich auch Lewis, als er vor meinem Grab stand und sich überlegte was er sagen sollte. Die Blumenkränze waren noch frisch, blühten in den buntesten Farben, was den Anblick noch schlimmer machte, als er eh schon war. Es hätte so schön sein können, dachte er und ging in die Hocke. Mit den Fingern strich er über das kleine Bild von dem Mädchen, die einst sein Sonnenschein war. Es befand sich in der Mitte eines solchen Kranzes. „Och man, Liv..." Tränen sammelten sich in seinen Augen, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, doch genauso schnell wie dieses gekommen war, verschwand es wieder und man sah die Trauer in jedem seiner Gesichtszüge.

Dicke Tränen kullerten über seine Wangen. „Warum kannst du nicht einfach noch hier sein...? Ich vermisse dich so..." Mit dem Handrücken wischte er sie weg, doch es machte keinen Unterschied, weil direkt die nächsten nachkamen. Ununterbrochen strömten sie über seine Backen und irgendwann wischte er sie auch nicht mehr weg. Es waren einfach zu viele, viel zu viele. Jede stand für ein Wort was er sagen wollte, aber nicht aussprechen konnte. Für Dinge, die in seinem Herz brannten und ihn innerlich zerstören. Weil der Schmerz so unerträglich ist, weil er sich anfühlt, als würde er nie wieder weggehen und ihn für immer in dieses Loch ziehen...

„Ich vermisse dich so unglaublich, warum kannst du nicht einfach zurückkommen? Warum musstest du überhaupt gehen, wir hatten so viele Pläne, wir wollten noch so viel zusammen erleben, und jetzt bist du einfach weg? Das kann doch nicht sein, das geht nicht..." Er machte eine Pause, hoffte sie würde ihm antworten aber eigentlich wusste er, dass das nicht passieren wird. Sie würde ihm nie wieder antworten, denn sie war schlicht und ergreifend nicht mehr da. Und sie würde auch nicht wieder kommen, egal wie sehr er es sich wünschte.

„Es tut mir einfach so unglaublich leid, ich habe so ein schlechtes Gewissen..." Wieder trieften ihm die Tränen vom Gesicht und er konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. „Ich hätte dich einfach nicht wegdrücken sollen, als du mich angerufen hast. Ich hätte dir helfen sollen, als du meine Hilfe gebraucht hast. Aber das habe ich nicht, und du hast recht. Ich bin wirklich ein mieses Arschloch, und jetzt kann ich es nicht mal mehr gut machen..." Er vergrub das Gesicht in den Händen, weil es einfach so unerträglich war. Die Realisation, dass er sich nie wieder für die Dinge entschuldigen kann, die er getan hat. Zu wissen, dass man nichts mehr an der Situation ändern kann. Es war schrecklich.

„Ich hätte dich nie aus diesem beschissenen Auto aussteigen lassen sollen... Dann wäre das alles vielleicht nicht passiert. Es ist meine Schuld, Liv. Und es tut mir so unendlich leid..." Er spürte wie ihn das schlechte Gewissen von innen zerstörte. Langsam und qualvoll. „Hätte ich gewusst, dass es das letzte mal ist, dass wir miteinander reden, hätte ich dich nicht ignoriert, sondern dir gesagt wie sehr ich dich liebe und wie viel du mir bedeutest. Aber das kann ich jetzt nicht mehr. Du bist weg, für immer, und ich habe echt keinen Plan, wie ich das ohne dich schaffen soll..." Er wischte sich die Tränen von den Wangen, versuchte stark zu sein. Für sie, für sich selber, um nicht daran kaputt zu gehen.

Aber eigentlich war er das längst. Er war bereits kaputt, seit dem Moment an, wo er wusste, dass sie nicht mehr wieder kommt. Als er ihren leblosen Körper in den Armen hielt, gespürt hat wie sie nur noch die leere Hülle ihrer selbst war. Keine Wärme mehr, keine Liebe, nur noch die Überbleibsel von dem Menschen, den er über alles auf dieser Welt liebte.

Eine Weile saß er da, wimmerte leise und hoffte, dass der Schmerz besser wird. Aber das wird er nicht. Man wird sich niemals daran gewöhnen, dass jemand geht den man liebt, wir sind niemals bereit dazu, das zu akzeptieren... Und er wusste das, er wusste, dass sie nie wieder kommt. Aber in seiner Fantasie würden sie für immer zusammen bleiben...

„Ich liebe dich einfach so sehr, mein Schatz. Und ich weiß, dass es dir da oben gut geht, deine Mama ist ja da und passt auf dich auf..." Er schaute nach oben, im selben Moment flogen zwei Schmetterlinge an ihm vorbei und setzten sich auf einen der Blumenkränze. „Unsterbliche Seele, nicht wahr..." Er musste lächeln und kramte dann ihre Kette aus seiner Hosentasche.

Für einen Moment betrachtete er den glitzernden Schmetterlingsanhänger einfach nur, erinnerte sich, wie es aussah, als sie ihn trug. Dann schloss er die Hand mit der Kette, presste sie auf die Stelle wo sein Herz lag und machte die Augen zu.

Für einen lächerlich kurzen Moment war seine Welt in Ordnung. Doch dann, als er die Augen wieder öffnete und auf das kleine Bildchen von ihr blickte, wusste er, dass es wahrscheinlich nie wieder in Ordnung werden wird. Aber er wusste, dass sie für immer bei ihm sein wird und ihn von einem ganz besonderen Platz beobachtet...

„Happy Birthday meine kleine..." Waren die letzten Worte bevor er aufstand und nachhause ging. Sie jedoch blieb, für immer...

~Ende~

* * *

Wow, das ist also das Ende. Nicht nur das Ende dieses Buches, sondern auch das Ende einer Ära, wie es manche von euch gesagt haben... Ich kann kaum in Worte fassen, wie es sich anfühlt, dieses letzte Kapitel zu veröffentlichen. Dieses Buch (Teil 1/2) ist über das letzte halbe Jahr zu einem stetigen Begleiter für mich geworden und somit auch mein kleines Baby... Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich so viele Menschen dadurch erreiche, die die Freude daran mit mir teilen, aber was soll ich sagen? Ich bin jedem einzelnen von euch so unendlich dankbar! Dafür, dass ihr euch Zeit genommen habt dieses Buch zu lesen, mir die tollsten Kommentare geschrieben - und mich immer unterstützt habt. Ich hab euch alle ganz doll lieb, fühlt euch umarmt <3
Eure Annpakki!!!

Und zum Schluss noch Werbung in eigener Sache —>

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Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now